Rekommunalisierung in Braunschweig: Vorerst gescheitert

Der Braunschweiger Rat will den Vertrag mit der Firma Alba zur Stadtreinigung verlängern. Eine Minderheit findet das riskant und teuer.

Vier Mülltonnen, eine davon übervoll

Hier geht nie die Arbeit aus: Müllentsorgung Foto: Fabian Strauch/dpa

HAMBURG taz | Die „Fraktion.BS“ im Rat der Stadt Braunschweig, die aus Vertretern der Linken, der Partei und von Volt besteht, will die Stadtreinigung in Braunschweig rekommunalisieren. Das sei besser für die Stadt als der gegenwärtige Vertrag mit der privaten Entsorgungsfirma Alba.

Dabei verweist die Fraktion auf ein Gutachten, das die Stadtverwaltung zur anstehenden Vertragsverlängerung hat anfertigen lassen. „Neu ist, dass selbst die Gutachten zur Betrachtung der Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Handlungsoptionen inzwischen zu dem Ergebnis kommen, dass eine Rekommunalisierung wirtschaftlich die günstigste Form sei“, heißt es in einer Pressemitteilung der Fraktion.BS.

Die Stadt hat die Stadtreinigung – und damit die Zuständigkeit für die Abfallwirtschaft, die Straßenreinigung und den Winterdienst – im Zuge einer Privatisierungswelle ab dem Jahr 2002 verkauft. Der damalige Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) verkaufte reihenweise städtische Betriebe, um die Schuldenlast zu drücken und einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können. Allerdings ergab ein Gutachten, das Hoffmann selbst in Auftrag gegeben hatte, dass das auf lange Sicht ein schlechtes Geschäft war.

Braunschweig hat einen Minderheitsanteil an der Stadtreinigung bereits im Jahre 2000 verkauft, den Rest dann 2004. Alle fünf Jahre kann die Stadt den Leistungsvertrag mit zwei Jahren Vorlauf kündigen, das nächste Mal zum Ende diesen Jahres.

Am heutigen Dienstag soll der Rat eine Vorlage beschließen, nach der auf eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt verzichtet werden soll. Der Beschluss soll aber nur wirksam werden, wenn sich die Stadt mit Alba über die Grundstücke einig wird, die sie an die Alba Braunschweig für den Betrieb der Stadtreinigung überlassen hat.

Laut einem Gutachten war der Verkauf auf lange Sicht ein schlechtes Geschäft

Im Finanz- und Personalausschuss hat nur Udo Sommerfeld von der Fraktion.BS gegen die Vorlage gestimmt. Ihm ist der Beschluss zu unkonkret. „Da steht nur drin, wir machen irgendwas“, kritisiert er. Das könne alles oder nichts heißen.

„Der Beschluss beinhaltet, dass bis Ende des Jahres einiges zu klären ist“, räumt Frank Flake (SPD), der Vorsitzende des Finanz- und Personalausschusses, ein. Das sei aber nach 20 Jahren Vertragslaufzeit auch kein Wunder.

Sommerfeld stimmt sorgenvoll, dass die Alba Braunschweig, die Grundstücke an eine andere Gesellschaft im Alba-Konzern verkauft hat, ohne die Stadt vorher darüber zu informieren. Dabei hatte die Stadt 2000 mit Alba vereinbart, dass die Grundstücke nach Auslaufen des Leistungsvertrages an die Stadt zurückfallen sollen.

Letzteres solle der zweite Teil des Beschlusses gewährleisten, indem das Rückkaufsrecht im Grundbuch abgesichert wird, versichert Flake. Die Stadtverwaltung will sich darüber im Grundsatz mit Alba bereits verständigt haben. Das Gleiche gelte für die Übernahme der Lasten, die sich aus der Alterszusatzversorgung der nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes beschäftigten Mitarbeiter ergeben.

Mit Blick auf das von der Fraktion.BS herangezogene Vergleichsgutachten räumt Flake ein, dass ein kommunaler Eigenbetrieb aus steuerlichen Gründen günstiger wirtschaften könnte als eine private Firma. Das sei jedoch mit Blick auf das Jahr 2025 nicht relevant, weil die Stadt binnen zwei Jahren keinen Eigenbetrieb auf die Beine stellen könnte, selbst wenn sie es wollte.

Anders sehe das mit Blick auf das Jahr 2030 aus. Schon aus vergaberechtlichen Gründen müssten die Leistungen der Stadtreinigung dann neu ausgeschrieben oder eben in kommunaler Regie erbracht werden.

Auch Lisa-Marie Jalyschko von den Grünen kann die Kritik der Fraktion.BS nachvollziehen. Eine Kündigung jetzt wäre aus ihrer Sicht aber riskant. Eine grundsätzliche Weichenstellung brauche Zeit. „Für eine konzeptionelle Neuausrichtung reichen zwei Jahre nicht aus“, warnt Jalyschko.

Sommerfeld dagegen kommt das arg bekannt vor. „Vor fünf Jahren war es das gleiche Spiel“, sagt er. Fünf Jahre sei Zeit gewesen für eine fachliche Vorbereitung. Aber offenbar wollten die anderen Fraktionen die Zusammenarbeit mit Alba bis zum Ende ausreizen. Das Schlimmste für ihn wäre eine Neuausschreibung in fünf Jahren.

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