Reisebusse in Mitte sorgen für Streit: Die Bussi-Bussi-Besucher
Immer mehr Touristen, immer mehr Reisebusse auf der Museumsinsel: Anrainer wehren sich gegen Haltebuchten und haben eine Idee. Ein Wochenkommentar.
Touristen sind in einigen überlaufenen Städten ja inzwischen personae non gratae. So weit ist es in Berlin noch nicht. Aber angesichts ihrer seit Jahren steigenden Zahl und vieler Gegenden, die rein auf Touristen zugeschnitten sind, stellt sich mehr denn je die Frage: Wie umgehen mit den Rollkofferhorden?
Ein aktueller Konflikt auf der Museumsinsel ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich die Stadt darüber zu wenige Gedanken macht, und von Rot-Rot-Grün hätte man auch in dieser Hinsicht mehr erwartet. Da wehren sich auf einer Pressekonferenz am Dienstag in seltener Eintracht sechs Anrainer der Museumsinsel – darunter das Humboldt Forum, der Dom und die Hochschule für Musik Hanns Eisler – gegen die Idee der Senatsverkehrsverwaltung, im November vor der Musikhochschule drei Haltebuchten für Reisebusse zu bauen.
Der Plan ist schon zehn Jahre alt und stammt aus einer Zeit, als vom Retroschloss noch nicht mal klar war, wie es aussehen sollte. Trotzdem hat offenbar niemand in der Verwaltung von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) daran gedacht, über diese Idee noch einmal nachzudenken.
Gut tausend Besucher pro Stunde sollen in Spitzenzeiten mit dem Bus auf die Insel gekarrt werden, wenn Ende kommenden Jahres das Humboldt Forum eröffnet ist – das entspricht, so die offiziellen Berechnungen der Schlossbauherren, knapp 30 Busladungen. Um deren Lärm und Abgasen zu entgehen, schlagen die sechs Anrainer vor, dass die Busse künftig jenseits der als Weltkulturerbe bekannten Insel ihre Fracht ein- und entladen.
Ganz verzichten wollen sie aber auf die (in doppelter Hinsicht) bequemen Bussi-Bussi-Touristen nicht: Obwohl die Museumsinsel ab Ende 2020 dank der verlängerten U5 perfekt zu erreichen sein wird, setzt sich keiner der sechs Anrainer dafür ein, die Reisebusse künftig fernab der Touristenhotspots – in Berlin etwa am S-Bahn-Ring –, zu stoppen und die Passagiere auf U- oder S-Bahn umleiten zu lassen.
Dabei wäre das eine Idee, die zum einen in vielen anderen großen europäischen Städten längst umgesetzt ist. Zum anderen wäre sie viel eher dazu geeignet, die Debatte über ein nachhaltiges Konzept für Reisebusse anzustoßen, als ein Streit über drei Parkbuchten diesseits oder jenseits der Museumsinsel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!