Segelregatta Sydney-Hobart: „Wild Oats“ siegt im Hochseeklassiker

Bei Australiens Segelregatta des Jahres gelingt dem früheren Abonnementsieger „Wild Oats XI“ nach drei enttäuschenden Jahren wieder ein Sieg.

Ein Segelboot und mehrere Motorboote auf dem Meer

Segelsieger: die Yacht Wild Oats XI erreicht den Hafen von Hobart Foto: ap

BERLIN taz | Bei der 74. Auflage des australischen Hochseeklassikers von Sydney nach Hobart ist es an der Spitze des Feldes so spannend wie lange nicht mehr gewesen. Die vier Maxi-Superyachten mit jeweils etwa 20-köpfigen Proficrews, die auf der 628 Seemeilen langen Strecke entlang des Ostküste um den Sieg nach gesegelter Zeit kämpften, haben sich immer wieder in der Führung des Feldes abgewechselt. In diesem Jahr waren 85 Boote aus 9 Nationen am Start.

Erst auf den letzten 45 Meilen gelang der von Mark Richards gesteuerten „Wild Oats XI“, sich durch das östliche Umsegeln eines Flautenfeldes etwas abzusetzen. Im Ziel in Tasmaniens Hauptstadt Hobart hatte das 30 Meter-Boot dann knapp 18 Minuten Vorsprung. Platz zwei belegte „Black Jack“, nur 63 Sekunden vor „Comanche“.

Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, wo „Comanche“ mit einem Tag, neun Stunden, 15 Minuten und 24 Sekunden einen neuen Rekord aufstellen konnte, war dieses Jahr angesichts des geringeren Windes kein Rekord drin. „Wild Oats XI“ brauchte denn auch rund zehn Stunden länger.

Beim Start am 2. Weihnachtsfeiertag in der von Zuschauern umsäumten Hafenbucht von Sydney kam „Wild Oats XI“, die der Weinhändlermilliardärsfamilie Oatley gehört, am besten weg, erwischte dann aber einen Winddreher auf der falschen Seite und blieb noch kurz in einem Flautenloch hängen. Noch schlimmer erwischte es „Comanche“, die Yacht hatte 2017 und 2015 nach gesegelter Zeit gewonnen hatte.

Vorjahressieger „Comanche“ startet schlecht

Die als „Flugzeugträger“ verspottete Kohlefaseryacht des Windanlagenbauers Jim Cooney und seiner Frau Samantha Grant kam nur als sechstes Schiff aus der Bucht, konnte sich aber draußen auf dem offenen Meer mit mehr Wind raumschots (schräg von hinten) recht bald an die Spitze segeln.

Cooney hatte die rot-schwarze Superyacht erst im Vorjahr von Netscape-Gründer Jim Clark kurz vor dem Sydney-Hobart-Rennen gekauft, und dies dann sogleich gewinnen können. Denn „Wild Oats XI“ hatte ihn mit einer Wende behindert, eine Zeitstrafe kassiert und damit Sieg und Streckenrekord verloren.

Dieses Schicksal drohte auch jetzt wieder. Erst einige Stunden nach Zieldurchgang der Yacht legte die Wettfahrtleitung Protest ein. „Wild Oats XI“ soll während des Rennens sein elektronisches Positionierungssystem AIS regelwidrig ausgeschaltet haben. Während die Crew also etwa nachts selbst die Positionen der anderen Schiffe kannte, war es für diese unsichtbar und hatte damit taktische Vorteile. Der Protest wurde jedoch vom Schiedsgericht aus formalen Gründen abgewiesen. Die Wettfahrtleitung sei nicht zum Protest berechtigt gewesen, nur ein anderes Team, lautete die Entscheidung. Die Information über das mutmaßliche Fehlverhalten stammten von der zweitplatzierten Yacht „Black Jack“, deren Skipper Peter Harburg sich zwar beschwert, aber auf einen formalen Protest verzichtet hatte.

Die mehrfach modifizierte „Wild Oats XI“, die in Australien als Ikone gilt, hatte zuletzt 2014 gewonnen, 2015 und 2016 musste die Crew wegen Materialbruch aufgeben. Skipper Richards und seine Crew standen jetzt unter großen Druck zu zeigen, dass ihre Zeit noch nicht vorbei ist.

„Eine unglaubliche Maschine“

„Unser Boot ist 14 Jahre alt“, sagte Richards laut Yacht.de im Ziel, „es ist sehr beeindruckend, dass es immer noch den Ton angeben kann. Eine unglaubliche Maschine.“

„Comanche“ hat sichtlich Schwächen bei weniger Wind und verlor vor dem Ziel noch knapp Platz zwei gegen „Black Jack“ des Queensländer Immobilientycoons Peter Harburg. Die Yacht wurde zuvor in Europa von der deutschen Segellegende Jochen Schümann unter dem Namen „Esimit Europa“ gesegelt.

Neben der Wertung nach gesegelter Zeit gibt es noch die berechnete Wertung, die unterschiedliche Bootstypen und -größen vergleichbar machen soll. Hier haben die Supermaxis meist nur bei viel Wind Siegchancen. Berechnet gewann in diesem Jahr die Yacht „Alive“ des tasmanischen Geschäftsmannes Philipp Turner. Das Schiff hatte früher „Black Jack“ geheißen und Harburg gehört.

Frauencrew gut im Rennen

Sehr gut abgeschnitten hat auch die einzige reine Frauencrew, die von der Weinhändlerfamilie Oatley die ältere „Wild Oats X“ gestellt bekam und damit nach gesegelter Zeit 6. wurde und berechnet 2. Das von Stacey Jackson gesteuerte und mit viel internationalen weiblichen Segelprofis bestückte 22-Meter-Boot ist ein Schwesterschiff der „Alive“.

Aus Deutschland war nur die „Lunatix“ des Hamburger Anwalts Freddie Böhnert und seiner Frau Heinke, einer bekannten maritimen Künstlerin, am Start. Die XP52 hatte Böhnert, der gerade im Sabbatical ist, auf eigenem Kiel nach down under gesegelt. Er hatte sich jetzt vorgenommen, vor allem heil durchzukommen. Bei Redaktionsschluss lag er auf einem hervorragende 37. Platz und berechnet auf Rang 56, hatte aber noch rund 160 Seemeilen vor sich. Im Vergleich zu den leichten australischen Superyachten ist „Lunatix“ eher eine Fahrtenyacht.

Das letzte Boot wird erst am Silvestermorgen in Hobart erwartet. Bisher haben fünf Boote aufgeben müssen, was bei dieser für seine harten Bedingungen bekannten Kultregatta sehr wenig ist.

In diesem Jahr wurde auch der Katastrophe vor zwanzig Jahren gedacht, als in einem erst sehr spät angekündigten Sturm sechs Segler ertranken, fünf Boote sanken und mehr als 50 Segler gerettet werden mussten. Seitdem sind die Sicherheitsvorschriften wesentlich strenger geworden.

Hinweis der Redaktion: Dieser Text wurde nach der Entscheidung des Schiedsgerichts über das mutmaßliche Fehlverhalten der „Wild Oats XI“ aktualisiert.

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