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Regierungsbildung in ThüringenCDU, geht das jetzt ewig so?

In Thüringen scheitert ein Plan nach dem anderen, um das Land aus der Krise zu führen. Es hängt an der CDU. Viele Optionen bleiben nicht mehr.

CDU-Fraktionschef auf Zeit: Mike Mohring am Mittwoch im Thüringer Landtag Foto: Martin Schutt/dpa

Erfurt taz | Vier Stunden lang hat die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag am Vormittag getagt, sie hatte viel zu besprechen. Zuvor war der Versuch gescheitert, eine rot-rot-grüne Übergangsregierung unter der früheren CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht zu bilden – was den Druck auf die ChristdemokratInnen weiter erhöht. Denn Lieberknecht sagte ab, weil ihre eigenen Parteifreunde nicht kompromissbreit genug waren.

„Wer keine Neuwahlen will, muss Bodo Ramelow zu einer Mehrheit im Landtag verhelfen“, sagte sie anschließend der dpa und forderte ihre Partei auf, eine „verlässliche parlamentarische Vereinbarung mit der Linken“ zu schließen. Die Vereinbarung dürfe sich nicht nur auf die Wahl Ramelows zum Ministerpräsidenten beziehen, sondern müsse ein „dauerhaft verlässliches Regierungshandeln ermöglichen“.

Zudem stand die Abwahl von Fraktionschef Mike Mohring auf der Tagesordnung, acht Abgeordnete hatten beantragt, dass Mohring die Vertrauensfrage stellt. Doch dazu kam es nicht, man einigte sich auf eine Neuwahl des Fraktionsvorstands am 2. März. Er werde dann nicht mehr zur Wahl antreten, bestätigte Mohring im Anschluss an die Sitzung noch einmal.

Mohring sagte auch, dass die CDU am Nachmittag Rot-Rot-Grün einen neuen Vorschlag unterbreiten werde, wie Thüringen zu einer neuen Regierung kommen könne. Dann wird sich eine kleine Arbeitsgruppe von Linken, SPD und Grünen einerseits und der CDU anderseits treffen, um auszuloten, was nach der Absage Lieberknechts an Möglichkeiten bleibt. Zum Inhalt des Vorschlags wollte Mohring, der selbst als Fraktionschef auf Abruf nicht an den Gesprächen teilnimmt, nichts sagen.

Beschluss trifft auf „Lebensrealität“

Doch er betonte, dass Lieberknechts Analyse klug sei und sie richtig zusammengefasst habe, welche Möglichkeiten nun bleiben. Da die CDU Neuwahlen weiterhin ablehnt – Mohring betonte das noch einmal –, bleibt eigentlich nur die zweite Variante von Lieberknecht: Die CDU verhilft einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung ins Amt. Das hatten die Christdemokraten bislang aber ausgeschlossen – auch weil ein Beschluss des Bundesparteitags eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei grundsätzlich untersagt.

Mohring erneuerte seine Kritik an dieser strikten Festlegung. Die sei zwar grundsätzlich richtig, kollidiere aber mit der Lebensrealität in Thüringen. „Wir kreisen immer wieder um diese gleiche Frage“, sagte Mohring. Er regte an, den Beschluss so auszulegen, dass in den Ländern die Handlungsfähigkeit erhalten bleibe. Das soll wohl heißen: weniger strikt.

Ramelow ist weiterhin bereit, sich einer erneuten Ministerpräsidentenwahl zu stellen – wenn es dafür eine Mehrheit im Landtag ohne AfD-Stimmen gibt. Seinem favorisierten Bündnis aus Linke, SPD und Grünen fehlen vier Stimmen für eine Mehrheit.

Susanne Hennig-Wellsow, die Chefin der Linksfraktion, forderte die CDU auf, den Weg für eine zügige Neuwahl frei zu machen oder Ramelow aktiv zu unterstützen, „bei der MP-Wahl mit einer anschließenden Tolerierung von Rot-Rot-Grün“. Es gebe nur diese beiden Wege.

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12 Kommentare

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  • Das peinliche Kasperltheater wird der größte Stolperstein der CDU werden.

    Herr Mohring ist eine tragische Figur und die, die ihn zurückgehalten haben, haben niemals einen möglichen Lösungsweg vorgeschlagen.

    Thüringen ist ihnen egal. Hauptsache ist, daß die CDU am Prinzip der Gleichstellung von AfD und Linke festhält - hirnrissig !

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    +++ Breaking news +++ Breaking news +++

    Wie ich soeben welt.de entnehmen durfte, beginnt die CDU Thüringen damit, die Lebenswirklichkeit anzuerkennen. Eine Sensation.

    Ich bin noch heftig irritiert. Aber Harry Hirsch ist bereits auf dem Weg nach Erfurt.

    Harry Hirsch, bitte. Harry Hirsch ...

    Leider gibt es noch immer starke Verbindungsstörungen. Es stehen offenbar noch mehrere CDU-Mitglieder auf der Leitung.

    Harry Hirsch ...

