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Russisches Museum in SpanienDie Kunst und der Krieg

Es gibt Streit um das Russische Museum in Málaga. In der aktuellen Ausstellung „Krieg und Frieden“ sehen viele russische Propaganda.

Die Ausstellung „Krieg und Frieden“ im russischen Museum in Malága am 25. Februar Foto: Francis Gonzalez/ZUMA Wire/imago

„Krieg und Frieden“ heißt eine noch laufende Sonderausstellung des Museo Ruso, des Russischen Museums in Málaga. Ausgestellt sind Werke russischer und sowjetischer Künstler zwischen Kriegspropaganda, Kriegselend und unterschwelliger Kritik am Krieg wie im Gemälde „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“, von Sofia Dímshits Tolstaia, um 1920. Für viele im Stadtrat ist die seit einem Jahr laufende Ausstellung nun eine Provokation, die unpassender nicht sein könnte.

Die einen – allen voran die sozialdemokratische PSOE – halten das Museum für ein Instrument der Propaganda Russlands, der kriegsführenden Staatsmacht. Andere – Künstler und Intellektuelle – halten die Schließung für eine Instrumentalisierung der Kunst, eine dem Westen unwürdige Zensur. Dass die nächste Ausstellung „suspendiert“ wird, ist inzwischen klar; ob die jetzige Ausstellung noch bis zum 24. April bleibt, umstritten.

Das Russische Museum in Málaga ist eine Außenstelle des Staatlichen Museums Sankt Petersburg. Eine staatliche russische Institution, die von der Stadt Málaga subventioniert wird. Es wurde im März 2015 im Gebäude der ehemaligen Tabakfabrik Tabacalera eröffnet und beherbergt die größte Sammlung russischer Kunst außerhalb Russlands.

Zu den Höhepunkten der ständigen Ausstellung gehören Künstler wie Chagall, Kandinsky oder Malewitsch, russische Avantgardisten, die einst Weltruhm genossen, von den viele erst im Exil ihren künstlerischen Ausdruck fanden. Dazu gibt es aktuell eine Hommage an Dostojewskis 200. Geburtstag, einen Themenraum zu Wladimir Majakoswki, dem Dichter, der vom talentierten Avantgardisten zum scheiternden Propagandisten wurde und letztlich am System zerbrach.

Der 77-jährige Bürgermeister von Málaga, Francisco de la Torre von der rechten Partido Popular, und der Direktor des Staatlichen Museums für Russische Kunst in Sankt Petersburg, Wladimir Gusev, haben 2015 das Protokoll der Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen unterschrieben. Es garantiert den Erhalt des Russischen Museums in der Stadt Málaga bis mindestens zum Jahr 2035.

Für russischsprachige Residenten und Marbellas Oligarchen

Die alte Königliche Tabakfabrik Málaga, in der sich das russische Museum befindet, ist Eigentum der Stadt. Diese zahlt auch die Bestückung der Säle durch die Sankt Petersburger. Rund 400.000 Euro waren es für die aktuellen Ausstellungen. Und vor Kurzem noch war Málaga sogar im Gespräch über eine Eremitage-Filiale.

Bürgermeister Torre wollte mit dem Museum auch den zahlreichen russischsprachigen Residenten und Marbellas Oligarchen gefallen. Alles für den Tourismus in dieser vom Tourismus verwöhnten Region zwischen Málaga und Marbella. Dafür überreichte ihm 2018 Putin die Puschkin-Medaille „für die Verbreitung der russischen Kultur in der Welt“. So viel Ehre sehen heute viele als Schande. Er solle die Medaillen nun zurückgeben, fordern einige im Stadtrat.

Gut 2.800 Russen sind allein im nahegelegen Marbella an der Costa del Sol gemeldet. Einer der teuersten Badeorte Spaniens. In Symbiose mit den Russen wohnen fast so viele Ukrainer. „Viele Ukrainer arbeiten bei den hier lebenden Russen“, sagt Ricardo Sánchez Bocanegra im Interview mit der Zeitschrift El Confidencial. „Sie sind Gärtner, Handwerker, Hausangestellte.“

Bocanegra ist Gründer des spanischen Dachverbands der Vereinigung ausländischer Residenten (FAECOSOL) und langjähriger Kenner der russischen Community. Er glaube nicht, dass das russische Museum geschlossen werde, sagt er im Interview. Dazu ziehe es zu viele Besucher an. Aber wie ist die Stimmung in der russischen Community?

Scham für Putins Handeln

„Scham und Besorgnis sind die dominierenden Gefühle. Alle, die ich spreche, schämen sich für Putins brutalen Krieg gegen die Ukraine. Gleichzeitig sorgen sie sich um ihr eigenes Überleben im sonnenverwöhnten Spanien“, weiß Bocanegra. Mit gutem Grund: durch die Sanktionen der EU können sie ihre russischen Kreditkarten nicht mehr nutzen und keine Überweisungen außerhalb Russlands tätigen. Nicht nur die goldene Visa ist wertlos, auch der Rubel fällt. Viele, die sich hier niedergelassen haben hätten Angst, die Eliteschulen ihrer Kinder nicht mehr bezahlen zu können, weiß Bocanegra.

