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Halbleiter in der AutomobilbrancheOhne Chips nix los

In Europa stehen Fabriken still, weil Halbleiterchips fehlen. Lagerbestände gibt es kaum. Vor allem die Autoindustrie ist betroffen.

Halbleiter des Hersteller Infineon Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago

Es sind nur winzige Plättchen, doch aus der modernen Welt sind sie nicht mehr wegzudenken. Denn sie stecken in Autos, Smartphones, Spiele­konsolen, selbst in Kühlschränken und Sexspielzeug. Die Rede ist von Halbleiterchips – und derzeit mangelt es weltweit an ihnen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind gravierend.

Wer derzeit einen Geschirrspüler oder eine Waschmaschine von Miele haben will, muss sich auf mehrere Wochen Wartezeit einstellen. Apple liefert aufgrund von Chipmangel weniger iPhones aus. Viele Einzelhändler sehen bereits das Weihnachtsgeschäft bedroht.

Der Chipmangel werde das Geschäft mit Elektronikprodukten noch längere Zeit belasten, sagt auch der Chef des Düsseldorfer Handelskonzerns Ceconomy, Karsten Wildberger. Zu Ceconomy gehören die Marken Mediamarkt und Saturn.

Besonders der Automobilindustrie macht der Halbleitermangel zu schaffen. Aufgrund des globalen Chipmangels hat der europäische Autohersteller Stellantis ein Opel-Werk bis Jahresende schließen lassen. Rund 1.300 Mitarbeiter sind betroffen. Auch Renault baut wegen fehlender Mikrochips eine halbe Million Autos weniger. Volkswagen und Daimler berichten von ähnlichen Zahlen.

Im Oktober sind in Deutschland die Pkw-Zulassungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 35 Prozent auf rund 179.000 Fahrzeuge gefallen. Der Chef des Autozulieferers Continental, Nikolai Setzer, geht davon aus, dass der Halbleitermangel bis weit ins nächste Jahr anhalten wird.

In Europa werden wenig Mikrochips produziert

Schon bei neuen Verbrennerfahrzeugen werden jede Menge Chips verbaut. Für batteriebetriebene Autos werden jedoch noch mehr elektronische Bauteile benötigt. Bei der Autoindustrie kommt hinzu, dass viele Hersteller zu Beginn der Coronapandemie mit einer Absatzschwäche rechneten und voreilig Bestellungen stornierten. Als sie dann umsteuern wollten, war es zu spät. In Zeiten der Just-in-time-Produktion haben es die Hersteller versäumt, Lagerbestände aufzubauen.

Doch auch andere Branchen wie etwa die Konsumelektronik sind massiv betroffen. Halbleiter werden im Zuge der Energiewende auch für Windräder, Solaranlagen und Smart-Grid-Lösungen benötigt. Der Bedarf an Halbleitern hat sich aber in ziemlich allen Bereichen erhöht.

Ein wesentlicher Grund des für viele europäische Unternehmen dramatischen Mangels ist die Abhängigkeit von Ostasien und den USA. Nur noch zehn Prozent aller Halbleiter weltweit werden in Europa hergestellt. Unter den zehn größten Chipproduzenten gibt es nur einen aus Deutschland: Infineon.

Weltweite Lieferengpässe im Zuge der Pandemie haben das Problem verschärft. Vor allem China hält an seiner Zero-Covid-Strategie fest. Im Spätsommer führte nur ein (!) Coronafall dazu, dass die chinesischen Behörden einen der größten Häfen der Welt für mehrere Tage lahmlegten. Der weltweite Containerrückstau hält bis heute an.

Es mangelt auch an Maschinen

Die EU-Kommission und auch die noch amtierende Bundesregierung haben das Problem erkannt und erklärt, dass sie die Chipherstellung wieder verstärkt nach Europa holen wollen. Doch das wird dauern. Nicht nur haben die Europäer sich allzu lange auf das Funktionieren der Lieferketten verlassen. Sie haben auch das technische Wissen darüber nicht mehr ausreichend gepflegt. An den kleinsten und schnellsten Chips arbeiten Taiwaner, Südkoreaner und Chinesen. Sie sind kaum bereit, ihr Wissen zu teilen.

Um selbst die größeren Halbleiter in großer Zahl herzustellen, werden hochspezialisierte Maschinen benötigt, die derzeit ebenfalls Mangelware sind. Und selbst wenn Personal und die entsprechenden Instrumente vorhanden wären, würde es Jahre dauern, neue Halbleiterfabriken hochzuziehen.

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14 Kommentare

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  • Wenn ich mich recht erinnere war von der Chipknappheit schon Anfang 2020 berichtet worden.



