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Seenotretterin vor Gericht in ItalienVerfahren gegen Rackete eingestellt

Ein Gericht hat die Ermittlungen gegen Carola Rackete fallengelassen. Die Ex-Kapitänin der Sea-Watch 3 hatte trotz Verbots einen Hafen auf Lampedusa angesteuert.

1:0 für Carola Rackete in der Auseinandersetzung mit Italiens Ex-Innenminster Matteo Salvini Foto: Christoph Hardt/imago

Rom afp | Das Verfahren gegen die deutsche Kapitänin und Seenotretterin Carola Rackete in Italien ist eingestellt worden. Ein Gericht habe dem Antrag der Staatsanwaltschaft von Agrigent zugestimmt, die Ermittlungen gegen Rackete fallenzulassen, sagte ein Sprecher der Hilfsorganisation Sea-Watch am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.

Rackete war im Juni 2019 in Italien festgenommen worden, nachdem sie das Rettungsschiff Sea-Watch 3 mit dutzenden Flüchtlingen an Bord entgegen eines behördlichen Verbots in einen Hafen der Insel Lampedusa gesteuert hatte.

Rackete war damals vorgeworfen worden, bei dem Anlegemanöver in Lampedusa Widerstand gegen ein Schiff der italienischen Küstenwache geleistet zu haben. Drei Tage nach ihrer Festnahme verfügte ein Gericht die Freilassung der Seenotretterin mit dem Argument, dass diese durch ihr Handeln Leben gerettet habe. Dieser Entscheidung schloss sich später auch das oberste italienische Kassationsgericht an. Das ursprüngliche Verfahren gegen Rackete blieb allerdings weiter anhängig.

Mit der Entscheidung, die Ermittlungen gegen Rackete einzustellen, habe das Gericht im sizilianischen Agrigent „die Notwendigkeit, Leben zu retten, anerkannt“, sagte Racketes Anwalt Salvatore Tesoriero der Nachrichtenagentur Adnkronos.

Racketes Fall hatte vor zwei Jahren europaweit für Aufmerksamkeit gesorgt und den Blick auf die rigorose Einwanderungspolitik des damaligen italienischen Innenministers Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega-Partei gelenkt. Im September muss sich Salvini wegen des Vorwurfs der Freiheitsberaubung und des Amtsmissbrauchs vor Gericht verantworten, weil er im August 2019 dem spanischen Rettungsschiff „Open Arms“ mit 147 Migranten an Bord sechs Tage lang die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa verweigert hatte.

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14 Kommentare

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  • @LOWANDORDER

    Danke, das Buch ist auf meiner Liste :)

  • @KLAUS WALDHAUS:

    Not macht erfinderisch :-)

    Ich musste etwas finden, was meine Gefühle zumindest annähernd ausdrückt, was aber die Moderation nicht (zu Recht!!!) auf den Plan ruft.

    @Moderation: nein, ich beschwere mich nicht. Ich bin Euch dankbar dafür, dass Ihr Euren (undankbaren) Job macht. Manche Dinge gehören nicht an die Öffentlichkeit, und auch ich habe schmutzige Unterwäsche.

    Danke ♥ also.

    • @tomás zerolo:

      Nochmals Dank & thnx for assist - 💐 -

      Habe mir erlaubt - unter Bruch des © -



      Bei LÜGT - davon Gebrauch zu machen:



      Zum Blut Schleim & Unterhosenblatt



      “ Enthüllungsbuch über „Bild“



      : Die Brutalität des Boulevards



      Nach fast zehn Jahren „Bildblog“ folgt das Buch von Mats Schönauer und Moritz Tschermak. Sie zeigen gefährliche Mechanismen der „Bild“ auf.



      taz.de/Enthuellung...ber-Bild/!5767982/



      “Bis zur Kenntlichkeit entstellt!“ Gelle.

      kurz - Die Modderatistas werrn verzeihn - wa! Dank im Voraus •

  • "Möge das Unsere wahr sein oder falsch, wir haben als Lebende die Pflicht das Lebendige zu verteidigen, das Kommende vorzubereiten. Denn die Jugend, die zu unseren Füßen spielt wird dereinst unser Richter sein"(Goethe)

  • Herzlichen Glückwunsch, Carola Rackete!

  • Carola Rackete for Nobel Peace Prize

    Zitat: „Mit der Entscheidung, die Ermittlungen gegen Rackete einzustellen, habe das Gericht im sizilianischen Agrigent "die Notwendigkeit, Leben zu retten, anerkannt",

    Das Verstörende an dieser Causa ist es, daß es 2000 Jahre nach der Bergpredigt und reichlich 200 Jahre nach der europäischen Aufklärung überhaupt erst einer zweijährigen gerichtlichen Untersuchung bedarf, um dieses humanitäre Essential „anzuerkennen“. Immerhin gilt umgekehrt unterlassene Hilfeleistung als Straftatbestand. Die Genugtuung über diese Gerichtsentscheidung wird nur durch Nachricht getrübt, daß auch die damaligen politischen Anweiser dieser unterlassenen Hilfeleistung straffrei ausgehen. Das war möglicherweise der Deal.

    Auf jeden Fall verdienen Menschen wie Carola Rackete jeden Respekt, Bewunderung und Ermutigung, und sie wäre eine würdige Kandidatin für den Friedens-Nobelpreis, stellvertretend für alle Menschenlebenretter im Mittelmeer.

  • Glückwunsch Frau Rackete!

    Gerade habe ich bei einer Baerbock-Laschet-Scholz-Runde Frau Baerbock sagen hören, Frontex müsse zur Seenotrettung eingesetzt werden.

    Also die Organisation, die dafür sorgt, dass Flüchtlinge wieder in libyschen Folterlagern landen.

    Super Idee!

    • @Jim Hawkins:

      anschließe mich. Wir dürfen gespannt sein - was unsere Kobolda di Kongo - noch so für Schweinereien aus ihrem TrallafittijäckchenÄrmel zaubert!



      Kommt Zeit - Kommt Unrat • 🤢

  • Gut so! Vor Gericht gehören doch all die, die Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen, obwohl sie sie retten könnten.

  • @Tomas Zerolo



    welch schöne Formulierung 'ähnliche Entsetzlichkeiten'.



    Die vier Monate Seehofer halten wir noch aus, aber wer oder was kommt dann......

    • @Klaus Waldhans:

      Sollte Herr Seehofer nach dem Ende seiner Dienstzeit als Innenminister, Wegbereiter von Frontex und Anheizer der Medien nicht ebenso eine Anklage erwarten wie Salvini? Das wäre nur folgerichtig. Gut das diese "christlichen Entsetzlichkeiten" ein Dienstende haben. Aber wie vielen Menschen wird Hrn. Seehofers Unwillen, Menschen aus der Seenot zu retten bis dahin noch das Leben kosten?

  • Das wird aber auch Zeit. Es wäre auch eine große Sauerei gewesen und hätte der Glaubwürdigkeit der italienischen Gesetze und Gerichte schwer geschadet, wenn Rackete wegen ihres mutigen Einstehens für Menschenleben verurteilt worden wäre.

  • Danke für Ihren Mut, Frau Rackete.

    Und... vergessen wir nicht: Salvini und andere ähnliche Entsetzlichkeiten sind nur möglich, weil wir hier in Deutschland zulassen, dass Seehofer u.ä. Innenminister werden.

    • @tomás zerolo:

      anschließe mich. Bitter aber wahr.