Die Russen kamen ab 1995 an die Costa del Sol mit ihrem Image von Glamour, Luxus und Geldprominenz. Sie kauften teure Immobilien, um zeitweise hier zu leben. Viele ließen sich ganz in Spanien nieder. „Die Hauptkonten der Russen, die sich hier niedergelassen haben, sind allerdings in Russland oder anderswo, aber nicht in Spanien“, sagt Bocanegra. „Einige haben versucht, hier geschäftlich aktiv zu werden. Meist erfolglos, bis auf russische Frauen, die in Immobilien machen.“

Die reichen Russen bangen um das gute Leben und ihre Yachten an spanischen Stränden. Die spanische Regierung kann ihre Yachten konfiszieren, solange der Krieg in der Ukraine andauert. Vier Tage nach Beginn des Krieges in der Ukraine wurden im Hafen von Barcelona die pompösen Hochsee-Yachten russischer Oligarchen beschlagnahmt. Die russischen Oligarchen Petr Aven (Besitzer der Alfa Bank, der größten russischen Geschäftsbank), Michail Fridman (Aufsichtsratschef der Alfa Group) und Alexey Mordaschow (Großaktionär von TUI) wollen gegen die von der EU verhängten Sanktionen vor Gericht klagen. Sie behaupten, sie hätten mit Putins Politik nichts zu tun.

In den letzten Jahren habe sich das Interesse der Investoren von Marbella nach Málaga verschoben, weiß Bocanegra. Viele, die sich in Marbella mit seinem Luxusimage niedergelassen haben, hätten nun Häuser in Málaga erworben. Auch wenn Marbella eine internationale Klientel hat, Málaga ist angesagt, herausgeputzt. Es ist lebendig. Und es setzt auf Kultur, zu Beispiel mit seiner Museumslandschaft.

Málaga hat sich zu einer Museumsstadt entwickelt. Mit insgesamt 37 Museen, von denen sich die meisten im historischen Zentrum befinden, gehört Málaga zu den Städten, die in ihrer Altstadt die höchste Museumsdichte aufweisen. Bedeutend ist vor allem das Picasso-Museum, Picasso wurde 1881 in Málaga geboren, und das Museum Carmen Thyssen mit seiner Sammlung andalusischer Maler aus dem 19. Jahrhundert.

Und das russische Museum? Ist es ein Aushängeschild für Putins Krieg oder könnte es dessen Opfer werden? „Wie wäre es, wenn die aktuelle Ausstellung ein bisschen zusammenrückt und ergänzt wird mit Werken aktuell verfolgter russischer Künstler und ihrer ukrainischen Kollegen?“, schlägt Marco Schicker in den Costa Nachrichten vor. „Und damit der gleichsam verlogene Westen sich nicht in Selbstgerechtigkeit suhlen kann, nehmen wir kurdische, syrische, palästinensische Künstler oder Berichte afghanischer Übersetzer oder Studentinnen gleich dazu und stellen Fotos von im Mittelmeer ertrunkenen „Schwarzafrikanern“ den Bildern der großen Anteilnahme für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge gegenüber? Wenn das den Towarischi Kunstwächtern in Sankt Petersburg nicht passt, können die ihre Werke gerne abholen und sich damit selbst entblößen. Es ist nur zu fürchten, dass das auch einigen im Westen nicht passen würde.“

Eine gute Idee. Dem touristischen Dasein Málagas mit seinem kosmopoliten Anspruch würde das einen echt weltoffenen, avantgardistischen Flair einhauchen.

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4 Kommentare

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  • Wer sowjetische und russische Künstler aus dem letzten Jahrhundert als Propaganda für Putin betrachtet, lebt dessen Narrativ des ewigen Russlands, ist mithin Teil der Propaganda.

    Ernsthaft jetzt? Bilder von Chagall oder Kandinsky als Putin-Propaganda?

    • @Encantado:

      Das kommt sicherlich auf die entsprechende Einordnung, zB durch Begleittexte, an. Wenn die suggerieren, dass der Besucher des Museums hier eine quasi ungebrochene Linie russischer Schaffenskraft, einen Gesamtausdruck von „Russlands Seele“ oder so zu sehen bekommt, dann kann es sich um Propaganda handeln. Im Dritten Reich wurde ja schließlich auch alles mögliche bunt durcheinander als Beweis für die Schöpferkraft des Deutschen an sich vorgebracht.

  • Marbella ist übrigens nicht nur teuer, sondern auch seit Jahrzehnten DER Ferienort der internationalen organisierten Kriminalität. In den letzten Jahren haben neue Banden und Verbindungen zwischen ihnen zu einem massiven Anstieg von Verbrechen dort geführt. Die wirklich Reichen zieht es daher jetzt nach Puerto Banús und in den teuersten Ort Spaniens, die Gated Community Benahavís.

    Der Guardian hat darüber eine sehr interessante und lange Reportage gebracht, die ursprünglich in El País erschienen war.

    Im übrigen sind die Spanier im Großen und Ganzen nach dem Angriff Russlands SEHR russland- und putinfeindlich geworden, bzw. sehr engagiert bei der Unterstützung der Ukraine. Ich habe viele Verwandte und Freunde in Andalusien und die einhellige Meinung dort ist offenbar, dass man Putin ins Jenseits befördern sollte. Täglich fahren Spanier in Richtung Ukraine, um gespendete Hilfsgüter hin- und Flüchtlinge herauszubringen. Durchaus bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie weit die Entfernungen sind und dass die beiden Länder historisch wirklich nicht viel verbindet.

  • Zum letzten Absatz: tatsächlich eine sehr gute Idee.