Reform des Wahlrechts: Das Parlament schrumpft
Der Bundestag beschließt die umstrittene Wahlrechtsreform. Künftig umfasst der Bundestag dauerhaft 630 Abgeordnete.
In der vorausgehenden und abschließenden hitzigen Debatte zur geplanten Verkleinerung des Bundestags haben Politiker der Ampel-Parteien der Union mangelnde Bereitschaft zur Veränderung vorgeworfen. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, sagte am Freitag vor der geplanten Abstimmung über die Reform im Bundestag, Ziel des Vorhabens sei „ein einfaches, nachvollziehbares Wahlrecht“.
Das Vorhaben wird von Union und Linkspartei strikt abgelehnt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, der Plan ziele darauf ab, die Linke aus dem Parlament zu drängen und „das Existenzrecht der CSU“ infrage zu stellen. „Sie machen hier eine Reform für sich selbst“, um den „Machtanspruch der Ampel“ zu zementieren, warf er Hartmann vor.
Mit der Reform soll der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag ab der nächsten Wahl dauerhaft auf 630 Mandate verkleinert werden. Erreicht werden soll die Verkleinerung des Parlaments, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate ganz verzichtet wird. Diese sorgten bislang für eine Aufblähung des Bundestags.
Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Direktmandate mehr Sitze im Bundestag erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustünden. Sie darf diese Sitze behalten. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate. Nach den neuen Regeln könnte es künftig vorkommen, dass ein Bewerber seinen Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Das erzürnt vor allem die CSU.
Zudem soll laut dem Ampel-Entwurf eine strikte Fünfprozentklausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgte bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie zwar unter 5 Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Die Linkspartei profitierte davon schon mehrfach, zuletzt bei der Wahl 2021. Wenn die Klausel gestrichen wird, könnte das, je nach Wahlergebnis, in Zukunft auch Konsequenzen für die bayerische Regionalpartei CSU haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation