Schreddern von neuen Schuhen: Eine vermeidbare Umweltbelastung
Das Projekt „Sneakerjagd“ zeigt, dass Sportartikelhersteller wie Nike neue Sneaker zerschreddern. Möglich war die Nachverfolgung durch GPS-Tracker.
Nike und andere Sportartikelhersteller zerschreddern Neuware, behauptet das Rechercheprojekt „Sneakerjagd“. An dem Projekt beteiligt sind Jounalist*innen von NDR, Zeit und dem Recherche-Start-up Flip. Der Konzern Nike wirbt damit, bereits getragene Sneaker einzusammeln und diese nachhaltig zu verwerten. Das Rechercheteam hatte erst alte Sneaker von Prominenten wie Jan Delay und Kevin Kühnert mit GPS-Trackern verwanzt. Die Journalist*innen wollten herausfinden, wo die Schuhe landen, wenn sie entsorgt werden.
Deshalb brachte Komikerin Carolin Kebekus ihre weiß-grauen Schuhe zu einem Nike Store und warf sie dort in eine Recyclingbox. Auf der Box stand: „Warum seine alten Schuhe zu Hause sammeln? Spenden Sie, wir machen daraus Nike Grind.“ Nike Grind ist ein Material, aus dem Sportbelag oder Bekleidung entsteht. Dank des GPS-Signals konnten die Journalist*innen nachvollziehen, wo die Schuhe von Kebekus gelandet sind: auf einem Fabrikgelände in Belgien, auf dem Schuhe geschreddert werden.
Laut einem Reporter des Rechercheteams sind dort auch „Berge von nagelneuen Schuhen“ zu sehen. Darunter seien auch Schuhe der Firma Nike. Die schreibt: „Ungetragene und makellose Artikel werden zum Weiterverkauf in die Regale zurückgestellt.“ Hier stimmt doch was nicht.
Das Team beobachtete außerdem Arbeiter*innen, die Füllpapier aus Schuhen herausholten. So festigt sich die Vermutung, dass nicht nur ausgelatschte Schuhe in der Fabrik verarbeitet werden. Dem Verdacht folgend kaufte das Rechercheteam ein neues Paar Nikes, um dieses mit einem GPS-Sender ausgestattet zurückzugeben. Auch das ungetragene Paar Schuhe landet in der Schredderanlage in Belgien.
Das Alternativszenario, dass Sneakerbesitzer*innen ihre alten Schuhe vor Rückgabe noch schnell mit Füllpapier stopfen: eher unwahrscheinlich. Auch „Berge von nagelneuen Schuhen“ scheinen ein eindeutiges Indiz zu sein. Die Behauptung der Firma, dass ungetragene Neuware in die Regale zurückkommt, ist zweifelhaft.
Es handelt sich bei dem Berg zwar um den Neuabfall der gesamten Sportartikelbranche, doch ist das mit dem GPS-Sender versehene Paar Nikes auch im Schredder gelandet. Das Zerschreddern von Neuware wäre der traurige Höhepunkt an vermeidbarer Umweltbelastung. Greenwashingkampagnen der Sportartikelhersteller wirken vor diesem Hintergrund ironischer denn je.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt