Umsiedlung von Palästinensern: Das sagt die Welt zu Trumps Plan für Gaza
Der US-Präsident will die Bewohner des kriegsbeschädigten Küstenstreifens umsiedeln. Dafür hagelt es weltweit Kritik und völkerrechtliche Bedenken.
![Ein Strand in Gaza Ein Strand in Gaza](https://taz.de/picture/7511901/14/37106826-1.jpeg)
US-Präsident Donald Trump hat am Dienstag bei einem Besuch von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in Washington angekündigt, die USA sollten die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen. Man wolle ihn „langfristig in Besitz nehmen“, die Palästinenser sollen umgesiedelt werden, der zerbombte Küstenstreifen eine „Riviera des Nahen Ostens“ werden.
Das ruft berechtigte Kritik auf den Plan. Ein Überblick der Reaktionen:
Palästinenserpräsident Abbas: „Integraler Teil Palästinas“
Die Palästinensische Autonomiebehörde hat Pläne des US-Präsidenten Donald Trump für die Umsiedlung der Einwohner des Gazastreifens klar zurückgewiesen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte, man werde nach Jahrzehnten des Kampfes und der Opfer die Rechte des palästinensischen Volkes nicht aufgeben. Der Gazastreifen sei „ein integraler Teil des Landes des Staates Palästina, einschließlich des Westjordanlands und Ost-Jerusalems, die seit 1967 besetzt sind“, sagte Abbas nach Angaben seines Büros.
„Die palästinensische Führung bekräftigt ihre feste Position, dass die Zweistaatenlösung die Garantie für Sicherheit, Stabilität und Frieden ist“, schrieb Hussein al-Scheich, Generalsekretär des Exekutivkomitees der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), auf der Plattform X. Diese sieht zwei unabhängige Staaten nebeneinander vor: Israel und einen palästinensischen Staat. Man weise „alle Aufrufe zur Vertreibung des palästinensischen Volkes aus seinem Heimatland“ zurück, schrieb der palästinensische Spitzenfunktionär weiter. „Wir sind hier geboren, wir haben hier gelebt, und wir werden hier bleiben.“ (dpa)
Hamas: „Rassistische Haltung der Amerikaner“
Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas hat die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump zur Übernahme der Kontrolle im Gazastreifen als „rassistisch“ kritisiert und zurückgewiesen. Die „rassistische Haltung der Amerikaner“ decke sich „mit der Position der israelischen extremen Rechten“, die das palästinensische Volk vertreiben und die palästinensischen Anliegen beseitigen wolle, sagte Hamas-Sprecher Abdel Latif al-Kanu am Mittwoch. (afp)
PIJ: Konfrontation mit Ägypten und Jordanien?
Nach Angaben der Washington Post erklärte die im Westjordanland, Gaza und dem Libanon präsente und vom Iran unterstützte Terrorgruppe Palästinensischer Islamischer Jihad (PIJ): Trumps Plan sei eine „gefährliche Eskalation“ und könne die „palästinensischen Widerstandskräfte in eine Konfrontation“ mit Ägypten und Jordanien führen. Trumps „naive Aussagen werden für uns nur ein Anreiz sein, den Widerstand zu verstärken, bis wir unsere Ziele erreichen, nämlich die Befreiung unseres Landes und die Beendigung der Besatzung“. (taz)
PFLP: „Gaza ist nicht zu verkaufen“
Nach einem Bericht des katarischen TV-Senders Al Jazeera erklärte die sich selbst als marxistisch-leninistisch bezeichnende und bewaffnet gegen Israel kämpfende PFLP: Die Volksfront zur Befreiung Palästinas verurteile die Aussagen des US-Präsidenten Donald Trump, der Pläne zur Zwangsumsiedlung der Bewohner des Gazastreifens unterstütze. Der Plan sei eine „Kriegserklärung an das palästinensische Volk“. (taz)
Israelische Siedlergruppen: Plan unverzüglich umsetzen
Israel Ganz, Vorsitzender des Siedlerverbands Yesha Council, freut sich nach Angaben des Online-Mediums Times of Israel über Trumps Vorstoß: Der Plan des US-Präsidenten liefe darauf hinaus, den „palästinensischen Traum“ von einem eigenen Staat zu beenden. Er erklärte weiter: Israels Regierung solle „Trumps Vision heute annehmen und in die Tat umsetzen“. Dazu zähle auch „die Ausübung der Souveränität über Judäa und Samaria“ – also eine Annexion des Westjordanlands.
