Sächsischer Verfassungsschutz: AfD überwacht sich nun selbst
Ein AfD-Politiker wurde von CDU und BSW in das Kontrollgremium für den sächsischen Verfassungsschutz gewählt.

Wegen der wachsenden Radikalisierung der AfD standen nach der Landtagswahl vom 1. September 2024 die Vorzeichen anders. SPD, Linke und Grüne im Landtag signalisierten bereits eine Ablehnung Hütters. Die ultrakonservative Wochenzeitung Junge Freiheit berichtete dagegen schon vorab von Erklärungen einiger CDU-Abgeordneter, „dass man in ihrer Fraktion mehrheitlich keine Gründe sehe, dessen Wahl zu verhindern“. Namen wurden nicht genannt. „Ich habe Signale von Abgeordneten anderer Fraktionen erhalten, dass sie mich bei der Kandidatur unterstützen“, zitiert die Zeitung den AfD-Abgeordneten selbst.
So verhielt sich die CDU-Fraktion bei der PKK-Wahl dann auch. Bei der ersten wichtigen Abstimmung nach Bildung der CDU-SPD-Minderheitskoalition kurz vor Weihnachten votierten die Partner damit unterschiedlich. In allen drei Wahlen zu den parlamentarischen Überwachungsgremien für Verfassungsschutz und Polizei stimmte die SPD gegen die AfD-Kandidaten.
„Ein Verfassungsfeind für den Verfassungsschutz“
„Um im Plenum Mehrheiten für unsere Vorhaben als Minderheitsregierung zu gewährleisten, arbeiten wir ausschließlich mit den demokratischen Fraktionen zusammen“, erklärte die Parlamentarische Geschäftsführerin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Laura Stellbrink. „Eine rechtsextreme Partei kann nicht mit den Stimmen der Sozialdemokratie rechnen!“ Der SPD-Kandidat für die PKK, Albrecht Pallas, wurde auf Anhieb in das Gremium gewählt.
Schärfer äußerte sich für die nicht mehr an der sächsischen Landesregierung beteiligten Grünen die Leipziger Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta. „Dass ein Verfassungsfeind den Verfassungsschutz kontrolliert, ist mit einer wehrhaften Demokratie unvereinbar“, sagte sie. Die CDU-Landtagsfraktion breche auf unverantwortliche Weise mit diesem Grundsatz. „Die Mitgliedschaft der AfD in der PKK und ihr Status als Beobachtungsobjekt führen zu einer hochproblematischen Doppelrolle – insbesondere mit Blick auf den Zugang zu hochsensiblen Daten“, fügte Frau Piechotta hinzu.
So argumentiert auch die Linken-Fraktionsvorsitzende im Sächsischen Landtag, Susanne Schaper. Sie hält es für „absurd“, dass die AfD ihre eigene Beobachtung durch den Verfassungsschutz kontrollieren soll. Eine Wahl Hütters sei für Linke mit dem Gewissen unvereinbar. „Die AfD darf nicht normalisiert werden.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen