Regiedebüt „Bruised“ von Halle Berry: Verletzt ist auch ihre Seele

Die Schauspielerin Halle Berry spielt in ihrem Regiedebüt „Bruised“ eine Mixed-Martial-Arts-Champion. Sie zeigt Muskeln und blaue Flecken.

Die sichtlich ramponierte Jackie Justice (Halle Berry) steht bei einem Kampf im Ring.

Bei Jackie Justice (Halle Berry) gibt es berufsbedingt öfter was aufs Auge Foto: Netflix

Doch, doch, es tut sich was: Immer mehr Hollywood-Schauspielerinnen entdecken, dass ein Rollenwechsel möglich ist und sie, statt passiv auf bessere Angebote zu warten, sich aktiv um interessante Projekte bemühen können. Und dann sogar selbst Regie führen!

Nach Robin Wright mit „Abseits des Lebens“ (der coronabedingt nur einen kurzen Kinostart bei uns hatte), Rebecca Hall mit „Passing“ (seit Oktober auf Netflix) und Maggie Gyllenhaal mit der Elena-Ferrante-Verfilmung „The Lost Daughter“ (der nach seiner Venedig-Premiere bereits als heißer Oscar-Kandidat gehandelt wird) stellt nun Oscar-Preisträgerin Halle Berry auf Netflix ihr Regiedebüt vor. Die Hauptrolle hat sie auch gleich selbst übernommen.

Was mag Berry am Drehbuch wohl gefunden haben? „Bruised“ erzählt die im Übermaß vertraute Geschichte vom abgehalfterten Champion, der noch einmal eine Chance bekommt, mit zweifach veränderten Vorzeichen: Der Champion ist eine Sie, und die Sie ist Afroamerikanerin. Beim Sport, in dem sich Berrys Figur der „Jackie Justice“ schlägt, handelt es sich um Mixed Martial Arts, im Englischen auch als „Cagefighting“ bezeichnet. Dass sie aus ebendiesem „Käfig“ während eines Kampfes geflohen ist, markierte den Niedergang von ­Jackie Justice.

Zu Beginn des Films wird die traumatische Szene aus der subjektiven Perspektive von Jackie gezeigt. Danach ist klar, dass der Titel „Bruised“ – „Verletzt“ beziehungsweise „Voller blauer Flecke“ – sich nicht nur auf Jackies von Hämatomen übersätes Gesicht bezieht. Verletzt ist natürlich auch ihre Seele. Und das nicht nur von diesem einen Kampf.

„Bruised“. Regie: Halle Berry. Mit Halle Berry, Shamier Anderson u. a. USA 2021, 138 Min. Läuft auf Netflix

Einerseits folgt Regisseurin Berry eine Spur zu pflichtschuldig den leider sehr vorhersehbaren Plotpoints des Drehbuchs: Jackie, die zusammen mit ihrem Manager/Lebenspartner eine von Alkohol und explosiven Streits gezeichnete Depri-Existenz führt, bekommt überraschend das Angebot auf einen echten Liga-Kampf.

Als mit dem sechsjährigen Manny (Danny Boyd Jr.) auch noch ihr vormals von ihr aufgegebener Sohn erneut in ihr Leben tritt, fasst sie den Entschluss, sich beim Kampf nicht nur auf ihre innere Wut zu verlassen, sondern gut vorbereitet sein und nimmt deshalb die Dienste der MMA-Trainerin Buddhakan (Sheila Atim mit großartiger Ausstrahlung) in Anspruch. Wie im Genre üblich, werden in den Wochen des Trainings nun nicht nur die Muskeln gestählt, sondern vor allem wird die Psyche neu aufgestellt.

Was dem Script an Originalität fehlt, macht Berry in ihrer Doppelfunktion als Regisseurin und Hauptdarstellerin wett: Da ist die atmosphärische Beschreibung einer Unterschichten-Existenz in New Jersey, mal nicht als gangdominiertes „Ghetto“, sondern als beengte, freudlose, Junk-Food-geprägte Häuslichkeit.

Und da ist Berry selbst, die ihrem Alter zum Trotz – sie ist Mitte 50! – ihrer Rolle eine sportlich-vitale, physische Intensität verleiht, die den Zuschauer Muskelkater, Schweiß und blaue Flecke unmittelbar miterleben lässt. Und der Schlusskampf gegen „Lady Killer“ (gespielt von der echten MMA-Champion Valentina Shevchenko) reißt dann selbst noch die Skeptiker mit.

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