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Schwere Ausschreitungen in Madrid„Polizei raus aus unseren Vierteln!“

Der Tod eines senegalesischen Straßenhändlers nach einer Polizeirazzia hat in Madrid zu wütenden Protesten und Unruhen geführt.

Die Protestierenden eint die Wut Foto: reuters

Madrid taz | In der Nacht von Donnerstag auf Freitag ist es nach dem Tod eines Straßenhändlers in der Innenstadt Madrids zu schweren Ausschreitungen gekommen. Sechs Personen, alle spanischer Staatsangehörigkeit, wurden festgenommen. 20 wurden verletzt, darunter zehn Polizeibeamte.

Die Proteste begannen, nachdem der 35-jährige Senegalese Mame Mbaye Ndiaye in Folge einer Razzia der Madrider Stadtpolizei einem Herzinfarkt erlag. Er soll, so seine Kollegen, über zwei Kilometer von zwei Polizisten auf Motorrädern durch die Innenstadt getrieben worden sein. Als er im Stadtteil Lavapiés, wo er wohnte, ankam, brach er zusammen und war sofort tot.

Spontan liefen Bewohner zusammen und begannen zu demonstrieren. „Niemand ist illegal!“ und „Polizei raus aus unseren Vierteln!“ riefen sie und zogen zu Hunderten durch das für sein alternatives und multikulturelles Ambiente bekannte Lavapiés.

Als ein Sondereinsatzkommando der Nationalpolizei auffuhr, kam es zu Straßenschlachten. Müllcontainer gingen in Flammen auf. An mehreren Stellen errichteten die Protestierenden Barrikaden, warfen Steinen und Flaschen auf die Polizei. Drei Banken wurden angegriffen und brannten teilweise aus. Ein Maklerbüro ereilte das gleiche Schicksal. Die ganze Nacht kreiste ein Polizeihubschrauber über den Straßen der Altstadt.

„Überleben ist kein Verbrechen“

Mame Mbaye Ndiaye war kein Unbekannter in Lavapiés. Der Straßenhändler lebte seit 14 Jahren in Madrid und gehörte der Gewerkschaft der Straßenhändler an. „Überleben ist kein Verbrechen“, lautet das Motto der Organisation, die seit sieben Jahren versucht, die Interessen der Straßenhändler zu verteidigen, die meist aus Afri­ka und Asien stammen und oft keine Aufenthaltserlaubnis besitzen.

Für Freitagabend rief die Gewerkschaft zu einer Kundgebung „gegen den institutionellen, mörderischen Rassismus“ auf dem Platz Nelson Mandela, unweit der Stelle, an der Mame Mbaye Ndiaye zusammengebrochen war. Bereits zur Mittagszeit hatten sich dort Dutzende Senegalesen versammelt. Die Polizei zeigte an strategischen Punkten des Stadtteiles Präsenz. Der Hubschrauber überflog erneut die engen Straßen der Altstadt.

Als der senegalesische Konsul den Stadtteil besuchte, kam es erneut zu Spannungen. Seine Landsleute beschimpften ihn. „Als wir ihn gestern Abend anriefen, kam er nicht“, erklärt einer der Umstehenden. De Konsul bestieg unter Polizeischutz seinen Dienstwagen mit Chauffeur und fuhr davon.

„Ich bedaure den Tod eines Bürgers aus Lavapiés sehr. Von Seiten des Rathauses werden wir dem Vorfall gründlich untersuchen“, schrieb die Madrider Bürgermeisterin Manuela Carmena. Die ehemalige Richterin steht dem Wahlbündnis Ahora Madrid (Jetzt Madrid) rund um die linksalternative Podemos vor.

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19 Kommentare

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  • „gegen den institutionellen, mörderischen Rassismus“

     

    Mal auf'm Teppich bleiben. Schlimm genug, dass dieses Ereignis eingetreten ist und es sozusagen immer die falschen erwischt. Gibt wohl ansonsten nichts, das instrumentalisiert werden kann?

    Wann wird von "Ihnen" wieder gegen s.g. Freihandel demonstriert, der Afrika ruiniert?

  • Respekt, Manuela Carmena! Hat jemals einE deutscheR BürgermeisterIn ein ausländisches Opfer von Polizeiterror eineN BürgerIn genannt?

  • „Niemand ist illegal!“ und „Polizei raus aus unseren Vierteln!“

     

    Aus ihrer Sicht haben sie ja recht. Aber es gibt halt auch die andere Sicht: Kein Mensch ist illegal heißt, die Spanier haben nicht zu bestimmen, wer in Spaqnien lebt. Polizei raus aus unseren Vierteln heißt: Wir akzeptieren eure Regeln und das Gewaltmonopol eures Staates nicht.

