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Schweizer Volksinitiative zu ZuwanderungDer größte Sieg der Populisten

Die Schweizerische Volkspartei spielt den Volkstribun und unterstützt zugleich das konservative Establishment. Ihre Strategie: die Hetze gegen alles Fremde.

Der Zürcher Milliardär Christoph Blocher (hier 2011): Er hat aus der SVP eine rechtspopulistische Volkspartei gemacht. Bild: dpa

GENF taz | Mit dem mehrheitlichen Ja der Schweizer in der Volksinitiative „gegen Masseneinwanderung“ hat die Schweizerische Volkspartei (SVP) am Sonntag ihren bisher größten Erfolg errungen. Die SVP fordert die Wiedereinführung strenger Einwanderungsquoten und hat damit offenbar den Nerv vieler Bürger getroffen.

Die SVP war ursprünglich eine zentristische Bauernpartei. Sie entstand 1971 aus der Vereinigung zwischen der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei und der Demokratischen Partei der Kantone Graubünden und Glarus.

Ab den 1980er Jahren wandelte sich die SVP unter der inoffiziellen Führung des Zürcher Unternehmers und Milliardärs Christoph Blocher von einer rechtsbürgerlich-konservativen in eine rechtspopulistische Volkspartei mit einer kompromisslosen Rhetorik und nicht selten rassistischen Positionen.

Seit Ende des Kalten Krieges und dem Wegfall des kommunistischen Feindbilds ist zentrales Thema aller SVP-Wahlkämpfe und Abstimmungsinitiativen die Hetze gegen alles Fremde: gegen Ausländer, Flüchtlinge oder Muslime sowie gegen die UNO, EU und andere „fremde Vögte“ (Blocher), die die Freiheit und Unabhängigkeit der Alpenrepublik bedrohten. Die SVP lehnte eine Annäherung an die EU ebenso strikt ab wie die Beteiligung an internationalen Militäreinsätzen.

Dank dieser Strategie erhielt die im Jahre 1991 lediglich viertstärkste Schweizer Partei bei den Parlamentswahlen 2003 die meisten Stimmen und stellt seitdem ununterbrochen die stärkste Fraktion im Nationalrat sowie zeitweise zwei der sieben Mitglieder der Berner Bundesregierung. Blocher selber war bis zu seiner Abwahl 2007 vier Jahre Justizminister.

Einige der führenden Exponenten der SVP pflegen Beziehungen zu rechtspopulistischen und nationalistischen Parteien in den EU-Ländern. Doch noch erfolgreicher als einst Jörg Haider in Österreich, die Le Pens in Frankreich oder rechtspopulistische Führer in den Niederlanden oder in Skandinavien, spielten Blocher und die Seinen in den letzten 25 Jahren eine Doppelrolle in der Schweizer Politik: Volkstribun und Anwalt der kleinen Leute gegen „die da oben“ in der Berner Bundesregierung und zugleich bestimmender Teil des politischen und wirtschaftlichen Establishments.

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13 Kommentare

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  • Hätten wir in Deutschland das Mittel der Volksabstimmung wollte die Mehrheit die DMark zurück, raus aus der EU und geregelte Einwanderung am Modell etwa Kanadas.

     

    Populismus? - Nein, die Stimme des Volkes, lg Fleder.

  • Man kann es drehen und wenden wie man will: die Schweiz zeigt uns allen vor, wie Demokratie funktioniert, die vom Volk ausgeht.

     

    Hätten wir in Deutschland das Mittel der Volksabstimmung wollte die Mehrheit die DMark zurück, raus aus der EU und geregelte Einwanderung am Modell etwa Kanadas.

     

    Populismus? - Nein, die Stimme des Volkes, lg Fleder.

  • Die schwere Fehleinschätzung, der auch die Schweizer Linken erlegen sind, setzt sich in der taz fort: "Die SVP fordert die Wiedereinführung strenger Einwanderungsquoten". Das wurde immer wieder behauptet und die SVPler konnten dies jedesmal wegwischen. Der Text der Initiative ist derart schwammig, dass genau genommen nicht die geringste Verschärfung durchgesetzt wurde. Es wurde keine Zahl angegeben, weder absolut noch prozentual. Etwaige Quoten sollen sich nach dem Bedarf der Wirtschaft richten. Die Wirtschaftsverbände waren jedoch geschlossen gegen die Initiative (aus guten egoistischen Gründen!). Was die Linke an der Initiative so erbost hatte, war die qualitative Ausrichtung gegen Ausländer. Quantitativ ändert sich fast nichts. Deshalb liefen viele Argumente der Linken ins Leere... und so kann man keinen Abstimmungskampf gewinnen!

  • BG
    Bin Gast

    Seit wann ist das Wort Populist eigentlich negativ besetzt worden?

     

    Für mich bedeutet dies eher Volksvertreter oder fürs Volk.

     

    Also ich finde die schweizer Demokratie klasse und ich liebe Populisten.

     

    Ich finde es schon erschreckend wie manche versuchen den Begriff Populist den Stempel Bauernfänger aufzudrücken.

    Dabei entlarven sich diese Leute wie in diesem Fall Herr Andreas Zumach von der TAZ selbst und spiegelt sein Weltbild wieder:

     

    1) Wer nicht meine Überzeugungen teilt, ist dumm, weil er auf Bauernfängern reinfällt.

     

    2)Meine Überzeugungen sind so toll, dass sie nur aus niederen Beweggründen wie Angst, Neid, Gier nicht geteilt wird.

     

    3) Demokratie ist toll aber im Fall meiner Überzeugung muss eine Ausnahme gemacht werden, damit die dummen Menschen vor sich selbst geschützt werden.

     

    Ganz schon arrogante, überhebliche Weltsicht wenn ihr mich fragt

    • SP
      Super Putin
      @Bin Gast:

      Bester Kommentar zur TAZ und Linken Weltsicht ever.

      10 von 10 Punkte

  • D
    D.J.

    Hier die chauvinistischen Absonderungen des unangenehmsten und arrogantesten Apparatschiks, den die SPD derzeit zu bieten hat:

     

    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/02/10/nach-volks-entscheid-spd-politiker-stegner-warnt-schweizer-vor-verbloedung/

  • Demokratie abschaffen!

    Für die Herrschaft des Volkes!

    KNA Redaktion zur taz!

     

    ps. scnr

     

    KNA= Katholische Nachrichten Agentur

  • AE
    Auch ein Kommentar

    Keine Kommentare bzw. keine als gewünschte bei gleichzeitiger überwältigenden Zustimmung wo auch immer man online nachsieht, sind auch ein Kommentar. Nicht nur zur Schweiz sondern besonders zu den Ländern in denen man keine echte Demokratie hat und ganz besonders zu den alten Medien.

  • KE
    karolin emke

    ganz ruhig liebe taz, erstmal tief durchatmen und dann langsam, wenn wieder luft im gehirn ist, nachdenken und feststellen, dass in einer demokratie selbst platz sein muss für meinungen, die der eigenen nicht entsprechen.

     

    vor allem wenn diese laut volksabstimmung von über der hälfte frei bestimmt und somit zum ausdruck gebracht wurde.

     

    das könnten sie ja mal verstärkt für deutschland fordern, aber wahrscheinlcih haben sie angst, dass das volk seine eigenen meinung ernst nimmt.

     

    vielen dank, dass ihr diesen kommentar, wie immer, nicht veröffentlicht.

  • W
    Wolf

    Es dürfte sich um den zweitgrössten Erfolg handeln: 1992 hat die Schweiz Nein zum Beitritt zum EWR gesagt.

  • H
    harastos

    Kann man nicht endlich damit aufhören, von Populismus zu reden? Rechtspopulismus. Linkspopulismus. Populismis, wohin man auch seinen Kopf wendet. Populus ist das Volk, ihr Pfeifen. Demos auch. Demokratie ist eine Volksabstimmung. Und entweder man will direkte Beteiligung des Volks oder man will sie nicht. Aber ständig von Populismus zu reden, wenn einem das Ergebnis nicht gefällt, ist nervig.

  • G
    Grast

    Der größte Sieg der Populisten der einen Siete und der große Verlust der Populisten der anderen Seite.

     

    Mit dem Populismusbegriff wird in der TAZ unglaublich schluderig umgegangen.

    • H
      harastos
      @Grast:

      Dem muss ich zustimmen (siehe vorigen Kommentar).