Republikanische Vorwahlen in den USA: Gegen Donald Trump – raus

Dreimal wurde Liz Cheney in den US-Kongress gewählt. Dann stellte sie sich gegen Ex-Präsident Trump. Jetzt wird sie die Vorwahl in Wyoming verlieren.

Ein Plakat auf einem Feld: "DitchLiz". Vote for Hageman

Trumpland: Plakate gegen Liz Cheney allüberall in Wyoming Foto: Thomas Peipert/ap

NEW YORK taz | Es ist die Chronik einer angekündigten Wahlniederlage. Vor den republikanischen Pri­ma­ries, die am Dienstag in Wyoming stattfinden, hat Liz Cheney einen Rückstand von fast 30 Prozent. Wahlkampf vor Ort hat sie nicht gemacht. Wegen zahlreicher Gewaltdrohungen gegen sie war das zu gefährlich. Stattdessen konzentrierte sich die republikanische Noch-Abgeordnete auf ihre Arbeit in Washington – auf die Aufklärung über Donald Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Ihre Herausforderin in Wyoming ist eine Unbekannte, die von Trump unterstützt wird. Der Ex-Präsident rächt sich an einer, die es wagt, ihn zu kritisieren.

Das ländliche Wyoming ist einer der konservativsten Staaten der USA. Es schickt seit vier Jahrzehnten ausschließlich Republikaner in den Kongress. Wer die republikanischen Vorwahlen gewinnt, hat den Wahlsieg in der Tasche. Die Cheneys sind in Wyoming alteingesessene politische Stars. Der Vater, Dick, war Vizepräsident unter George W. Bush. Die Tochter Liz ist dreimal in Folge gewählt worden. Sie ist eine Konservative nach dem örtlichen Mehrheitsgeschmack: gegen Abtreibungen, gegen die Einbürgerung von Papierlosen, gegen die Gesundheitsreform von Barack Obama und für das Recht auf Schusswaffen.

Im Jahr 2013 äußerte sich Liz Cheney auch gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, was zu einem bitteren öffentlichen Streit mit ihrer Schwester Mary führte, die kurz vorher eine Frau geheiratet hatte. Inzwischen hat Liz Cheney ihre Position in dieser einen Frage geändert.

Auch Trump hat in ­Wyoming eine Hochburg. Im November bekam er dort 70 Prozent der Stimmen, in manchen Wahlkreisen gar über 90 Prozent. Nachdem aber insgesamt Joe Biden gewonnen hatte, begann der scheidende Präsident mit seinem Gerede von „gestohlenen Wahlen“. Und bei Liz Cheney, die bis dahin bei 93 Prozent aller Abstimmungen für seine Projekte gestimmt hatte, bahnte sich ein Sinneswandel an. Mit dem Sturm auf das Kapitol wurde sie zu der prominentesten trumpkritischen Stimme in ihrer Partei.

Eine, die spricht, während ihre Parteifreunde schweigen

Nachdem Cheney noch beim ersten Mal gegen eine Amtsenthebung von Trump gestimmt hatte, befürwortete sie die zweite, die nach dem Sturm aus das Kapitol stattfand. Sie war eine von nur sieben Republikanern im Repräsentantenhaus, die den Mut dazu aufbrachten. Für fast alle hat das ihre politischen Karrieren beendet.

Als der Trump treu ergebene Republikaner Jim Jordan ihr während des Sturms im belagerten Kapitol die Hand hinhielt, soll Liz Cheney mit den wütenden Worten abgelehnt haben: „Ihr habt das verdammt noch mal gewollt.“

Seither ging sie viele Schritte weiter. In einer Mainacht 2021 trat Liz Cheney ganz in Schwarz gekleidet vor das Mikrofon des fast menschenleeren Repräsentantenhauses und hielt eine Rede über die Bedrohungen von Freiheit und Demokratie, „wie Amerika sie nie zuvor erlebt hat“. Sie sagte: „Die Wahlen sind vorbei.“ Und kündigte an, dass sie nicht schweigend zuschauen werde, wie „Mitglieder meiner Partei die Rechtsstaatlichkeit ­zerstören“.

Fast alle Führungsmitglieder ihrer Partei zogen den Kopf ein, schwiegen und ließen Trump weiter lügen. Fraktionschef Kevin McCarthy pilgerte nach Mar-a-Lago. Die republikanische Fraktion im Repräsentantenhaus entzog Liz Cheney ihre Parteiämter. Als McCarthy den Sonderausschuss zum 6. Januar ablehnte, war für die meisten republikanischen Abgeordneten klar, dass sie dessen Arbeit sabotieren würden.

Lob für Cheney von Demokraten und Medien

Aber Liz Cheney sowie ein zweiter Republikaner, Adam Kinzinger, traten dem Ausschuss bei. Auch Kinzinger hat Morddrohungen erhalten – gegen ihn, seine Frau und seine Kinder. Auch seine Karriere ist vorbei.

Im Ausschuss wurde Cheney Vize-Vorsitzende. Und die vermutlich wichtigste Person. Sie holte Ex-Mitarbeiter des Weißen Hauses als Zeugen, darunter mehrere junge Frauen, deren Mut und Patriotismus sie ausführlich lobte. Sie war es, die Trumps Versuche der Zeugeneinschüchterung enthüllte. Und sie öffnete Gesprächskanäle mit hochrangigen Republikanern und ehemaligen Trump-Mitarbeitern.

Die live im Fernsehen übertragenen Hearings gaben Cheney eine nationale Bühne. Sie nutzte sie. Sprach von Moral und von der Verfassung und davon, dass eine Lüge eine Lüge ist, auch wenn sie politisch opportun erscheint. In einer ihrer Ansprachen richtete sie sich „an die jungen Frauen“. Ihnen sagte sie: „Die Welt wird hauptsächlich von Männern regiert. Und es läuft nicht wirklich gut.“ Oft klang sie, als bereite die 56-Jährige aus dem Ausschuss heraus bereits eine Karriere für die Zeit nach ihrer Wahlniederlage in Wyoming vor.

US-Medien reagierten beeindruckt. Die Demokraten im Ausschuss lobten die Republikanerin vielfach. „Sie hat die Demokratie gerettet“, sagte Elaine Luria, Ausschussmitglied und Demokratin aus Virginia.

Ex-Präsident George W. Bush dankte seinem Ex-Vizepräsidenten für den „Dienst seiner Tochter“. Dick Cheney selbst veröffentlichte wenige Tage vor den Primaries ein Video, in dem er zur Wahl seiner Tochter aufruft und ihr Ansinnen, zu „verhindern, dass Trump je wieder in die Nähe des Oval Office kommt“, zu der wichtigsten Sache ihres Lebens erklärt.

Aber an der republikanischen Basis ist die Stimme von Trump stärker. Für die meisten Teilnehmer eines republikanischen Rodeo-Festivals in Wyoming, wenige Tage vor den Primaries, ist Cheney im besten Fall eine „Peinlichkeit“, für andere eine „Verräterin“. Ihre Herausforderin Harriet Hageman hat für Dienstagabend bereits eine Siegesfeier in Cheyenne organisiert.

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