piwik no script img

Schuldentilgung in ArgentinienEin Fest für die Geier

Argentinien kommt die Staatspleite von 2002 teuer zu stehen: Es zahlt 12,5 Milliarden Dollar an Hedgefonds, die ihren Einsatz damit teils verachtfachten.

Immer wieder Anlass zur Wut wie hier 2005 in Mar del Plata: die Gier der Spekulanten Foto: reuters

Buenos Aires taz | Argentinien hat vor den sogenannten Geierfonds kapituliert. In der Nacht auf Donnerstag räumte der Senat die letzten Hindernisse aus dem Weg. Nach jahrelangem Kampf ihrer linksgerichteten Vorgängerin wird die rechte Regierung von Mauricio Macri nun die mehr als 12 Milliarden US-Dollar hohen Forderungen der US-Hedgefonds begleichen.

Diese stammen aus der Zeit der Staatspleite. Kurz bevor sich Argentinien 2002 in Folge einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise für bankrott erklärte und den Schuldendienst einstellte, hatten die Hedgefonds Staatsanleihen zum Schleuderpreis aufgekauft. 2005 und 2010 einigten sich die Regierung und 93 Prozent der Gläubiger auf Umschuldungsprogramme mit einem Schuldenschnitt. Die Investmentgesellschaften gehörten zu den 7 Prozent, die nicht mitmachten.

Stattdessen begannen sie, ihre Forderungen plus Zinsen vor der US-Justiz einzuklagen, die für internationale Schuldverschreibungen zuständig ist. Dabei verliehen sie ihrer Position unter anderem damit Nachdruck, dass sie im Jahr 2012 das Schulschiff der argentinischen Kriegsmarine in Ghana festsetzen ließen. Alles zusammen brachte ihnen das den Spitznamen „Geierfonds“ ein.

Ihren ersten großen juristischen Erfolg verbuchten sie, als ein New Yorker Richter Argentinien zur Zahlung von 1,3 Milliarden Dollar an die Hedgefonds NML Capital und Aurelius Capital verurteilte.

2,3 Milliarden für NML Capital

Insgesamt wird NML Capital nun 2,3 Milliarden Dollar bekommen – eingesetzt hatte der Fonds ursprünglich rund 617 Millionen. Noch besser schneidet Bracebridge Capital ab, der für rund 120 Millionen Dollar Schuldentitel gekauft hatte und nun 950 Millionen erhält.

Der Kongress musste dafür zwei Regelungen außer Kraft setzen, mit denen Expräsidentin Cristina Kirchner eine Einigung mit den Geierfonds ausschließen wollte. Das Cerrojo-Gesetz verbot Verhandlungen mit den Verweigerern des Schuldenschnitts, das Pago-Soberano-Gesetz untersagte es, einzelnen Gläubigern bessere Konditionen anzubieten. 54 Senatoren votierten dafür, nur 16 dagegen. Das Abgeordnetenhaus hatte bereits Mitte März zugestimmt.

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil Präsident Macri in beiden Kammern des Kongresses über keine eigene Mehrheit verfügt. Aber der von den Kirchnerfraktionen angekündigte harte Widerstand war zuletzt zerbröselt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Und der Gewinner ist: Argentinien. 93 % der Gläubiger bekommen so gut wie gar nichts, 7 % bekommen 75 % statt 100 %. Argentinien zeigt, wie man ganz elegant seine Staatsschulden los wird. So geht linke Wirtschaftspolitik. Ich leihe mir Geld und zahle es einfach nicht zurück. Wozu den Kapitalismus überwinden, wenn man ihn einfach nutzen kann.

  • Ausblicke auf CETA und TTIP.

  • Es gibt keinen Grund, sich über die "Geierfonds" zu mokieren. Denen stehen begründete Ansprüche gegen den Staat Argentinien zu, die nicht dadurch erloschen sind, dass der Staat pleite ist. Grund für die Misere ist allein, dass der Staat Argentinien offenbar nicht mit Geld umgehen kann. Das kann er aber nicht denjenigen zur Last legen, die ihm Geld zur Verfügung gestellt haben.

    • @verflixt:

      Ok, aber eines Pleitestaaten (da stehen am Ende doch Menschen dahinter!) noch Gewinn herauspressen zu wollen, ist dann doch etwas viel Liberalität.

    • @verflixt:

      es waren nicht die "Geierfonds", die dem Staat Geld zur Verfügung gestellt haben, sie haben lediglich wertlose Schuldpapiere aufgekauft, während alle anderen Gläubiger mit dem Schuldenschnitt einverstanden waren.

      Zudem ist es natürlich auch mit einem Risiko verbunden Geld zu verleihen, besipielsweise das Risiko das der Schuldner pleite geht. Aber vlt bin ich ja zu naiv und Risikos gehören vergesellschaftet, während Gewinne privat sind.