Rot-Grün in Hamburg bremst Autos aus: Ein bisschen Verkehrswende

Hamburgs Senat will provisorisch den Jungfernstieg ab Oktober für den PKW-Verkehr sperren. Der Linken geht das nicht weit genug.

Eine Visualisierung zeigt den Jungfernstieg mit Mittelinsel zur Verkehrsberuhigung.

Verkehrsversuch: Jungfernstieg mit provisorischer Mittelinsel Foto: Visualisierung der Behörde für Stadtentwicklung

HAMBURG taz | Ab Oktober sollen keine Privatautos mehr über den Jungfernstieg, die Paradestraße an der Alster, fahren dürfen. Und aus der Mönckebergstraße, an der viele Geschäfte liegen, werden die Busse verbannt. Wie Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt und Falko Droßmann, der Leiter des Bezirksamtes Mitte (beide SPD) mitteilten, soll das die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Hamburger Innenstadt verbessern – nicht zuletzt mit Blick auf das anstehende Weihnachtsgeschäft.

„Die Menschen nutzen den öffentlichen Raum ganz anders, als sie es noch vor 20 Jahren getan haben“, sagte Droßmann bei der Vorstellung des Konzepts für eine autoarme Innenstadt am Donnerstag im Rathaus. Die Verminderung des Autoverkehrs trage dem Rechnung. Sie hebe die Bedeutung von Hamburgs „Aushängeschild und guter Stube“ hervor. Dabei sollten auch Räume geschaffen werden für Menschen, „die nicht nur konsumieren wollen“.

Dazu geht der Senat zunächst einmal provisorisch und versuchsweise vor. Durch eine Beschilderung wird der Jungfernstieg gesperrt: Nur noch Busse und Taxen, Stadtrundfahrten, Lieferfahrzeuge und Räder sollen passieren dürfen. Weil der Verkehr umgelenkt werden muss, werden auch die nördlichen Enden der Großen Bleichen und des Neuen Walls autofrei.

Der schwer erkennbare und konfliktträchtige Radweg auf der Jungfernstieg-Promenade soll aufgehoben werden, die Radler sollen auf die Fahrbahn, auf der Tempo 30 gelten wird. Die Fahrbahn erhält eine im Wesentlichen durchgehende Mittelinsel mit Baumkübeln, die Ampeln fallen weg. Binnen vier Wochen solle der Boulevard umgebaut werden, sagte Verkehrssenator Tjarks. Im November werde der Senat ein Stadtgespräch initiieren, um Feedback zu bekommen.

Baustelle zur Verkehrsberuhigung
Falko Droßmann, SPD,Bezirksamt Mitte

„Die Menschen nutzen den öffentlichen Raum ganz anders, als sie es noch vor 20 Jahren getan haben“

Im Falle der Mönckebergstraße nutzt der Senat den Umstand, dass die Hochbahn an deren nördlichem Ende die U-Bahnlinie 3 sanieren muss und dafür einen großen Teil der Straße für die Baustelleneinrichtung braucht. Tjarks will zunächst bis einschließlich Februar einen breiten Streifen vor dem Levantehaus freihalten, sodass die Einkaufspassage und die Läden gut zugänglich sind und die Cafés weiterhin Tische rausstellen können.

Von März 2021 bis August 2021 werden Busse hier dann gar nicht mehr passieren können. Die Buslinien werden zum größten Teil über die Steinstraße, zum Teil auch über den Steintorwall und den Ballindamm umgeleitet. Auf diese Weise ergibt sich sozusagen ein Verkehrsversuch, bei dem sich ausprobieren lässt, wie gut die längst angedachte Verlagerung des Busverkehrs von der Mö auf die Steinstraße funktionieren würde.

Tjarks und Stapelfeldt haben ihren Plan bereits dem Bündnis für die Innenstadt vorgestellt und wollen sich mit diesem eng abstimmen. Dieser Zusammenschluss von Geschäftsleuten hatte im vergangenen Herbst eine Aufwertung der Innenstadt gefordert.

Die Opposition reagierte kritisch auf die Pläne. „Der rot-grüne Senat hat mal wieder eine Minimallösung vorgelegt“, sagte dazu Heike Sudmann von der Fraktion Die Linke. Statt ein Konzept für eine autofreie Innenstadt vorzulegen und dann Schritte zu planen, werde das Thema durch eine Einzelmaßnahme beerdigt. Sie sehe nur einzelne Projekte und kein Konzept, sagt Anke Frieling von der CDU-Fraktion.

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