SPD-Duell in Baden-Württemberg: Rolle rückwärts in Südwest?
Leni Breymaier und Luisa Boos wollten die SPD in Baden-Württemberg erneuern. Jetzt könnten sie von Männern ersetzt werden.
Für Lars Castellucci, wie Breymaier Bundestagsabgeordneter und ihr Stellvertreter im Landesvorstand, ist das Schaulaufen an diesem Nachmittag Anfang November in der Mannheimer Universität gleich ein doppeltes Heimspiel. Erstens hat er seinen Wahlkreis in der Rhein-Neckar-Region und zweitens kommt ihm die Veranstaltung im Hörsaal gelegen. Neben seinem Bundestagsmandat ist der 44-Jährige Professor an einer privaten Hochschule.
Dann geht es los. Zwei Bewerbungsreden, Bierdeckelfragen und am Ende eine Abstimmung, wer sich aufgrund der Veranstaltung nun für Breymaier oder Castellucci entschieden habe. Einige zögernde Hände gehen hoch. Mehr mit Inhalten, weniger mit sich selbst solle sich die SPD beschäftigen, heißt es in der Regel auf die Frage, wie die Partei ihren Abwärtstrend stoppen kann. Die Sozialdemokraten im Südwesten pfeifen auf diese Empfehlung und leisten sich nur zwei Jahre nachdem sich eine breite Mehrheit für Leni Breymaier ausgesprochen hat, eine Führungsdebatte inklusive Mitgliederentscheid.
Bis zum 19. November kann die Basis noch abstimmen, am darauffolgenden Samstag soll ein Parteitag das Votum bestätigen. Breymaier gibt zu, dass sie die Gegenkandidatur ihres Stellvertreters überrascht. War man sich nach dem desaströsen Ergebnis der Landtagswahl 2016 (12,7 Prozent) doch über Flügelgrenzen hinweg einig, dass die Partei mit der 56-jährigen DGB-Landeschefin einen leidenschaftlicheren und linkeren Neuanfang wagen wollte.
Unmut über Frauenduo
Doch unter Breymaier, die gleich noch die junge und ebenfalls eher linke Generalsekretärin Luisa Boos durchsetzte, konnte der Abwärtstrend nicht umgekehrt werden. Umfragen sehen die SPD in Baden-Württemberg bei 11 Prozent. Zwei verlorene Jahre seien das gewesen, sagt Castellucci. Zu wenig Zeit für echte Reformen, meint Breymaier. Auch weil ihr der Landesvorstand bei mehreren Vorschläge für mehr Transparenz die Gefolgschaft verweigerte.
Geht es nach dem konservativen Netzwerker-Flügel, der im Südwest-Landesverband traditionell in der Mehrheit ist, soll es nun Castellucci richten. Der ist allerdings selbst seit 13 Jahren im Landesvorstand und fiel dort bisher wenig auf – auch nicht durch großen Reformeifer. Als migrationspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist er vor allem Insidern bekannt, während Breymaier oft zu bundesweiten Talkshows eingeladen wird.
Es herrscht der Verdacht, dass manchem in der Partei die Führung zu weiblich ist. Denn die Netzwerker wollen nicht nur Breymaier ablösen, sondern auch ihre junge und clevere Generalsekretärin Luisa Boos. Breymaier hatte die frühere Juso-Chefin damals gegen erhebliches Murren vor allem im Parteivorstand durchgesetzt.
Die 34-Jährige ist seitdem dabei, den Mitgliedern mit modernen Tools mehr Einfluss auf Parteidebatten zu geben. Sie hat zudem Martin Horn entdeckt, den neuen Freiburger Oberbürgermeister, der mit Unterstützung der SPD im Frühjahr den grünen Amtsinhaber Dieter Salomon überraschend aus dem Amt kegelte. Doch die innerparteiliche Kritik an ihr riss nicht ab, weshalb auch sie sich nun einem Herausforderer stellen muss. Der heißt Sascha Binder und fällt in der Fraktion als scharfer Redner auf. Das Verhältnis des 35-Jährigen zu Breymaier gilt als unterkühlt.
Anders als beim Vorsitz stimmen nicht die Mitglieder über den Generalsekretär ab, sondern der Parteitag. Gut möglich also, dass die Partei künftig von einem gemischten Doppel geführt wird. Vielleicht nicht die schlechteste Lösung, um die schrumpfende Südwest-Partei zu einen.
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