SPD in Baden-Württemberg: Tohuwabohu nach Votum der Basis
Bei der SPD in Baden-Württemberg ging ein Mitgliederentscheid über die Führung nach hinten los. Die gekränkte Siegerin schmiss hin.
KARLSRUHE taz | Die Siegerin des Mitgliederentscheids schmeißt hin, noch bevor ihr knapper Sieg verkündet werden kann. Der Verlierer will sich trotzdem zum Vorsitzenden wählen lassen – bei der SPD in Baden-Württemberg geht es drunter und drüber.
Sechs Wochen lang konnten sich die 36.000 Mitglieder der Südwest-SPD entscheiden, ob sie die amtierende Vorsitzende Leni Breymaier behalten wollen oder lieber ihrem Herausforderer, dem migrationspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, die Führung der Partei anvertrauen wollten.
Die Mitgliederbefragung war notwendig geworden, weil die Kritik am sperrigen Führungsstil von Leni Breymaier nicht abreißen wollte. Noch am Montag war man in der Stuttgarter Parteizentrale sehr stolz darauf, dass über 60 Prozent der Mitglieder abgestimmt hatten. Am Ende gewann die amtierende Vorsitzende aber nur mit gerade mal 39 Stimmen. Weil das Ergebnis knapp war, musste am Dienstag noch einmal nachgezählt werden.
So lange wollte Breymaier nicht mehr warten. Am Nachmittag trat eine sichtlich gekränkte Vorsitzende vor der Presse und sagte: „Weniger als 50 Prozent Zustimmung sind für mich keine Basis, um diesen Landesverband zu führen.“ Sie empfahl auch ihrem Herausforderer, jemand anderem den Vortritt für einen Neuanfang zu lassen. Doch Lars Castellucci, 44, bisher Breymaiers Stellvertreter im Land, will sich am Samstag zum Vorsitzenden wählen lassen. „Den Unterlegenen wählen, das geht gar nicht“, entfährt es da einem Mitglied des Parteivorstands. Nun wird ein dritter Kandidat gesucht.
Leser*innenkommentare
Der Allgäuer
Am Besten: Selbstauflösung.
Wer braucht eine sozialdemokratische Partei, die es nicht schafft, ihre politischen Botschaften so an die WählerInnen zu bringen, dass diese nachvollziehen können und verstehen, was der Weg und das Ziel der Partei ist?
Ohne Frage, auch in der heutigen Zeit würden wir, die arbeitende Bevölkerung und die Menschen hier im Land, eine sozialdemokratische Partei brauchen. Die SPD kann dies, spätestens seit der Regierungszeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder, nicht (mehr) sein; zu viel Vertrauen ging damals kaputt, und zwischenzeitlich haben die Führungen der Partei im Bund und den Ländern alles dafür getan, dass ein Vertrauen nicht wieder entstehen konnte.
Hat sich die SPD während der rot-grünen Regierungszeit von der Union via Bundesrat am Nasenring durch die Manege treiben lassen, war und ist sie während der schwarz-roten Regierungszeit nicht einmal mehr in der Lage darzustellen und zu beschreiben, dass sie eigentlich eine andere Politik machen möchte, sie verzichtet darauf oder sie ist unfähig dazu, auch während einer Koalition aufzuzeigen, was ihrer Meinung und ihrer Überzeugung nach eigentlich notwendig wäre, was jedoch während der Koalition wegen der Mehrheitsverhältnisse nicht umgesetzt werden kann.
Rudolf Fissner
@Der Allgäuer So? Wurde der Mindestlohn auch von Merkel erfunden wie alles andere?
SPD-Kritik ist immer oft auch eins: Dauerwahlkampf
Der Allgäuer
@Rudolf Fissner Der Mindestlohn wurde natürlich nicht von Merkel erfunden, den hat die SPD eingebracht.
Allerdings: Nachdem die SPD zuvor mit ihrer "Reform"-Politik unter Kanzler G. Schröder dafür die Rahmenbedingungen geschaffen hat für den Niedriglohnsektor, den wir heute haben.
Was nützt - anderes Beispiel - ein Betriebsrentenstärkungsgesetz der ehem. Arbeitsministerin A. Nahles, wenn es keinen Rechtsanspruch darauf enthält und auch die Höhe einer evtl. (!) zu zahlenden Betriebsrente in das Belieben des Arbeitgebers stellt (obwohl die Beiträge dafür im Wege einer Lohn-/ Gehaltsumwandlung, also aus dem Arbeitsentgelt, finanziert werden)?
Was nützt eine Mietbremse, die nicht greift?
Usw. usw.
Lowandorder
@Der Allgäuer Korrekt. The Suicide Club - 2.0
Rudolf Fissner
@Lowandorder Bald ist sie auf dem Niveau der Linkspartei ;-)