  • Die CDU demontiert sich mit großer Konsequenz selber. Ein Dogma nicht mit den Linken zu reden löst ja das Thüringer Problem nicht. Kooperieren wollen Sie nicht, vor Neuwahlen haben si eine panische Angst (zurecht), eine Mehrheit kommt derzeit nicht zustande.

    Ich würde gerne von der CDU wissen was sie denn eigentlich will bzw. wo sie den Ausweg aus der Krise sieht.

    Aber die Volkspartei spielt lieber Kasperltheater und zeigt dabei noch offen daß sie intern zerstritten ist.

    Visionen, Zukunft finden nicht statt, nur die Politik des machterhalts um jeden Preis. Ich füchte der Preis wird sehr hoch werden für den bräsigen Verein.

  • Möhring könnte sich einfach für eine Koalition entscheiden. Mit der Linkspartei wollte er anfangs, warum macht er es jetzt nicht?

  • Man kann es auch einfach nur die Destruktivität des Konservatismus nennen.

  • Die Linke könnte Mohring oder Kemmerich unterstützen, aber nein, Ramelow muß ja unbedingt Ministerpräsident statt des Ministerpräsidenten werden.

    • @Werner S:

      Ja ist klar. Wozu Ergebnisse einer Landtagswahl akzeptieren?



      Man hat mit der FDP zwar nur knapp 27%. DIE LINKE allein schon 31% - aber was solls. Man ist ja wie immer schon Nazi ohne Nazi zu sein - und rechnet sich die Stimmen der AfD zur eigenen Mehrheit dazu.



      Diese Art von konservativem Liberalismus kommt einem bekannt vor. Bekanntlich war man in der Lage einen Nazi-Staat zu errichten, ohne je selbst Nazi gewesen zu sein.



      Also - wozu Wahlergebnisse anerkennen, wo doch jeder weiss wem das ewige Erbrecht, wem der Staat, das Gemeinwesen als Beute zusteht.



      Das diese Linke es immer wieder nicht einsehen will.

    • @Werner S:

      Über 50% der Wähler wünschen sich Ramelow als MP, der hat ja auch die Wählen gewonnen. Er sollte jetzt natürlich den 5%-MP helfen. Aber das Problem: FDP und CDU verweigern die Zusammenarbeit, daher ist Ihr Vorschlag utopisch.

      Realistischer ist es, dass die Linke nicht mit den Fraktionen von CDU und FDP kooperiert, sondern nur mit einzelnen Abgeordneten. Das versucht sie jetzt, 4 Leute fehlen, es sollte machbar sein, vor allem weil jeder andere Weg von der CDU-Fraktion blockiert wird: Es gibt keine Alternative. Es sei denn die CDU macht doch einen Vorschlag.

  • Ich bevorzuge ganz klar R2G, aber trotzdem ist der Unvereinbarkeitsbeschluß der CDU richtig. Es muß Unterschiede geben zwischen den demokratischen Parteien, wozu natürlich auch die Linke gehört. Wenn ich R2G wähle möchte ich keine CDU in der Regierung. Ein nächstes Mal ist es ein Tabubruch zur AfD, weil es keine andere Lösung gäbe. Nein, die Mohring-CDU sollte sich sofortigen Neuwahlen stellen und mit neuer Aufstellung kann sie eine Chance haben wieder ein gutes Ergebnis zu bekommen. Umfragen sind keine Wahlergebnisse.

    • @Britta68:

      Ein Unvereinbarkeitsbeschluss ist doch kein Mittel, politische Unterschiede zwischen demokratischen Parteien abzustecken, sondern wird damit begründet, dass man bestimmte Parteien außerhalb des demokratischen Spektrums wähnt. Das kann von der Linkspartei niemand, der noch irgendwas von der realen Welt mitbekommt, behaupten. Außerdem soll die CDU hier auch nicht mit der Linken eine Regierung bilden, sondern eine Minderheitsregierung tolerieren.

      Davon abgesehen finde ich ebenfalls Neuwahlen besser, weil sich einfach die Verhältnisse in wenigen Wochen so auf den Kopf gestellt haben, dass die Wähler*innen ein Recht haben sollten, darauf zu reagieren. Ich finde die Vorstellung fast schon unerträglich, dass die Wirrköpfe in den CDU- und FDP-Fraktionen nach alledem jetzt 5 Jahre im Landtag sitzen sollen!

      • @Soda:

        Als Thüringer; nee@Neuwahlen.



        Das mit dem Personal der CDU/FDP ist ein Argument, der Zirkus grade auch, die CDU müßte aber hüpfen und zumindest ne Minderheitsregierung ermöglichen. Den Unvereinbarkeitsbeschluß kammer interpretieren; den heutzutage komplett aufrechtzuerhalten ist zuviel Ideologie seitens der CDU. Also das, was die den LINKEn gerne vorwerfen...

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    schach spielen ist schach spielen ist schach spielen.



    demokratie ist normalerweise anders. hier liegt wohl eine verwechslung vor, die aber zur unzeit die demokratie beschädigt.