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Elbtower in HamburgAm Ende zahlt wieder mal die Stadt

Jan Kahlcke

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Jan Kahlcke

Hamburgs Bürgermeister hatte beteuert, es werde keine Staatshilfen für den Elbtower geben. Nun kauft die Stadt den Mega-Wolkenkratzer zum Teil.

Die Bauruine Elbtower an den Elbbrücken: Die Stadt springt nun ein Foto: Marcus Brandt/dpa

N un also doch: Die Stadt Hamburg rettet den Elbtower. Jahrelang hatte der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) gebetsmühlenhaft beteuert, es werde keine staatlichen Finanzhilfen für das Prestigeprojekt seines Vorgängers Olaf Scholz geben. Das Bauwerk nach der Pleite des österreichischen Immobilienmoguls René Benko zu Ende zu bringen, sei Sache der Investoren, nicht der Stadt.

Inzwischen hat sich herausgestellt: Der Scholztower ist einfach nicht rentabel, sogar wenn man den Torso für einen Appel und ein Ei kriegt und ihn um ein Fünftel stutzt. Jedenfalls nicht bei der momentanen Nachfrage nach Büroflächen. Der einzig seriöse Bieter für die Bauruine, Dieter Becken, hat früh gesagt, er werde das Monstrum nur dann zu Ende bauen, wenn die Stadt einspringt.

Damals dachte man noch, es gehe bloß um die Rolle als Ankermieter, mit dem ohnehin geplanten Naturkundemuseum. Jetzt kommt es noch viel schlimmer: Die Stadt steigt nicht nur als Mieterin, sondern als Miteigentümerin ein. Fertig gebaut wird also sehr wohl – auch auf Kosten der Stadt. Man ahnt, warum der Senat den Einstieg in die Schrottimmobilie zwei Tage nach dem Klima-Volksentscheid bekannt gibt, denn das Vertrauen in Zusagen der Politik dürfte dadurch nicht gerade wachsen.

Zwar hatte Tschentscher sein Wording längst nachgeschärft, garantierte zuletzt spitzfindig, dass der Elbtower „nicht auf Kosten und Risiko der Stadt“ gebaut werde. Aber auch das ist nun Makulatur: Fast 600 Millionen Euro bleiben an der Stadt hängen.

Man ahnt, warum der Senat den Einstieg in die Schrottimmobilie zwei Tage nach dem Klimaentscheid bekannt gibt

Ob sie, trotz des Geredes vom „Festpreis“, auch mit ins Risiko geht, wird sich zeigen. Was, wenn auch das neue Investorenkonsortium in Schieflage gerät? Im ungünstigsten Fall sogar erst dann, wenn die Stadt schon zig Millionen für die Planung des Museums ausgegeben hat? Dann steht Hamburg vor der Wahl, diese Planungskosten abzuschreiben und mitten in der Stadt eine Ruine als ewiges Mahnmal der eigenen Blauäugigkeit zu ertragen – oder doch weiteres Kapital für den Bau nachzuschießen.

Völlig außer Acht bleibt bislang die Frage, ob die ja bereits gebauten unteren Etagen eines bei aller Eleganz doch eher nüchternen Büroturms für ein modernes Museum überhaupt geeignet sind. Ein Naturkundemuseum ist ja kein Selbstläufer. Denn Museen finden ihr Publikum heute am ehesten über eine spektakuläre Architektur, die ihren Inhalt versinnbildlicht. Die Chance hätte es auf einer leeren Fläche gegeben. Wenn das Naturkundemuseum stattdessen in eine bestehende Struktur gepresst wird, hat es am Ende schlechtere Erfolgsaussichten. Das kann Folgekosten bedeuten. Für die Stadt – versteht sich.

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Jan Kahlcke
Redaktionsleiter
Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück
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8 Kommentare

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  • Die Stadt? Hat die denn etwas außer Schulden? Sie meinen vermutlich den Steuerzahler. Einem sehr großen Anteil der Wahlberechtigten, die ohnehin keine Nettosteuerzahler sind, kann es also vollkommen egal sein.

  • Es ging und geht, wie bei der Elbphilharmonie, nie um ein Gebäude oder einen Nutzen für die Bevölkerung sondern darum , möglichst lange möglichst viele öffentliche Gelder in private Taschen um zu lenken. In diesem Falle werden es dann, die üblichen, völlig unerwarteten, Kostensteigerungen mitgeschätzt, mindestens 2 Mrd Euro sein. Dafür erhält Hamburg ein Museum, in dem Ausstellungen zu besichtigen sind, die nur noch ältere und ausländische Besucher*innen verstehen. Denn mangels guter Schulen in der Hansestadt, für die die nächsten 50 Jahre weiterhin zu wenig Geld da sein wird, fehlt es an der nötigen Ausbildung, die Exponate zu begreifen. Wir freuen uns auf Olafs Denkmal 2.0 und erwarten freudig ein ähnliches Szenario bei der Kühne-Oper.

    • @Anna Christl:

      Na wenigstens sind wir 5 Jahre früher klimaneutral.... :D :D :D

    • @Anna Christl:

      Wunderschöne Dystopie. Danke für die Karikatur.

  • Vielleicht kann ja eine mittelgroße Fläche im Naturkundemuseum ja für das hamburger Exponat "Olaf Scholz" genutzt werden.

    Wie man weiß, bevorzugt Olaf Scholz mittelwarme Büroräume in einer beigefarbenen Ausstattung und liebt die Umgebung von Aktenordnern



    Ich denke, er könnte zu einem recht ordentlichen Ausstellungsstück werden. Zeit hat er ja nun genug.

    Und eine Autobiografie wird er ja wohl nicht schreiben, da ihn bekanntlich sein Erinnerungsvermögen gerade bei wichtigen Dingen aus seiner Vergangenheit so oft im Stich lässt...

  • Das ist eine sehr traurige Nachricht - für die Glaubwürdigkeit der SPD, für die Strahlkraft des Evolutioneums und für die Finanzen der Stadt. Hoffentlich beendet die Bürgerschaft dieses Schauspiel. Oder wie wär's denn mit einem Volksentscheid - parallel zum Olympiaentscheid?

    • @VivaHamburgo:

      Glaubwürdigkeit der SPD, najaaa... da pfeift die Partei doch schon lange drauf. Das aktuelle Programm heisst: Wie enttäusche ich meine Wähler, lasse die kleinen Leute im Stich und wundere mich über stetig schlechter werdende Wahlergebnisse.



      Die Vorteile der Strategie leuchten mir nicht so richtig ein, aber vielleicht kann mich ja jemand belehren. Das ist nicht ironisch gemeint, sondern ganz ehrlich. Ich würde zu gerne wissen, weshalb eine Partei seit Jahrzehnten einen rückgratlosen Kurs fährt und es gleichzeitig zustande bringt, sich über die desaströsen Resultate zu wundern.

  • Wir sollten uns aber auch von der Vorstellung befreien, dass sich ein Naturkundemuseum erst in einer spektakulären Architektur, welche den Inhalt versinnbildlicht, wiederfindet. Das ist ästhetisches Geschwurbel, außerdem macht es das Ganze wesentlicht teurer und dient nur dem neuen Ferrari und Loft des Architekten. Wir haben in der Zukunft andere Sorgen.