Schmu mit Energieausweisen: Eine Frage des Verfahrens
Die Angaben zum Energieverbrauch sind beliebig, behauptet der Verband Haus & Grund. Verfolgt er damit nur seine eigene Agenda?
Der Verband war zu diesem Ergebnis gekommen, nachdem er zehn verschiedene Energieberater beauftragt hatte, Energieausweise für ein Mehr- und ein Zweifamilienhaus zu erstellen.Für ein und dasselbe Haus ermittelten die Experten einmal einen jährlichen Energieverbrauch von 131 und im anderen Fall von 243 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Damit wären die Angaben praktisch wertlos.
Dieses Ergebnis scheint das Projekt Energieausweis auf den ersten Blick in seinen Grundfesten zu erschüttern. Soll dieser doch Immobilienkäufern objektive Informationen zum energetischen Standard von Objekten geben, die sie interessieren. Nun wird er plötzlich zu einem Dokument der Beliebigkeit.
Schaut man sich die Ergebnisse im Detail an, wenden die verschiedenen Gutachter jedoch unterschiedliche Rechenverfahren an – was sie durchaus dürfen. Manche stützen sich auf die realen Verbrauchsabrechnungen, obwohl diese vor allem beim Einfamilienhaus nichts aussagen, weil keiner die Heizgewohnheiten der Bewohner kennt. Andere Gutachter berechnen die Verbrauchswerte anhand der Gebäudesubstanz, was eher ein objektiver Wert ist. Vergleichbar sind die Ergebnisse natürlich nicht. Aber welcher Immobilienkäufer oder Mietinteressent fragt schon danach, welches Verfahren angewendet wurde?
Der Lobbyverband will den ungeliebten Energiepass mit dem Vergleich generell diskreditieren. „Die Probleme liegen im System“, sagt Kai Warnecke, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund. Sie ließen sich „nicht ohne Weiteres mit einer besseren Qualifizierung der Energieberater beheben“.
Unabhängige Energieberater ziehen aus den Ergebnissen hingegen einen ganz anderen Schluss. „Die Untersuchung unterstützt unsere Forderung, den Verbrauchsausweis abzuschaffen“, sagt Wolf Dieter Dötterer vom Bundesverband der Gebäudeenergieberater, Ingenieure und Handwerker.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers