SPD will über Regierungsbildung reden: GroKo, Tolerierung oder Neuwahl?

Die SPD ist über Nacht von ihrem kategorischen Nein zu einer Großen Koalition abgerückt. Was jetzt passiert? Mehrere Varianten sind möglich.

Zwei Männer, Steinmeier und Schulz

Am Donnerstag musste Schulz beim Präsidenten vorsprechen. Stunden später kippte die SPD um Foto: dpa

BERLIN taz | Die SPD wankt: Von ihrem kategorischen Nein zu einer Großen Koalition haben sich die Sozialdemokraten in der Nacht zu Freitag verabschiedet. Neun Stunden lang beriet die Parteispitze, danach verkündete Generalsekretär Hubertus Heil, man sei zu Gesprächen mit den anderen Parteien bereit. Beschlossene Sache ist die Neuauflage von Schwarz-Rot damit aber noch lange nicht. Insgesamt sind am Ende dieser Woche vier Varianten der Regierungsbildung denkbar.

Variante A: Die GroKo

Natürlich: Die Große Koalition wäre die Standardvariante. Inhaltlich gibt es zwischen Union und SPD Schnittmengen, Sondierungen und Koalitionsgespräche könnten innerhalb weniger Wochen über die Bühne gehen. Nachdem die Sozialdemokraten diese Variante aber nach der Wahl ausgeschlossen haben, gibt es aber auch Unwägbarkeiten: Wie würde der SPD-Parteitag im Dezember reagieren? Würde die Partei ihre Mitglieder über die Aufnahme von Verhandlungen oder über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen? Wie würde die Basis votieren? Und hätte Parteichef Martin Schulz noch eine Zukunft oder wäre er als Umfaller nicht mehr tragbar?

Variante B: Minderheitsregierung mit Tolerierung

Diese Variante wäre der Mittelweg: Die SPD müsste sich weder vorwerfen lassen, ihr Anti-GroKo-Versprechen gebrochen zu haben. Noch könnte man ihr nachsagen, leichtfertig Neuwahlen zu provozieren. In diesem Modell könnte die Union die Regierung alleine oder mit der FDP oder mit den Grünen bilden. Die Sozialdemokraten könnten vorab aber einige Zusagen machen.

Zum Beispiel: Bei der Kanzlerwahl im Bundestag stimmt die SPD für Merkel, damit die Kanzlerin im ersten Wahlgang gewählt ist und sich den Gang durch drei Wahlphasen sparen kann (erst im letzten Wahlgang würden ihr laut Grundgesetz die Stimmen der eigenen Fraktion reichen). Oder die SPD stimmt bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts grundsätzlich zu, um den Staatsapparat nicht zu blockieren. Oder die SPD erklärt sich vorab bereit, bei bestimmten Gesetzesvorhaben mit der Minderheitsregierung zu stimmen, um ihr so einige zentrale Projekte zu ermöglichen.

Im Gegenzug kann sich die SPD natürlich inhaltliche Zusagen machen lassen. Das ganze Paket könnten die Parteien in einem Tolerierungsvertrag festschreiben.

Variante C: Minderheitsregierung ohne Tolerierung

Auch diese Variante ist immer noch denkbar: Die Union bildet (wieder alleine oder mit FDP oder mit Grünen) eine Minderheitsregierung. Die SPD macht aber keine Tolerierungszusage, sondern höchstens das vage Angebot, immer mal wieder mit der Regierung zu stimmen. Bei der Kanzlerwahl müsste Merkel dann wahrscheinlich durch alle drei Wahlphasen gehen. Hinterher müsste ihre Regierung dann für jedes Gesetz, jedes Bundeswehrmandat und jeden Bundeshaushalt eine Mehrheit im Bundestag suchen – mal bei der SPD, mal bei den anderen Parteien.

Bei dieser Variante würden die Sozialdemokraten inhaltlich mitreden wollen: Ist die Minderheitsregierung zum Beispiel beim Bundeshaushalt auf die Stimmen der SPD angewiesen, müsste sie deren Wünsche einfließen lassen.

Variante D: Neuwahl

Die SPD ist jetzt zwar zu Gesprächen bereit, aber wie wir mittlerweile wissen, können Gespräche auch scheitern. In diesem Fall sind Neuwahlen wahrscheinlich, der Weg dorthin wäre aber noch immer kein Automatismus: Laut Grundgesetz müsste der Bundespräsident dem Bundestag trotz allem erst einen Kanzlerkandidaten vorschlagen, das wäre wahrscheinlich Merkel. Sie müsste durch alle drei Wahlphasen gehen und würde in der letzten voraussichtlich mit den Stimmen ihrer eigenen Fraktion gewählt.

Der Ball wäre dann wieder beim Präsidenten: Er könnte die Wahl akzeptieren, Merkel würde dann eine Minderheitsregierung nach Variante C anführen. Oder er gibt nach spätestens sieben Tag bekannt, den Bundestag aufzulösen. Zwei Monate später gäbe es dann eine Neuwahl.

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