Regierung will Netzbetreiber kaufen: Strommasten in Staatshand
Die Regierung will die Hochspannungsleitungen zwischen Schleswig-Holstein und Bayern kaufen. Grund sind die hohen Kosten der Energiewende.
Die Tennet Holding gehört dem niederländischen Staat. Ihre hundertprozentige deutsche Tochter betreibt das sogenannte Übertragungsnetz in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen und Bayern. Sie ist damit zum guten Teil verantwortlich für die Durchleitung des Windstroms von Nord- und Ostsee und den Küsten in die Industriezentren des Südens.
„Tennet prüft den möglichen Verkauf seiner deutschen Aktivitäten an den deutschen Staat, um die ehrgeizigen Ziele der Energiewende zu erreichen“, teilte die Firma am Freitag mit. Vom Wirtschaftsministerium hieß es: „Das begrüßen wir.“
Die Verhandlungen waren erstmals im vergangenen November bekannt geworden. Damals ging es noch um die Übernahme von 50 Prozent der deutschen Tennet durch die öffentliche KfW-Bank, nun deutet sich der komplette Verkauf an.
Investitionen sind Niederländern zu hoch
Grund für die Übernahme sind die hohen Kosten der Energiewende. Laut Tennet erfordert der nötige Ausbau der Nord-Süd-Stromleitungen in Deutschland 15 Milliarden Euro Eigenkapital. Diese Investition scheint der Niederländern zu hoch zu sein. Auch der Ausbau der Stromtrassen in den Niederlanden kostet Milliarden.
Käme die Übernahme zustande, würde damit ein Teil der Privatisierung der Elektrizitätsversorgung in Deutschland zurückgedreht, jedenfalls vorübergehend. Möglich ist, dass die Bundesregierung das Tennet-Netz später an private Investoren weiterreicht.
Das hiesige Hochspannungsnetz gehört derzeit vier Unternehmen. Neben Tennet als größtem sind dies Amprion in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Westbayern, 50Hertz in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, sowie TransnetBW in Baden-Württemberg.
Hochspannungsnetze bringen Milliarden Euro Gewinn ein
Die Hochspannungsnetze sind lukrative Unternehmen. Sie bringen den Eigentümern Milliarden Euro Gewinne. Allerdings ist die Profitmarge staatlich reguliert, die Bundesnetzagentur achtet darauf, dass es Firmen nicht übertreiben. Schließlich handelt es sich bei den Stromleitungen um Monopole, die zudem überlebenswichtig für das ganze Land sind.
An 50Hertz ist der Staat über die KfW-Bank bereits beteiligt. Das war eine Notoperation im Jahr 2018, um den Einstieg eines chinesischen Unternehmens zu verhindern. Bis in die 1980er Jahre spielte der Staat eine wichtige Rolle als Eigentümer in der Energiewirtschaft. Dann folgte die Phase der Privatisierung und Liberalisierung. Es entstanden neue, private Unternehmen, beispielsweise Eon. Diese mussten allerdings die Stromproduktion von der Stromverteilung trennen. So verkaufte Eon sein Hochspannungsnetz an Tennet.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?