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Richtiges Altglas-RecyclingDas kaputte Weinglas gehört in den Restmüll

Eigentlich ist das Recycling von Glas in Deutschland gut etabliert, doch rund läuft es darum noch nicht. Eine Klärung der wichtigsten Fragen.

Altglas: besser ohne Deckel in den Glascontainer werfen Foto: imago

Berlin taz | Sie stehen an Straßenecken, Supermärkten, auf Parkplätzen: Glascontainer für Flaschen in braun, grün, weiß. Und mancher hat auch im eigenen Hinterhof Altglas-Tonnen. Doch die leere Flasche Wein, das ausgelöffelte Marmeladenglas – „sie landen noch oft in der falschen Tonne, in der für den Restmüll“, erklärt Bettina Rechenberg, die beim Umweltbundesamt, dem UBA, den Fachbereich Kreislaufwirtschaft leitet. Sie hat genau im Blick, wie Einweg-Glasflaschen und andere Verpackungen gesammelt und recycelt werden.

Rechenberg weiter: „Die Deutschen galten lange Zeit als Weltmeister der Mülltrennung. Diesen Titel sollten wir uns zurückholen. Mittlerweile trennen andere EU-Länder ihren Müll genauer. In Deutschland wird derweil immer weniger Altglas in Containern gesammelt, statt mehr.“ In Zahlen: 83 Prozent der Glasverpackungen für Lebensmittel, Getränke oder auch Parfums in Deutschland werden recycelt und wieder verwendet. Das aktuelle Verpackungsgesetz schreibt allerdings seit 2022 eine Quote von 90 Prozent vor. Nur: Wie geht es wirklich besser? Steht man mit seinem Altglas vor den Containern, tauchen schließlich Fragen auf. Hier werden die wichtigsten geklärt:

Landet am Ende nicht doch alles auf einem LKW?

Es kann schon sein, dass nur ein Müllwagen anrollt und alle drei Container auf einmal entleert. Doch die Entsorgungsfahrzeuge haben separate Kammern für das verschiedenfarbige Glas. Die Mühe ist nicht umsonst. Das grüne, braune, weiße Altglas wird getrennt abtransportiert, dann gereinigt, eingeschmolzen, neu geformt. Aus einer Flasche lässt sich zwar keine Fensterscheibe machen, Glas ist nicht gleich Glas, aber eine neue Flasche schon – ohne Qualitätsverlust, wenn fein säuberlich gesammelt und getrennt wird.

Wohin, bitte schön, mit der blauen Likörflasche?

Ihr Altglas ist blau, vielleicht auch rot oder pink – dann werfen Sie es in den Sammelcontainer für Grünglas. Bei Weißglas kann schon eine einzige andersfarbige Flasche im Altglas-Container dafür sorgen, dass aus den Flaschen keine neuen weißen Flaschen mehr werden können, sondern nur solche mit Farbstich. Bei Grünglas ist das anders. Es verträgt – auch besser als braun – andere Farbtöne. Heißt: Sollte die Farbe vom Glas undefinierbar sein, auch dann lieber zu Grün.

Darf das kaputte Weinglas in den Container?

Nein, das gehört in den Restmüll. Denn das Glas ist ein anderes als das für Flaschen und Konservengläser, es behindert darum den Recyclingprozess. Tabu für die Glascontainer sind zum Beispiel auch: der Spiegel mit kaputter Ecke, das zerbrochene Fensterglas. Diese Abfälle bringen Sie am besten zum Wertstoffhof. Die Glaskanne aus dem Kaffeeautomaten, die ausrangierte Glaskugel vom Weihnachtsbaum, Keramik und Porzellan stören ebenfalls beim Glasrecycling. Sie sind in der Restmülltonne richtig aufgehoben. Und Steingut-Flaschen kommen in die gelbe Tonne oder den gelben Sack.

Der Deckel vom Marmeladenglas ist noch dran – schlimm?

Am besten ist es schon, wenn Sie die Deckel aus Kunststoff oder Metall abdrehen und in die Gelbe Tonne werfen. Allerdings ist es auch nicht schlimm, wenn Sie das vergessen. In den modernen Glassortieranlagen können sie herausgeholt und dann recycelt werden. Auf keinen Fall müssen Sie sich Gedanken um Aufkleber auf dem Marmeladenglas und anderen Glaskonserven machen. Die werden alle beim Recycling entfernt. Extra auswaschen müssen Sie das Altglas übrigens auch nicht, grob entleeren reicht.

Der Container quillt über – und nun?

Nach Silvester oder anderen Feiertagen haben die gut 250.000 in Deutschland aufgestellten Altglas-Container oft, nun ja: zu schlucken. Dann einfach die leere Sektflasche, das Gurkenglas danebenzustellen, ist keine Lösung, zumindest nicht langfristig. UBA-Expertin Rechenberg rät: „Kommt es immer wieder zu Überfüllungen und nicht nur an einzelnen Tagen, melden Sie sich bei Ihrer Kommune.“ In den vergangenen Jahren seien Container entfernt worden. Gut möglich, dass es mehr Beschwerden wegen Lärmbelästigung beim Einwurf von Altglas und beim Leeren der Sammelbehälter gab, als wegen Corona die Menschen mehr Zeit zu Hause verbrachten. Leiser sind Altglas-Container, die mit dem Blauen Engel ausgezeichnet sind. Sie sind unter anderem mit dämmendem Material ausgekleidet, so dass der Schall geschluckt wird.

Aber muss das mit dem Glasrecycling wirklich sein?

Um Neuglas zu produzieren, werden Rohstoffe wie Quarzsand, Kalk und Soda miteinander verschmolzen. Das kostet viel Energie. Werden zehn Prozent Altglas eingesetzt, so rechnen die Experten aus dem Umweltbundesamt vor, spart das drei Prozent dieser Energie. Dementsprechend sinkt auch der Ausstoß von Treibhausgasen. Das Klima wird geschont – umso stärker, je mehr Altglas verwendet wird. Allerdings sagt Rechenberg: „Gibt es Mehrwegflaschen, sind die immer klima- und umweltfreundlicher als Einwegglas, selbst wenn es recycelt wird.“ Mehrwegflaschen gehören natürlich in den Pfandautomaten, nicht in den Container.

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11 Kommentare

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  • "In Deutschland wird derweil immer weniger Altglas in Containern gesammelt, statt mehr"

    Speziell in Berlin scheint Glas in erster Linie in Scherbenform auf dem Boden entsorgt zu werden.

  • Selektieren ist das eine. Und die Lesers hier sind da wohl schon Profi und versuchen schon Nachbarn zu missionieren und in allen Sprachen es zu erklären.



    Gar nicht erst konsumieren, mehrfach verwenden ist jedoch der stärkere Hebel, wenn wir schon international vergleichen.

  • Wie man vom politischen Recycling lernen kann, ist die Höhe des Anteils wiederverwendeten Verpackungsmaterials weniger entscheidend, als die Menge des recycelten Inhalts. Es kommt auf die Füllung der hohlen Falschen an. Und da macht das ewige Wiederkäuen des Nationalliberalismus von Links bis Rechts den braunen Brei im Mittel immer dicker und dicker und …

    • @Stoersender:

      ...zum übelst reichenden 💩 wird und stinkt 🤑

  • Bei uns steht seit neustem eine "Universal"-Tonne für alle Glasfarben. Der Inhalt landet ganz sicher nicht im Restmüll sondern wird wie die anderen Glascontainer abgeholt. Das Problem mit dem Falscheinwurf kann also nicht so groß sein wie hier dargestellt.



    Und bei manchen Abholfahrzeugen für die öffentlichen Container habe ich schon öfter gesehen, dass alles auf dem selben Haufen landet.



    Und dass Steingut in die Gelbe Tonne soll, war mir neu und zeigt wie doof-kompliziert die Mülltrennung gemacht wird.

    • @Mopsfidel:

      Wenn's vermischt ist, kann man's halt nicht mehr für klar durchsichtiges Glas einsetzen. Da hat der Galscontainerbetrieber vermutlich einfach resigniert, wie in der Bahn ja auch zu beobachten (Gelber-Sack-Fach weg).

      • @Janix:

        Es gibt seit einigen Jahrzehnten Firmen, welche spezielle Sortiermaschinen anbieten. Dort wird Porzellan und Steingut ebenso wie die unterschiedlichen Farben getrennt und sortiert.



        Ein Fehleinwurf muss nicht mal absichtlich erfolgen, würde dennoch einen ganzen Container Weißglas unbrauchbar machen. Und kein Glasrecyler wird es dabei dem guten Zufall überlassen, nur sortenreine Mengen geliefert zu bekommen.

        • @Mopsfidel:

          Auch hier danke für die Erläuterung.

  • Joghurtgläser und Milchflaschen gibt es als Mehrweg. Das sollte ausgeweitet werden. Spülen braucht bestimmt weniger Energie als einschmelzen.

  • Ich kenne keine Glas-Recyclinganlage, die fehlfarbene Scherben nicht automatisch aussortiert. Das heißt natürlich nicht, dass man den Klarglascontainer mit allem fluten darf, aber dass der ganze Weißglascontainer kontaminiert ist, wenn da eine braune Flasche drin ist, stimmt einfach nicht.

    • @TheBox:

      Danke, das wusste ich noch nicht. Sensortechnisch sicher zu machen, aber in der Umsetzung schon machbar?



      Trennen erspart immer noch Kosten.