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Rot-Grün-Rotes Bündnis in BerlinWeiter, aber nicht so

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

In Berlin stehen die Zeichen auf eine Neuauflage von R2G – als RGR. Und doch wollen weder SPD noch Grüne ein „Weiter so“. Schön wäre es!

Die Linken sind doch auch ganz nett: Franziska Giffey (SPD) verkündet weitere Sondierungen Foto: picture alliance/dpa/Nina Hansch

A m Ende konnte sich Franziska Giffey nur mit einer beherzten Rolle rückwärts aus dem Patt befreien, in das sie sich ohne Not selbst hinein manövriert hatte. Eine knappe Woche hielt die Ampel-Präferenz der designierten Regierenden Bürgermeisterin, dann musste sie sich am Donnerstag dem Druck vor allem aus den Reihen eigenen Partei fügen: Man werde mit der Linken weitersondieren statt mit der FDP. Schon kommende Woche solle es Koalitionsverhandlungen geben. Aber, auch das betonte Giffey mehrfach: „Ein einfaches ‚Weiter so!‘“ dürfe es mit den alten neuen Koalitionspartnern nicht geben.

Diesen Satz zu betonen ist wichtig für Giffey, weil sie vielen Menschen, die sie für einen ganz anderen Kurs gewählt haben, jetzt vermitteln muss, warum die ihre Stimme trotzdem nicht verschenkt haben. Immerhin hatte sich Giffey im Wahlkampf sehr deutlich gegen linke wie grüne Vorhaben gestemmt: gegen den Enteignen-Volksentscheid, gegen eine City-Maut, gegen einen Stopp des A100-Projekts. Und nun würden doch wieder nicht nur die Grünen, sondern auch die Linke mit am Senatstisch sitzen.

Ein „Weiter“ mit den alten Koalitionspartnern also, aber keinesfalls ein „Weiter so.“ Auch damit lehnt sich Giffey nicht gerade wenig aus dem Fenster. Dass die Grünen sich als Koalitionspartner auf Augenhöhe verstehen, hat ihre bei der Wahl bemerkenswert knapp unterlegene Spitzenkandidatin Bettina Jarasch bereits klar gemacht. Am Donnerstag knüpfte sie den Erfolg oder Misserfolg einer künftigen Regierung daran, wie Klimaschutzziele (und damit verbunden die Verkehrswende) umgesetzt werden. Sie wolle eine „ökosoziale Koalition“, sagte Jarasch – und das „öko“ kam vermutlich nicht umsonst vor dem „sozial“.

Versprechen einlösen

Wirklich entscheidend für diese Stadt wird aber sein, ob dieses Versprechen, das übrigens auch Jarasch machte – „Weiter, aber nicht so“ – tatsächlich eingelöst wird. Es wäre gut, wenn es nicht nur der Gesichtswahrung im machtpolitischen Koalitionspoker diente.

Denn Baustellen gibt es zur Genüge: Die Bilanz der gebauten Radwegkilometer ist schlecht, sichtbar im Straßenbild sind vor allem Pop-up-Radwege und die nun dauerhaft autofreie Friedrichstraße. Das Volksbegehren Klimaneustart Berlin hat bereits die erste Hürde in Richtung Volksentscheid genommen, weil die Initiative zu Recht die nur zaghaften Schritte des letzten Senats in Richtung Klimaneutralität kritisiert. Die Verwaltung ist nach wie vor chronisch mangelverwaltet.

Und, natürlich: Die Frage, wie ein sozialer Wohnungsmarkt in dieser Start organisiert und reglementiert werden soll, ist nicht gelöst. Und seit das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel gekippt hat, drängt sie umso mehr. Wird sich ein mögliches Rot-Grün-Rotes Bündnis über der Enteignen-Frage zerstreiten? Oder wird man es schaffen, Ideologien beiseite zu schieben und pragmatisch miteinander umzugehen? Wünschenswert wäre es.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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7 Kommentare

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  • @RUDOLF FISSNER:

    Nein. Aber ohne Öko kein sozial. Keine Chance.

  • Franziska Giffey meinte ja mal zum Konzept autofreie Stadt, dass es "wirklichkeitsfremd" wäre und beklage, dass "wir zunehmend ein Gegeneinander in der Stadt erleben, also Radfahrer gegen Autofahrer, Fußgänger gegen Radfahrer". Dabei ist die Stadt und ihre Straßen sehr auf Autos und deren Verkehrsfluss ausgerichtet. Befürfnisse von Radfahrer*innen, Rolli-Nutzer*innen und Fußgänger*innen stehen hinten an. Es sind also Autos gegen Radfahrer*innen, Rollinutzer*innen und Fußgänger*innen. Es sollte darum gehen ÖPNV auszubauen und die Stadt fahrrad/Rolli und Fußgänger*innenfreundlich zu gestalten. Gleichzeitig muss Autofahren in der Stadt unbequemer und teurer (je wohlhabender desto teurer) werden, damit die Autozahl sinkt. Dabei geht es, wie TOMÁS ZEROLO schon sagte, um Existenzerhaltung. Die im Artikel zitierte Position der SPD "gegen eine City-Maut, gegen einen Stopp des A100-Projekts" liest sich hingegen eher so, dass es doch ein weiter-so geben sollte. Dabei haben Grüne und Die Linke zusammen einen Stimmenanteil von 32,9 % (56 Abgeordnete) zur SPD 21,4 % (36 Abgeordnete).

  • @RUDOLF FISSNER

    Sie haben den Elefanten im Raum sehr geschickt umrundet (wie Sie zwischen Elefant und Couch gepasst haben ist mir ein Rätsel). Er steht aber noch da:

    Nochmal, ganz langsam zum mitschreiben. Unter 2.5 Grad Klimaerwärmung wird Sozialpolitik weit, weit schlimmer aussehen, als wir es uns gerade ausmalen können.

    Wenn wir jetzt nicht 1000 investieren kostet uns das in zwanzig Jahren 1000000 (Veranschaulichung, keine fundierte Grössenordnung). Oder so ähnlich.

    Nur beides zusammen ist realistisch.

    Wer das trennt, vertritt die Interessen der oberen 5 bis 0.1 Prozent.

  • Die Koalitionstrends der SPD in MäcPomm, Land und Bund Berlin deuten eine Strategie an.

    Welche Rolle spielt Lindner?

  • "...das 'öko' kam vermutlich nicht umsonst vor dem 'sozial'"

    Es wäre ja schön, wenn wir aufhörten dieses falsche Mem immer wieder zu vervielfältigen. Es ist nicht "öko" vs. "sozial" -- das wollen uns nur die immer wieder erzählen, die weder das eine noch das andere wollen.

    Öko /ist/ sozial, und umgekehrt. Denn die Folgen ökologischer Katastrophen (ob Klimaerwärmung, Artensterben usw.) zahlen zuerst die Schwächsten der Gesellschaft. Umgekehrt, weil Öko nur funktioniert, wenn jede*r nach seinen*ihren möglichkeiten einen Teil der Aufgabe wahrnimmt.

    • @tomás zerolo:

      Öko ist nicht automatisch sozial. Ein Windrad liefert nur schnöde Energie um damit Maschinen anzutreiben.

      Sowohl dem Wind, wie dem Windrad als auch der Maschine ist es egal, ob damit Sklaven oder gerecht Bezahlte ihr Auskommen mit Verdienen oder ob dort Brot oder Bomben mit produziert werden.

      Wer das nicht versteht wird gewissen Sackgassen der ökologischen Umgestaltung auf den Leim gehen.

      Die Energieproduktion der Zukunft wird sich nicht mit fossiler Energie tief aus der Erde begnügen, Sie wird Flächen an der Oberfläche fressen und Biomasse futtern. Und das sicher nicht, um das Artensterben damit aufzuhalten.

  • Wer sucht findet im Internet die Auswertungen der Wahl nach S-Bahn Ring und außerhalb.



    Wenn weiter bloß Politik für die Bewohner innerhalb des S-Bahn Ringes gemacht wird gegen den Willen der Bewohner außerhalb brauchen die Linken und Grünen nicht kommen mit Spaltung der Gesellschaft gerade diese Parteien verstehen sich vorzüglich darauf die Bevölkerung zu spalten und nicht Kompromisse zu finden….