Auch die Siedlungsorganisation Nachala, die seit Beginn des Krieges die Wiederherstellung jüdischer Siedlungen im Gazastreifen fördert und dafür lobbyiert, ruft laut Times of Israel die israelische Regierung an: „Unter der Annahme, dass Trumps Erklärung, die Bewohner des Gazastreifens in andere Länder zu überstellen, in die Tat umgesetzt wird, sollten im gesamten Gazastreifen schnell Siedlungen gebaut werden“. (taz)
NGO in Israel: Zweistaatenlösung muss bleiben
Die Zivilorganisation Peace Now erklärte auf X (ehemals Twitter): „Die einzigen, die früher oder später umgesiedelt werden müssen, sind die Zehntausenden Siedler – zurück an die Grenzen Israels, als Teil einer politischen Vereinbarung, mit der neben Israel ein palästinensischer Staat gegründet wird“.
Man „würdige Präsident Trumps Entschlossenheit, den Krieg zu beenden und die Geiseln nach Hause zu bringen, sowie seine klare Ablehnung gefährlicher Siedlungspläne in Gaza“. Es sei an der Zeit, mit den Fantasien einer ethnischen Säuberung des Gazastreifens aufzuhören: „Es gibt nur eine Lösung, die Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten garantieren wird, und das ist eine Zweistaatenlösung für zwei Völker und die Beendigung des israelisch-palästinensischen Konflikts“. (taz)
Minister Smotrich: Mit einem Psalm und Dank an Trump
Israels extrem-rechter Finanzminister Bezalel Smotrich postete auf X Worte des Psalms 126: „Da wird man sagen unter den Völkern: Der Herr hat Großes an ihnen getan! Der Herr hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich“. Und schloss an: „Danke Präsident Trump“, und: „Gemeinsam machen wir die Welt wieder groß“. (taz)
Saudi-Arabien: „Eindeutige Ablehnung“
Das Außenministerium des Golfkönigreichs erklärte auf X: „Die Position des Königreichs Saudi-Arabien zur Gründung eines palästinensischen Staates ist fest und unerschütterlich.“ Ohne einen solchen Staat werde man keine diplomatischen Beziehungen zu Israel aufnehmen, das sei nicht verhandelbar. Man bekräftige außerdem die „eindeutige Ablehnung jeglicher Verletzung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes, sei es durch israelische Siedlungspolitik, Landannexion oder Versuche, das palästinensische Volk von seinem Land zu vertreiben“. (taz)
Türkei: „Diskussion überhaupt zu eröffnen, ist falsch“
Der türkische Sender TRT World berichtet: Der türkische Außenminister Hakan Fidan habe den Vorschlag des US-Präsidenten Trump scharf verurteilt und ihn als „inakzeptabel“ bezeichnet. „Eine solche Diskussion überhaupt zu eröffnen, ist falsch“, so Fidan am Mittwoch. Die Türkei sei gegen jede Initiative, die darauf abziele, die Menschen in Gaza aus ihrer Heimat zu vertreiben. (taz)
Präsident Steinmeier: „Höre in der Region nur Bedenken“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich skeptisch zu den Überlegungen von US-Präsident Donald Trump geäußert, die im Gazastreifen lebenden Palästinenser umzusiedeln. „Ich höre hier in der Region nur Bedenken“, sagte er bei einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. in Amman. Er versuche, seine Worte sehr sorgfältig zu wählen, sagte Steinmeier, der deutlich machte, dass die Region eine nachhaltige Lösung benötige.
