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Repressionen der iranischen SittenpolizeiBaerbock kündigt EU-Sanktionen an

Die Europäische Union reagiert mit Sanktionen auf die jüngsten Ereignisse in Iran. Ins Visier genommen wird die Sittenpolizei.

Annalena Baerbock und die Schauspielerin Pegah Ferydoni zeigen Solidarität mit den Frauen in Iran beim Grünen-Parteitag Foto: Kay Nietfeld/dpa

Luxemburg dpa | Die EU wird nach Angaben von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Sanktionen gegen die iranische Sittenpolizei verhängen. Ziel sei es, die Verantwortlichen für brutale Verbrechen an Frauen, Jugendlichen und Männern zur Verantwortung zu ziehen, sagte die Grünen-Politikerin am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg.

Die Betroffenen sollten nicht mehr in die EU einreisen dürfen. Zudem können auch Vermögen eingefroren werden.

Hintergrund des Vorgehens der EU ist die jüngste Unterdrückung von Protesten im Iran. Sicherheitskräfte waren zuletzt brutal gegen Menschen vorgegangen, die landesweit gegen den repressiven Kurs der Regierung, den Kopftuchzwang sowie das Herrschaftssystem demonstrieren.

Auslöser der Proteste ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die junge Frau war am 16. September unter ungeklärten Umständen gestorben, nachdem sie wegen ihres angeblich „unislamischen Outfits“ von der Sittenpolizei festgenommen worden war. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Baerbock sagte am Montag, im Iran würden Frau, die ohne Kopftuch aus dem Haus gehen oder abends gemeinsam singen und tanzen wollten, dafür verprügelt und zum Teil umgebracht. Es gehe um Verbrechen gegen Jugendliche, Kinder und Frauen, „die nichts anderes wollen, als in Frieden und in Freiheit zu leben“.

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8 Kommentare

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  • Das erinnert mich an die vorherige Regierung: Erst mal ein paar Sanktiönchen und ein erhobener Zeigefiger mit einem 'Du Du Böser' und dann abwarten.

    Dann erdreistet sich Baerbock den unsinnigen Begriff 'Feministische Aussenpolitik' zu verwenden. Was all die Wortschöpfer mit dem Begriff auch immer meinen, ist unschwer zu erraten. Aber Aussenpolitik soll Außenpolitik für alle sein - und nicht etwa nur für Männer oder Frauen.

    Hier böte sich die Gelegenheit wirklich unterdrückten Frauen durch wirkungsvolle Sanktionen zu unterstützen. Der oben erwähnte erhobene Finger hilft jedenfalls nichts, denn die extremistischen Revolutionsgarden wollen doch eh nicht nach Deutschland einreisen.

    Man stelle sich einmal vor, ein Land wollte 'Maskuline Außenpolitik' machen. Der berechtigte Protest wäre in seiner Heftigkeit kaum vorstellbar.

  • Ich könnte mich hier wieder über die übliche Doppelmoral ereifern, aber um auch einmal einen anderen Punkt zu machen: mir fehlt hier die politische Klugheit. Die Sanktionen zu verschärfen und eventuell sogar die Verhandlungen über das Atomprogramm abzubrechen, mag den heimischen Stammtisch befriedigen, ich wage aber zu bezweifeln, dass es unseren Interessen dient. Das einzige, was man auf diesem Wege erreicht, ist den Iran weiter in den russischen und chinesischen Einflussbereich zu stoßen. Warum das ein Problem ist (gerade in einer Zeit, in der auch die Beziehungen zur Türkei schwierig sind), kann man mit einem Blick auf einen Globus erkennen.

    • @O.F.:

      Sie meinen also, man soll einfach munter weiter Geschäfte machen, während Tag für Menschen geschlagen, verhaftet, gefoltert und ermordet werden.

      Und damit den Mullahs signalisieren, dass es sich ja nur um eine innere Angelegenheit des Landes handelt.

      Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

      Die Moderation

      • @Jim Hawkins:

        Bitter:

        》Bei den Menschenrechtsverletzungen in Iran unternimmt die EU nichts, was den Machthabern weh tun würde. Nur falls sich herausstellt, dass das Regime Russland hilft, soll es Konsequenzen geben. Offener könnte die EU nicht zeigen,dass ihr die iranische Zivilbevölkerung schnurz ist.《

        》"Iran sanctions" trendet nur im Zusammenhang mit der Ukraine. Alles, was die EU ab jetzt über die Bedeutung von Frauenrechten im sogenannten Nahen Osten sagt, kann getrost ignoriert werden《

        Die Taz-Autorin Gilda Sahebi auf Twitter



        mobile.twitter.com/gildasahebi

        Oder hier:

        www.instagram.com/...gshid=YmMyMTA2M2Y=

      • @Jim Hawkins:

        "Anschließe mich!" (Lo&O;)

        Das Thema Sanktionen wird übrigens (auch zu Ihrem anderen Kommentar) in dieser www.change.org/p/o...erin-frau-baerbock an Außenministerin Baerbock gerichteten Petition interessant differenziert:

        》... dass die Bundes Republik Deutschland sich dafür einsetzt, dass die Atomverhandlungen nicht um jeden Preis fortgeführt werden, sonderndie Achtung der Menschen- und Bürgerrechte im Iran die Voraussetzung der Atomverhandlungen werden.[...]

        In den letzten Monaten haben sich neue Strukturen aus der Bewegung herausgebildet. Um diese Strukturen und den Menschen zu helfen, müssenSanktionen, die willkürlich jeden Iraner oder Iranerin treffen und schwächen, wie z.B der Swiftausschluss, aufgehoben werden. [...]

        Der Zugang der Menschen im Iran zum Internet muss mit demEinsatz von Hard- und Software und von VPN-Strukturen unterstützt werden. [...]

        GezielteSanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen gegen die Regimemitglieder und den Unterdrückungsapparat, die Polizei, die Revolutionsgarden, die Miliz, den Geheimdienst und den Justizapparat.So z.B. Einreiseverbot für hochrangige Mitglieder dieser Organe, das Einfrieren der Konten in der EU. [...]

        dass Sie sich fürdie juristische Ahndung der Menschenrechtsverletzungenvor den nationalen sowie internationalen Gerichten einsetzen《

        Und wichtig bleibt m.E., weiter Sichtbarkeit herzustellen, etwa wie in diesen Clips, in denen sich Schauspieler*innen "nur" eine kleine Strähne ihres Haars abschneiden (wie es vielleicht auch "nur" eine kleine Strähne war, die unter ihrem Kopftuch hervorgesehen haben mag, die Jina Amini zum Verhängnis wurde), hier www.instagram.com/...gshid=YmMyMTA2M2Y= und hier www.instagram.com/...gshid=YmMyMTA2M2Y= (von denen viele zu den Erstunterzeichner*innen der Petition oben gehören)

        "Signalisieren" trifft es - von der öffentlichen Geste bis hin zu gezielten Sanktionen: Schluss!

        • @ke1ner:

          Cooles Zitat.

          Wer ist dieser "Lo & O"? :-)

          Ich bin technisch leider ziemlich untalentiert, aber ich habe auf einer Solidaritätsseite diese Möglichkeit hier gefunden, mit Snowflake einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Netzkommunikation im Iran zu leisten.

          iranprotestsgerman...r-freies-internet/

          Ich bin der Anleitung einfach mal gefolgt und habe den Schalter auf aktiv gestellt.

          Vielleicht kann ein technisch Berufener etwas dazu sagen.

          • @Jim Hawkins:

            Toller link, vielen Dank! Vielleicht noch ein Zitat daraus: 》Das Internet im Iran wird derzeit von der Regierung eingeschränkt um zu verhindern, dass sich der Protest organisieren kann. Es ist jedoch möglich, Menschen mit zensiertem Internet zu helfen, ohne dabei selbst rechtliche Risiken einzugehen.

            Dazu bestehen mehrere Möglichkeiten. Die einfachste ist, seinen Browser als Proxy (Zwischenstation) bereitzustellen, und so Menschen eine Chance zu geben, die Internetsperren über dasTor-Netzwerkzu umgehen [...]《 iranprotestsgerman...r-freies-internet/ (doppelt hält besser)

            P.s. Kleiner Tipp: 'diese*r "Lo & O"' (mal sehen, ob's wirkt...;)

  • Sanktionen gegen die Sittenpolizei?

    Damit die nicht mehr zur Sommerfrische nach Baden-Baden fahren können?

    Die Sanktionen müssen den gesamten Herrschaftsapparat treffen.



    Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner des Iran. Das ist ein Teil des Problems.