     

    Bei allem Respekt für die berechtigten Anliegen dieser afrikanischen Zuwanderer, es ist für uns in d Lebende besser sie bleiben in Spanien als dass sie nach d weiterziehen.

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    "Niemand ist illegal." i.V.m. "Polizei raus aus UNSEREN Vierteln." lässt schon am Intellekt der Brüllmenschen zweifeln.

    • @97796 (Profil gelöscht):

      Wie sagte es mal Wolfgang Neuss an die

      Adresse solcher Heroen - Ihrer schlichtbrutalen Strickart -

       

      "Herz und damit Hirn! - Nix!

      Ich hatte nur Urlaute in der Kehle -

      Heil! Heil! Heil!....."

       

      Danke - Alte Kiffnase - & setz dir mal wieder bei Richie - kerr!

      • 9G
        97796 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Na Hauptsache, ganz im Zeichen linken Daseins, verstehen Sie, was Sie da schreiben.

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Raus aus UNSEREN Vierteln? Darf gelacht werden?

    • @97796 (Profil gelöscht):

      Dass die Aussage "WIR bestimmen, wer sich auf UNSEREM Territorium aufhält" nur dann rechts ist, wenn sie von Alteingesessenen kommt - na ja, geschenkt.

      Es ist schon lange bekannt, dass Spanien gesetzeswidrig Eingewanderte gern akzeptiert, solange sie billig arbeiten, nicht nach Sozialleistungen fragen, alles mit sich machen lassen und immer schön die Klappe halten. Dass die Politik eine Lösung findet, die den Interessen der Migranten und der Einheimischen Rechnung trägt, wäre zwar schön, würde aber einen ernsthaften politischen Willen dahingehend voraussetzen. Und daran glaube ich erst, wenn ich Resultate sehe.

    • @97796 (Profil gelöscht):

      Nein. Mr. Hate.

      • 9G
        97796 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Mrs. Hate, wenn schon.

  • "Als ein Sondereinsatzkommando der Nationalpolizei auffuhr, kam es zu Straßenschlachten. Müllcontainer gingen in Flammen auf..."

     

    Liebe Taz,

    ihr zeigt euch mal wieder sehr verständnisvoll, eure Mütter*innen und Väter*innen haben es euch sicher so beigebracht. Steine auf Polizisten sei schon ok, da erleidet ein Stein keine großen Schmerzen.

  • Guter Bericht, danke TAZ !

    • @Christoph :

      Anschließe mich.

       

      Francos Hand ins Grab zurückstopfen!

      Immer noch nicht die leichteste Übung!

      Buena suerte.

      • @Lowandorder:

        Wenn es für Sie schon Francos Hand bedeutet, wenn die Polizei auf die Einhaltung bestehender Gesetze achtet, dann sind Sie ja leicht zu amüsieren.

         

        Bemerkenswerterweise schaffen auch linke Gesellschaften die Polizei nicht ab. In Berlin stockt Rot-rot-grün die Polizei gerade auf. Lächelt Sie da der Totenschädel Francos schon an? Mit Fähnchen in der Hand?

         

        Die Polizei ist nur Exekutive. Man könnte ja auch einfach die Gesetze ändern, statt sie zu ignorieren.

        • @rero:

          Mit mehr als 10 Jahren Dienstrecht - in ´schland - woll!

           

          Auffem Buckel - Sag ich`s mal so -

          Träumen Sie ruhig weiter - möglichst Olaf I. einladen.

          So zum Mitkuscheln - Hamburger Kessel -bis &&& G 20. Woll.

          &

          Das Ganze - könnense sich in der 10ner Potenz - mindestens -

          Für Spanien - auch & post ranco - locker hochrechnen!

           

          Soweit mal. Not amused.

  • Das sind die Grenzen von Multikulti. Irgendwann bricht sich alles seine Bahn ...

    • @TazTiz:

      Schon schlimm, wenn Minderheiten an Rechten wie ihrem Leben festhalten wollen. Da muss der Herrenmensch auch mal eine Ansage machen. Ihr Kommentar steht wahrlich in allerbester deutscher Tradition.

      • @emanuel goldstein:

        Wenn Sie meinen, dass alle Migranten ihre Kultur ohne Anpassung an die westlichen Grundwerte mitbringen dürfen ... ja, dann würde ich entgegnen: lieber nicht! Ich möchte nicht, dass die Staatsgewalt an den Wohngebieten von Migranten endet.

      • @emanuel goldstein:

        Word!