Steinmeier hatte vor seinem Besuch in Jordanien schon politische Gespräche in Saudi-Arabien geführt. Nach seiner Beobachtung gebe es die Erwartung, dass jetzt nicht nur an Stabilität für Israel und die Palästinenser gearbeitet werde, sondern für die gesamte Region, sagte er. „Wir brauchen einen komplett neuen Ansatz.“ (dpa)
US-Demokraten: „Nennt sich ethnische Säuberung“
Heftige Kritik kommt aus dem Lager der nun oppositionellen US-Demokraten. Der demokratische Senator Chris Van Hollen, Kritiker der Nahost-Politik der USA im Allgemeinen, wertete das Vorhaben Trumps als Ankündigung eines schweren Völkerrechtsbruchs. „Er hat gerade gesagt, dass es die Politik der Vereinigten Staaten sein wird, zwei Millionen Palästinenser gewaltsam aus dem Gazastreifen zu vertreiben – so etwas nennt sich auch ethnische Säuberung“, sagte Van Hollen dem US-Sender MSNBC.
Van Hollen bezeichnete Trumps Plan als „in vielerlei Hinsicht verabscheuungswürdig“ und warnte, dass der Republikaner mit seinen Aussagen die Sicherheit von US-Soldaten und Botschaftspersonal in der Region massiv gefährde. „Das ist die wohl gefährlichste und giftigste Mischung von Ideen, die man aktuell zusammenbringen könnte. Und deshalb wird es ein Moment großer Gefahr für Amerikaner sein“, erklärte der Senator. Der Demokrat gehört dem außenpolitischen Ausschuss des Senats an. Trump eskaliere die ohnehin angespannte Lage im Nahen Osten, fuhr Van Hollen fort: „Was der Präsident hier tut, ist im Grunde, ein Streichholz in eine bereits äußerst volatile Region zu werfen.“ (dpa)
Frankreich: „Ablehnung jeglicher Zwangsvertreibung“
Außenministeriumssprecher Christoph Lemoine erklärte am Mittwoch: „Frankreich bekräftigt seine Ablehnung jeglicher Zwangsvertreibung der palästinensischen Bevölkerung aus Gaza, die eine schwere Verletzung des Völkerrechts und einen Angriff auf die legitimen Bestrebungen der Palästinenser darstellen würde“. Trumps Pläne seien außerdem „ein großes Hindernis für die Zweistaatenlösung und ein erheblicher destabilisierender Faktor für unsere engen Partner Ägypten und Jordanien sowie für die gesamte Region.
China: Hoffnung auf die Waffenruhe als Chance
Die Volksrepublik China spricht sich gegen eine zwangsweise Umsiedelung der Bevölkerung des Gazastreifens aus. Man hoffe, dass die Waffenruhe als Chance genutzt wird, die Lösung der palästinensischen Frage auf den richtigen Weg zu bringen auf Grundlage einer Zweistaatenlösung, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums. (rtr)
Völkerrechtliche Betrachtung: „Nicht mit Recht vereinbar“
Die zwangsweise Umsiedlung der gut zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens, wie von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagen, ist mit internationalem Recht nicht vereinbar. Es gibt Ausnahmen – die allerdings in Bezug auf den Gazastreifen kaum zutreffen dürften.
Relevant ist Regel 129 des internationalen Völkergewohnheitsrechts. Vom Deutschen Roten Kreuz gibt es eine Übersetzung der in der Rechtsdatenbank des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) hinterlegten englischen Texte, und da heißt es wörtlich:
„Die an einem internationalen bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien dürfen die Zivilbevölkerung eines besetzten Gebiets, in ihrer Gesamtheit oder teilweise, nicht verschleppen oder zwangsweise überführen, sofern dies nicht im Hinblick auf die Sicherheit der betroffenen Zivilpersonen oder aus zwingenden militärischen Gründen geboten ist.“ (dpa)
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