    Ob das mit der Theorie über Chips in den Corona-Impfungen zu tun haben könnte kann ich hier nicht bestätigen.

    Eine andere Erinnerung hat sich auch bei mir wieder gemeldet. War da nicht, irgendwann im Zuge der blühenden Landschaft in oder um Dresden, von einer AMD-Chip-Produktion berichtet worden. So mit Zonenziehen und Dotierung und Reinstraum? Was macht Bosch in oder um Dresden?

    Wenn sich die (OEM) Produktion in China und Taiwan tummelt, was ist dann geostrategisch von Chinas Streben nach Wiedervereinigung zu erwarten?

    • @Mr.Henry:

      Globalfoundaries (ex AMD) ist in Dresden spezialisiert auf Prozesse mit Siliziumoxid-Isolation und Bosch ist spezialisiert auf bestimmte Sensorikchips wie Beschleunigungsmesser und so.

      Stellen also beide keine "normalen" Chips her, sondern sind auf Chips mit bestimmten Eigenschaften spezialisiert. Weil es sich sonst nicht rentiert.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @danny schneider:

        Klar, aber nichtverkaufte Autos wegen Chipmangel rentiert sich blendend, oder?

  • Bezogen auf den Rückgang wie in der Autoproduktion ist das eine gute Sache. Das bedeutet weniger Ressourcen-/Energieverschwendung und Treibhausgasemissionen.

    • @Uranus:

      und die Leute die dort arbeiten sind scheißegal oder wie?

      • @danny schneider:

        Das will ich damit nicht sagen. Gut wären folgende Entwicklungen:



        *hoher Organisierungsgrad der Arbeiter*innen (Gewerkschaft)



        *zukunftsgewandte Gewerkschaften und Arbeiter*innen, die politisch sozial-ökologisch orientiert handeln - für eine Transformation weg vom Autoverkehr hin zum Kollektivverkehr sei es innerhalb des Betriebs, branchenweit (als Gewerkschaft) sowie als Wähler*innen, Gewerkschaften als auf Wahlen einflussnehmende Institutionen



        * mehr Menschen, die in Machtkonzentrationen (Oligopole, Monopole, Kapital, Reichtum usw.) und Herrschaftsausübung (Regierungs- und Unternehmenspolitik) ein gravierendes Problem sehen und dagegen opponieren. Die Autobranche machte ja zuvor Gewinne, schickte Arbeiter*innen auf Staatskosten in Kurzarbeit, schüttete dennoch massig Dividenden an Aktionär*innen aus usw.usf.

      • @danny schneider:

        Die Leute haben dann mehr Freizeit oder können sich umorientieren und irgendwas nachhaltiges arbeiten.

  • "In Europa werden wenig Mikrochips produziert"

    "Ein wesentlicher Grund des für viele europäische Unternehmen dramatischen Mangels ist die Abhängigkeit von Ostasien und den USA."

    Das ist Blödsinn! Selbst wenn man hier Standorte hätte, warum sollte man hier ordern wenn es in Ostasien billiger ist (Taiwan fördert seine einzige große Industrie mit Milliarden!!!). Und dann kann man auch nicht einfach so einen Chip mal eben woanders produzieren lassen. Da gibt es technische und patentrechtliche Randbedingungen die hier zu erklären das Verständnis der Massen überschreiten würde.

    "An den kleinsten und schnellsten Chips arbeiten Taiwaner, Südkoreaner und Chinesen. Sie sind kaum bereit, ihr Wissen zu teilen."

    die Maschinen dafür kommen aus Europa und ja auch dieses Wissen ist hier vorhanden. Also reiner Blödsinn diese Aussage. Chipdesign und Chipfertigung sind 2 ganz unterschiedliche Dinge.

    "Um selbst die größeren Halbleiter in großer Zahl herzustellen, werden hochspezialisierte Maschinen benötigt, die derzeit ebenfalls Mangelware sind. Und selbst wenn Personal und die entsprechenden Instrumente vorhanden wären, würde es Jahre dauern, neue Halbleiterfabriken hochzuziehen."

    Das ist gar nicht das Problem! Wir hatten übrigens mal mehr Anlagen. Es ist halt hier nur nicht wirtschaftlich, so lange es in Ostasien billiger ist. Eine Chipfabrik ist nun mal ein Chemiewerk mit Reinsträumen. PS Hausnummer: Bau einer Fabrik: ~ 5 Jahre.

    Der Artikel strotzt vor Fehlern. Das größte Problem sind unsere Manager: falsches Einkaufen und keine Lager mehr. Das was wir hier sehen sind eine Kombination von Just in Time + Missmanagement. Brave new World.

