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Schleppend ausgezahlte CoronahilfenAltmaiers Verantwortung

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Immer noch warten zu viele Gewerbetreibende auf die versprochenen Hilfen. Bundeswirtschaftsminister Altmaier muss jetzt Wort halten.

Muss seine Versprechen bzgl. der Coronahilfen halten: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Foto: Odd Andersen/reuters

A uf Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier entlädt sich der Frust über das wirtschaftliche Desaster, in das die Corona­krise Geschäftsleute und Selbstständige gestürzt hat. Ungerecht ist das keineswegs. Die Bundesregierung hat schnelle Hilfe zugesagt und viel Geld dafür zur Verfügung gestellt. Das war und ist richtig. Aber bei der Abwicklung hakt es gewaltig. Dafür ist der Christdemokrat verantwortlich.

Etliche, denen der Umsatz komplett weggebrochen ist, warten noch immer auf die versprochene Unterstützung. Friseur:innen, Gastwirt:innen, Händ­le­r:in­nen und viele andere sind verzweifelt, weil sie nicht wissen, ob oder wie es für sie weitergeht. Sie sitzen auf Rechnungen, die sie nicht bezahlen können. Unter Altmaiers Regie wurden für potenzielle Emp­fän­ge­r:in­nen hohe bürokratische Hürden aufgestellt, etwa umfangreiche Nachweispflichten. Das Geld kommt zu langsam an – auch wenn die mehr als 6 Milliarden für November und Dezember ausgezahlten Hilfseuro viel erscheinen.

Altmaier selbst hat sich für Verzögerungen entschuldigt. Aber von Lippenbekenntnissen hat niemand etwas, er muss schleunigst für Verbesserungen sorgen. Mit zweieinhalbstündigen PR-Veranstaltungen wie dem Wirtschaftsgipfel am Dienstag, bei dem 40 Ver­bands­ver­tre­te­r:in­nen Kurzstatements abgeben dürfen, macht der Minister es nicht besser. Das wirkt wie Hohn. Die Milliarden-Hilfen für die Fluglinie Lufthansa oder den weltgrößten Reisekonzern TUI gingen rasant über die Bühne, aber die Ladenbesitzerin um die Ecke oder der Programmkinobetreiber werden vertröstet.

Der Wirtschaftsminister verspricht Vereinfachungen und Verbesserungen wie einen Härtefallfonds. Hoffentlich hält er Wort. Wenn nicht, ist das nicht nur für die Geschäftsleute fatal. Ausbleibende Unterstützung hat Folgen: In den Innenstädten wird es noch weniger konzernunabhängige Händler:innen, Cafés und Restaurants geben, in Branchen wie dem Tourismus beschleunigen sich die Konzentrationsprozesse.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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10 Kommentare

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  • Letztes Jahr wurden Schindluder mit den Corona-Hilfen betrieben, d.h. es wurden Hilfen in Millionenhöhe an Betrüger*innen ausbezahlt. Damals wurde gemeckert, dass man zu wenig geprüft hätte. Tja, es dauert leider länger alles zu prüfen, wenn zu wenig Personal da ist.

    • 0G
      02612 (Profil gelöscht)
      @Jossi Blum:

      ... ob wohl schon die Hilfen für die Unternehmen der Politikergattinen gezahlt wurden ? Ich denke da gerade spontan an die Baumüller Gruppe Nürnberg, von Markus Söder seiner Familie.

  • Hier müsste aber auch der Missbrauch der Corona-Hilfen thematisiert werden, weil durch das Betrügen müssen wirklich betroffene länger warten und es ist der doppelte Aufwand für die Behörden.



    www.swr.de/swraktu...ufgedeckt-100.html

  • Unter den vielen Journalisten in Deutschland gibt es sooo viele schlaue - die hätten sich schon längst mal informieren können, z.B. über den Art. 83 GG, der festlegt, dass die Ausführung der Bundesgesetze den Ländern "als eigene Aufgabe" obliegt. Aber auch die Länder bzw. die für zuständig erklärten Verwaltungen muss man gegen die vielen Klugscheißer in Schutz nehmen: Die Ausführung eines solchen Bundesgesetzes erfordert Personal und umfangreiche organisatorische Vorarbeiten und somit eine Vielzahl QUALIFIZIERTER Mitarbeiter - die schüttelt man nicht so einfach aus dem Ärmel (zumal sie ja nicht für eigene, sondern für Aufgaben des Bundes benötigt werden), denn das so gern boshaft gestreute Bild von Behörden voller Däumchen-drehender Beamter ist halt nichts als ein hetzerisches Klischee.

    Vor Jahresfrist hat man's ja auf die berühmte "unbürokratische" Art und Weise versucht - um dann zu erfahren, dass Betrüger mangels "Bürokratie" relativ leicht hunderte von Millionen Staatsknete abzocken konnten.

    • @Bitbändiger:

      Diese Notwendigkeiten sollte Altmeier als verantwortlicher Minister aber besser kennen als wir.



      Er hätte dann halt keine "schnelle" Hilfe versprechen sollen, oder?

  • Was? Die „Scholz-Bazooka“ trifft ihr Ziel gar nicht? Mit Waffen, die voll daneben schießen, kennt man sich doch in dieser Bundesregierung schon länger bestens aus. Das kann doch alles kein Zufall mehr sein.

    • @Rainer B.:

      Sie verstehen das falsch -- der Bürger hat ein Recht darauf, zu wissen, dass seine Steuermilliarden nicht zum Fenster hinaus geworfen wurden. Deswegen geht das so lange ... Dass das Geld bei Lufthansa und TUI supi verschleudert wurde, das wissen wir ganz sicher.



      Mit nur bei guten Wetter schießenden Maschinenpistolen hat das gar nichts tun. Wirklich gar nichts.

      • @Libuzzi:

        Wenn die versprochenen Hilfen dann bei denen, die sie händeringend brauchen, nicht ankommen, sind sie ja gut angelegt.

    • @Rainer B.:

      "Das kann doch alles kein Zufall mehr sein."



      Welch ungeheuerlicher Gedanke. Aber behalten sie ihren Verdacht besser für sich.

      • @ovadinho:

        So werd' ich's machen.