Schulöffnungen nach Ostern: Testpflicht an Schulen kommt
Immer mehr Bundesländer setzen auf eine Testpflicht für Schüler:innen. Für jene, die sich auf die Prüfungen vorbereiten, kommt das ungelegen.
Damit fahren die Bildungsminister:innen ihren bisherigen Kurs fort, Schulschließungen mit möglichst umfassenden Tests zu vermeiden. So kündigte beispielsweise der Hamburger Senat gleichzeitig zur Testpflicht an Schulen an, diese künftig nur mehr bei einer 7-Tage-Inzidenz über 200 zu schließen.
In Sachsen-Anhalt, wo die Osterferien bereits am morgigen Dienstag enden, dürfen sogar Schulen in Kreisen jenseits der 200er-Marke öffnen. So rief das CDU-geführte Bildungsministerium den Kreis mit der höchsten Inzidenz – Burgenlandkreis: Inzidenzwert von 311 Infizierten pro 100.000 Einwohner:innen – in einem Brief an die Schulleiter:innen kurzerhand zur „Modellregion für die Einführung der Schnelltests für Schülerinnen und Schüler an den Schulen“ aus.
Die Folge: Bis zum 16. April dürfen die Schulen im Burgenlandkreis in jedem Fall geöffnet bleiben. Die Testpflicht gilt in Sachsen-Anhalt aber erst ab dem 12.April. Die GEW-Landeschefin Eva Gerth kritisierte die Öffnungen ohne verpflichtende Tests als „fahrlässig“. An den Osterfeiertagen hätten Schüler:innen viel Kontakt zu anderen Menschen gehabt.
Saarland erst gegen Pflicht, jetzt dafür
Im Saarland wiederum rechtfertigt die Testpflicht ab der fünften Klasse, die ab dem 19. April gelten wird, die Rückkehr zum Normalbetrieb in voller Klassenstärke. „Verpflichtende Tests bedeuten für mich … insbesondere auch die zeitnahe Rückkehr zum vollständigen Präsenzunterricht für alle Schüler:innen“, sagte Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) am Freitag. Die Testpflicht könne für ein „noch höheres Maß an Sicherheit“ sorgen.
Interessant dabei ist, dass Streichert-Clivot die Woche zuvor eine Testpflicht gegenüber der taz noch explizit ausgeschlossen hatte. Begründet hatte sie ihre Ablehnung unter anderem mit dem Recht auf Bildung. Nun betonte die saarländische Bildungsministerin, dass es für die Verweigerer ein alternatives „Lernangebot für zu Hause“ geben werde und dass niemand zu einem Test gezwungen werde.
Ähnlich äußerte sich auch Nordrhein-Westfalens Gesundsminister Karl-Josef Laumann (CDU): Verweigerer könnten wegen der Schulpflicht nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden, zitiert ihn der WDR. Derzeit prüft die schwarz-gelbe Landesregierung die rechtlichen Grundlagen für eine Testpflicht. In Niedersachsen heißt es dazu aus dem Bildungsministerium, die Testpflicht führe zur Aufhebung der Präsenzpflicht in allen Schuljahrgängen. Wer sich nicht testen lassen will, geht in den Distanzunterricht und bekommt „geeignetes Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt“.
Die Entscheidung der Länder für eine Testpflicht dürfte neben den gestiegenen Infektionszahlen wohl auch an der geringen Akzeptanz der freiwilligen Tests gelegen haben. Im Saarland beispielsweise hat sich bisher nur rund die Hälfte der Schüler:innen testen lassen. Sachsen und Bayern haben bei ihrer Testpflicht explizit auf die geringe Testbereitschaft verwiesen. Und auch in Schleswig-Holstein sagte ein Ministeriumssprecher zu den Schnelltests an Schulen: „Wir brauchen einen größeren Grad an Verbindlichkeit“.
In der Schule oder zu Hause?
Wie die Tests genau durchgeführt werden, ist von Land zu Land jedoch unterschiedlich. Während die meisten Länder die Schnelltests an der Schule durchführen, hat sich Niedersachsen für Tests zuhause entschieden: „Regelmäßige Testungen in der Schule bieten zwar bessere Kontrollmöglichkeiten, haben aber auch Nachteile“, heißt es aus dem Bildungsministerium unter Grant Hendrik Tonne (SPD).
Erstens fühlen sich Schüler:innen sich „sehr unwohl bei Tests vor und in der Klasse“. Und zweitens seien Tests in der Schule und ein gegebenenfalls „erforderliches Abholenlassen bei einem Positivtest“ sehr aufwendig. Für die Entscheidung, wo getestet werden soll, hat das Bildungsministerium das Feedback von Lehrkräften, Eltern und Schüler:innen eingeholt.
In Nordrhein-Westfalen, wo Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) noch keine Details zur angekündigten Testpflicht vorgestellt hat, fordert die Lehrergewerkschaft GEW, es Niedersachsen nachzumachen und die Durchführung der Tests den Eltern zu überlassen. Damit, glaubt Landesvorsitzende Maike Finnern, könne auch eine höhere Akzeptanz der Testpflicht erreicht werden.
Diese Hoffnung ist fragwürdig. Dass gegen eine Testpflicht Vorbehalte bei Eltern bestehen, zeigt Vorreiter Sachsen, wo mehrere (erfolglose) Eilanträge gegen die Testpflicht eingereicht wurden. Auch bei einem Teil der Schüler:innen kommt die Pflicht nicht gut an. Vor allem bei Abiturient:innen und anderen, die sich gerade auf Abschlussprüfungen vorbereiten.
Abitur ausfallen lassen?
So schreibt der Nutzer „David“ auf dem Portal news4teachers, dass seine Freundin, die dieses Jahr in NRW Abitur macht, die Tests verweigern wird. „Wie soll sie die Abiturprüfungen schreiben wenn sie das Gebäude ohne Test nicht betreten darf?“, fragt er.
Für „David“ und seine Freundin dürfte die Forderung der GEW interessant sein, Abiprüfungen dieses Jahr ganz ausfallen zu lassen. „Sollte das Infektionsgeschehen so dramatisch ansteigen, wie die dritte Welle in anderen europäischen Nachbarstaaten befürchten lässt, müssen die Länder flexibel reagieren und von Prüfungen absehen“, forderte GEW-Chefin Marlis Tepe am Ostermontag.
Viel Aussicht auf Erfolg hat die Forderung jedoch nicht. Mit ihrem Anliegen, Abschlussnoten nach den bisherigen Schulleistungen zu verteilen, sind die Abiturient:innen bereits vergangenes Jahr gescheitert. Und da gab es noch keine Testpflicht an Schulen.
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