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Reiseveranstalter FTI insolventErneut Reiseriese pleite

Europas drittgrößter Reiseveranstalter FTI meldet Insolvenz an. Zehntausende Urlauber sind betroffen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Und wie sollen wir jetzt Urlaub machen? Pauschalurlauber:innen-Strand am Mittelmeer Foto: imago

Warum ist FTI in Schieflage geraten?

Schon in der Coronakrise stand der Münchner Reisekonzern finanziell am Abgrund. Der Bund half dem Unternehmen seinerzeit mit Darlehen in Höhe 595 Millionen Euro über die Runden. Davon hat FTI bislang nur einen zweistelligen Millionenbetrag zurückbezahlt. Vor einigen Wochen gab es erneut einen Hoffnungsschimmer für Europas hinter TUI und DER-Touristik drittgrößten Reisekonzern. Der US-Investor Certares wollte die Gruppe übernehmen und mit frischem Kapital ausstatten. Doch auch daraus wurde nichts. Auch der Bund lehnte erneute Hilfen ab. Seine erste Hilfsaktion für FTI könnte sich für die Steuerzahler als teuer erweisen, denn eine Rückzahlung des Darlehens erscheint aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Mit der Insolvenz rächt sich nach Einschätzung von Experten die Geschäftsstrategie von FTI, die auf knapp kalkulierte Urlaubsangebote setzte. Das brachte insgesamt zu wenig ein.

Wer haftet für entstandene Schäden?

„Reisende, deren Pauschalreise ausfällt, egal ob morgen oder im Laufe des Jahres, haben einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Reisepreises“, sagt Alina Baumann von der Verbraucherzentrale NRW, „darunter fallen zum Beispiel auch Anzahlungen“. Es ist davon auszugehen, dass Kunden bereits geleistete Zahlungen ohne Leistung zurückerhalten. Auch Urlaubende, die unterwegs sind und womöglich Hotel oder Flug aus eigener Tasche bezahlen müssen, bekommen Auslagen zurück. Denn für Pauschalreisen gilt eine Pflicht zur Insolvenzversicherung über den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF). An diesem Fonds müssen sich alle Veranstalter mit mehr als 10 Millionen Euro Umsatz beteiligen. Jeder Kunde erhält bei der Buchung einen Sicherungsschein dafür.

War das schon immer so?

Nein. Das ist eine Folge der Pleite von Thomas Cook 2019. Damals reichte die Haftungssumme der Versicherung des Reisekonzerns bei Weitem nicht aus, alle Kunden zu entschädigen. Der Staat sprang ein. In der Folge wurde ein gesetzlich vorgeschriebener Sicherungsfonds eingerichtet, in den alle Veranstalter bis Ende 2026 insgesamt 750 Millionen Euro einzahlen müssen. Der Fonds verfügt nach Branchenangaben bereits über die gesamte Summe. „Der DRSF wird im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags dafür sorgen, dass geleistete Zahlungen erstattet werden“, erklärte der Fonds. Er werde sich hierzu mit betroffenen Verbrauchern in Verbindung setzen. Zum Vergleich: Der Schaden bei der Pleite von Thomas Cook belief sich auf rund 290 Millionen Euro zuzüglich rund 60 Millionen Euro für den Rücktransport von Urlaubern. Die Versicherung gilt nur für Pauschalreisende. Wer nur zum Beispiel einen Mietwagen gebucht hat, bleibt möglicherweise auf seinem Schaden sitzen.

Wie geht es jetzt weiter?

Zunächst wird ein Insolvenzverwalter bestellt, der das weitere Vorgehen festlegt. Ab sofort will der DRSF sich darum kümmern, die FTI-Kunden aus den Zielorten wieder zurückzubringen. Das soll gemeinsam mit FTI organisiert werden. „Ferner sollten Reisende die Informationen des Anbieters verfolgen“, rät Expertin Baumann. Offen ist auch, wie es für die Beschäftigten des Konzerns weitergeht. 11.000 Mitarbeiter bangen um ihren Job.

Welche Unternehmen sind von der Insolvenz betroffen?

Nach Angaben von FTI sind mehrere Marken des Unternehmens ebenfalls pleite. Neben FTI in Deutschland, Österreich und den Niederlanden geht es um „5vorFlug“, „BigXtra“ und die Autoverleiher „DrivFTI“ sowie „Cars und Camper“. Nicht betroffen sind Reisende, die ihren Urlaub über FTI bei anderen Veranstaltern gebucht haben.

Finden bereits gebuchte Reisen noch statt?