    Und die Automobilindustrie in Deutschland war halt besonders dämlich (aber gut im laut jammern)

    • @danny schneider:

      Kleine Ergänzung: Was macht man wenn die Automobiler die Chips die auf alten Maschinen mit kleiner Gewinnmarge laufen abbestellen wie in 2020? Genau: Maschine verschrotten, Personal zu den Maschinen verlagern die Gewinn machen (neue Chips für den Consumer/PC Markt), neue Maschine bestellen und den alten Produktionsbereich dafür vorbereiten.



      Oder man behält die Maschine wenn man dafür andere Kunden hat.

      Man kauft auch keine neuen Maschinen auf Vorrat um dann in 3-4 Jahren massive Überkapazitäten zu haben. Nur wenn die Nachfrage größer den Angebot ist macht man gute Gewinne.

      Wenn jetzt die Automobiler wieder bestellen: dann kann man halt nicht fertigen.

  • 7G
    7363 (Profil gelöscht)

    ... Ausreichend. Dinge durcheinander bringen und angebliche Zusammenhänge aufzeigen wo keine sind, und sich auch sowieso im Artikel nicht wirklich mit Details, Logik oder Quellennennung oder sonstigem zu befassen ist journalistisch eher kontraproduktiv.

  • 7G
    7363 (Profil gelöscht)

    > An den kleinsten und schnellsten Chips arbeiten Taiwaner, Südkoreaner und Chinesen. Sie sind kaum bereit, ihr Wissen zu teilen.

    Ohne auf Details einzugehen meinerseits - ich bin selber vom Fach. Aber ich wäre *sehr* neugierig zu wissen worauf der Autor sich hier bezieht.

    Insgesamt bin ich etwas irritiert von dem Zusammenhängen und Schlüssen (auch zwischen Hafenschließung und Containerrückstau) die der Autor hier zeichnet über die eigentliche sachliche Berichterstattung - eine solche wäre nämlich aus

    • @7363 (Profil gelöscht):

      „ Insgesamt bin ich etwas irritiert von dem Zusammenhängen und Schlüssen (auch zwischen Hafenschließung und Containerrückstau)“

      Durch die großen Häfen werden derartige Massen geschleust, wenn ein solcher Hafen nur einige Tage komplett ausfällt, dann stauen sich dort viele volle Container, anderswo fehlen leere Container, auf See stauen sich die Schiffe, die dann nach Wiedereröffnung oft noch lange warten müssen und die brauchen dann Wochen bis Monate um in ihrem langfristigen Fahrplan wieder aufzuholen. Wenn sich die Schiffe auf See stauen, dann bekommt irgendwer an Land seine Zubehörteile nicht und kann nicht produzieren, dann fehlt das nicht produzierte Produkt wieder irgendwem, usw…

      Am fraglichen Hafen Ningbo-Zhoushan werden TÄGLICH ca. 75.000 TEU umgeschlagen, das entspricht 37.500 der ganz großen Seecontainer. Würde man die stapeln ergäbe das einen Turm der 97.100m hoch wäre. Stellte man sie der Länge nach aneinander eine Strecke von 484km (Nürnberg-Berlin über Autobahn ca. 440km). Würde man die ganz platzsparend aneinander stellen, dann könnte man damit Berlin-Kreuzberg in 10 Tagen komplett bedecken.

      Feine Sache diese Globalisierung…

      • 7G
        7363 (Profil gelöscht)
        @Nafets Rehcsif:

        Auch sie würfeln hier lauter Dinge durcheinander raus. Ohne wirklich kausalitäten klar zu durchschauen. Mein Kommentar zielte darauf, dass der Containerrückstau ja vielmehr dadurch zu Stande kommt, dass der Warenverkehr einseitig unausgeglichen viel mehr von China nach anderswo geht als umgekehrt. Dass nun minimale Störungen dieses Grundübel aufzeigen ist was wir jetzt sehen. Auf die Mengen anzahlen die sie zur Verwirrung nennen kommt es auch garnicht an im absoluten, sondern die relation von rein/raus.

        • @7363 (Profil gelöscht):

          Wieso sollte das zu einem Stau führen, selbst wenn Sie recht hätten, dann würde man einfach leere Container in eine Richtung transportieren. Niemand käme auf die Idee die Schiffe in die eine Richtung leer fahren zu lassen und den Welthandel dann durch Containermangel zu kippen.

          In der Theorie müßte es auch hierzulande einen Containerstau geben, da ja auch wir einen Handelsüberschuß haben.

          In den USA müßten sich die Container dann Wohl flächendeckend meterhoch stapeln bei dem Handeldefizit…