Seenotrettungsschiff „Open Arms“: Malta öffnet seine Arme nur ein wenig

Seit Tagen harrt die „Open Arms“ mit 121 Geflüchteten auf dem Mittelmeer aus. Freitagnacht rettete sie weitere 39 Menschen. Diese will Malta aufnehmen.

Luftaufnahme von dem Rettungsschiff Open Arms auf offener See

Foto: dpa/Sea Watch

ROM/BRÜSSEL dpa | Die Crew des seit einer Woche mit mehr als 100 Menschen an Bord im Mittelmeer ausharrenden Rettungsschiffs „Open Arms“ hat abermals Dutzende Migranten aufgenommen. Zu den ursprünglich 121 Passagieren auf dem Schiff seien noch einmal 39 hinzugekommen, die in internationalen Gewässern geborgen worden seien, teilte die spanische Hilfsorganisation Proactiva Open Arms am Samstagmorgen auf Twitter mit. „Währenddessen warten wir immer noch auf einen sicheren Hafen zum Einlaufen“, schrieb NGO-Chef Oscar Camps.

Kurz nach der Rettung erklärte Camps, Malta wolle die 39 Geretteten an Land bringen – die übrigen aber nicht. „Das hat zu einem ernsthaften Sicherheitsproblem an Bord geführt. Das Ausmaß der Beklemmung dieser Menschen ist unhaltbar“, twitterte er. Die maltesische Regierung teilte mit, Proactiva Open Arms weigere sich, diese Lösung anzunehmen, und bestehe darauf, dass Malta auch die 121 zuvor Geretteten übernehme. Für diese fühlt sich Malta aber nicht zuständig.

Zuletzt kreuzte die „Open Arms“ unweit der italienischen Insel Lampedusa – nach Angaben von Amnesty International mit mehr als 30 Kindern und Babys an Bord. Am Freitag hatte Hollywoodstar Richard Gere dem Schiff einen Besuch abgestattet. „Bitte unterstützt uns hier bei Open Arms und helft diesen Menschen“, sagte der 69-jährige in einem kurzen Video, das Proactiva Open Arms am Freitag bei Twitter veröffentlichte.

Auf Fotos war Gere dabei zu sehen, wie er Lebensmittel an Bord des Rettungsschiffs trug. Die Hilfsorganisation schrieb dazu: „Endlich ein paar gute Nachrichten. Lebensmittel kommen bei der „Open Arms“ an und wir haben einen außergewöhnlichen Crewkollegen.“

Italien und Malta verweigern Rettungsschiffen immer wieder die Einfahrt in ihre Häfen und dringen darauf, dass andere EU-Staaten vorab zusichern, alle Passagiere zu übernehmen – so auch im Fall der „Open Arms“. Auf einen festen Mechanismus zur Verteilung von aus Seenot geretteten Menschen konnte sich die Staatengemeinschaft bislang nicht einigen.

Richard Gere zusammen mit einer Gruppe von geretteten Flüchtlingen an Bord der Open Arms

Richard Gere (m.): „Bitte unterstützt uns hier bei Open Arms und helft diesen Menschen“ Foto: reuters

Noch kein Hilfsappell an EU-Kommission

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte auf Anfrage, die Bundesregierung habe sich unter Federführung des Innenministeriums bislang zur Übernahme von mehr als 300 Geretteten bereit erklärt. „Auch im Fall der Migranten auf der „Open Arms“ gilt: Die Bundesregierung wird sich, sollte sie um Unterstützung gebeten werden, einer Lösung nicht verschließen.“ Voraussetzung seien jedoch eine „möglichst breite Beteiligung der EU-Mitgliedstaaten und die Übernahme der Koordinierung durch die Europäische Kommission“.

In jüngster Zeit musste immer wieder die EU-Kommission vermitteln, um aufnahmebereite Länder zu finden. Das tut sie aber erst, wenn ein EU-Staat die Kommission darum bittet, denn zu ihren Aufgaben gehört dies eigentlich nicht. Bislang habe kein Land die Brüsseler Behörde dazu aufgerufen, sagte eine Sprecherin am Freitag. Auch nicht Deutschland.

Der Präsident des Europaparlaments, David Maria Sassoli, hatte zuvor in einem Brief an Kommissionschef Jean-Claude Juncker auf die Solidarität der EU-Staaten gedrungen. Die Lage erfordere unverzügliches Handeln, schrieb Sassoli. Die Kommission kündigte eine Antwort innerhalb der kommenden Tage an. Italiens Innenminister Matteo Salvini teilte mit, sein Ministerium habe der spanischen Regierung geschrieben, sie solle die Migranten von der „Open Arms“ aufnehmen.

Weitere Rettungsaktionen

Unterdessen wurden am Freitag weitere Flüchtlinge vor und an den EU-Außengrenzen aus Seenot gerettet. Ein spanisches Rettungsschiff barg vor der Küste der Kanaren-Insel Gran Canaria 30 afrikanische Bootsmigranten, wie die Nachrichtenagentur Europa Press unter Berufung auf die Polizei berichtete. Darunter seien 14 Frauen, zehn Männer und sechs Minderjährige inklusive Babys. Sie seien zum Hafen von Arguineguín im Südwesten der Insel gebracht worden. Dort sollten sie nach einer ersten medizinischen Betreuung registriert werden.

Auch aus dem Ärmelkanal wurden 30 Migranten aus vier kleinen Booten gerettet, wie das britische Innenministerium in London mitteilte. Darunter war ein Kajak. Die aus Frankreich kommenden Migranten gaben an, aus dem Iran und Afghanistan zu stammen. Sie wurden in die südenglische Hafenstadt Dover gebracht.

Vor der libyschen Küste nahm die unter norwegischer Flagge fahrende „Ocean Viking“ – das neue Rettungsschiff der Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen – erstmals Bootsflüchtlinge im Mittelmeer auf. Sie war am Sonntagabend von Marseille aus in See gestochen. Zwischenzeitlich hatte Malta der „Ocean Viking“ eine Betankung in den eigenen Hoheitsgewässern untersagt. Unklar war, wohin die Geretteten gebracht werden sollten.

Salvini erklärte, die „Ocean Viking“ dürfe keine italienischen Häfen anlaufen. Er sprach von 80 Migranten an Bord. Ärzte ohne Grenzen teilte mit, es handele sich um 85 Menschen, darunter vier Kinder, die aus einem Schlauchboot gerettet worden seien.

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