„Noch nicht begonnene Reisen werden voraussichtlich ab Dienstag, den 4. Juni 2024, nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt werden können“, kündigte FTI an. Wie es weitergeht, entscheidet der noch nicht bestellte Insolvenzverwalter. Wer erst in den Sommermonaten mit dem Unternehmen verreisen wollte, sollte sich besser schon einmal um eine Alternative kümmern.

Haben Arbeitnehmer ein Recht, ihren Urlaub wegen der Pleite zu verschieben?

Das ist nicht der Fall. Sollten die Reisepläne nachhaltig durcheinander geraten, können Betroffene – wenn es überhaupt möglich ist – nur auf die Kulanz des Arbeitgebers hoffen.

Was können Urlauber tun, die derzeit mit FTI in den Ferien sind?

Man arbeite „mit Hochdruck“ daran, dass „bereits angetretene Reisen auch planmäßig beendet werden können“, teilte FTI mit. Geschätzt 65.000 Kunden sind momentan am Urlaubsort von der Pleite betroffen. Bei der Pleite von Thomas Cook hatten sich Hotels aus Angst vor Zahlungsausfällen geweigert, Cook-Gäste weiter zu beherbergen. FTI hat eine Hotline eingerichtet: +49 (0) 89 / 710 45 14 98.

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14 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wie konnte das denn passieren??



    So viel Bildungshunger, der nur durch Reisen gestillt werden kann - die Konten der Urlaubsdealer müssten doch aus allen Nähten platzen.

  • Die Kunden bekommen ihr Geld zurück.

    Es wird weniger CO2 produziert.

    Ist doch gut so.

    Leider ist das Darlehen aus Steuermitteln wohl weg, also kann von FTI nicht zurückbezahlt werden.

  • Was zur Zeit noch nicht bei allen Beobachtern angekommen ist: Der Euro verliert an Wert. War es bisher so, dass die Veranstalter mit dem teuren Euro letztlich für die Unterkünfte am Ende weniger bezahlen mussten, als sie bei Katalogerstellung kalkuliert hatten, ist es derzeit gerade umgekehrt: Nicht zuletzt aus Angst vor den Verlusten aufgrund des Währungsverfalls, der gerade auch in Japan grassiert, sind die US-Investoren beim Rettungsdeal für FTI angesprungen. Wievel tatsächlich Ernst ist und wieviel 'nur' den Spekulanten geschuldet, das wird schwer zu erkunden sein in dieser 'Markt'-Wirtschaft! Mich treibt die Angst vor einem Domino-Effekt schon lange um....

  • Wir brauchen volkswirtschaftlich bekanntlich weniger Flüge, weniger Billigflüge, und die sollten ihre ökologischen Kosten bitte auch tragen. Wer will auch bei der Erderhitzung noch in den Süden zum regungslosen Schwitzen?



    D.h. FTI hätte es irgendwann sowieso erwischt.

    • @Janix:

      Die Frage beantwortet ein Blick in die Flughafen-Abfertigungshallen und auf die Autobahnen in Richtung Süden.

    • @Janix:

      Wie kommen Sie zu der steilen These, dass wir Flüge volkswirtschaftlich weniger benötigen? Es mag Gründe geben, weniger zu fliegen. Volkswirtschaftlich veranlasst sind diese Gründe aber mit Sicherheit nicht.

      • @Bommel:

        Wenn man Volkswirtschaft mit etwas Weitblick betrachtet, leuchtet diese steile These absolut ein.



        Es kommen auch noch Zeiten nach der nächsten Bilanz und Gewinnausschüttung, der Tellerrand einer Espresso-Untertasse ist Menschen wie mir und auch Janix einfach zu nah.

    • @Janix:

      Weder ist FTI ein Billigflieger, noch bedeutet Urlaub "regungsoses Schwitzen im Süden". Klischeehafter geht's kaum noch.

  • Die Übernahme durch einen US Investor wurde vom Bundeskartellamt verzögert. Deswegen sprang der Investor ab. Warum hat Habeck nicht eingegriffen?

    • @Stoffel:

      Ist Billigfliegen irgendwie system-, sicherheits-, technologie oder stadtbildrelevant?

      • @Janix:

        Soll das Reisen nur den Oberen vorbehalten sein?

        • @Stoffel:

          Ich würde mich durch das eingeschränkte Sitzen im Billigflieger nicht als Oberer fühlen, selbst dann nicht, wenn ich das Bedürfnis dazu hätte.



          Aber manche haben es ja schon "geschafft", wenn sie auf Malle einen RTL-Prommi aus der Entfernung sehen können.

      • @Janix:

        Lufthansa, Galeria, TUI, MV Werften waren es wohl