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Rede von Christian LindnerAch gucken Sie mal, die FDP

Eine „Wutrede“ von Parteichef Christian Lindner wird zum Internet-Hit. Das Video kommt an, weil Schwarz-Rot nach eineinhalb Jahren langweilig wird.

„So, das hat Spaß gemacht.“ Christian Lindner genießt seine „Wutrede“. Screenshot: http://www.youtube.com/channel/UCyvio0DtGtcgirafv6jV4Lg

Der Zuruf kommt dem Mann am Rednerpult gerade recht. Christian Lindner spricht im Düsseldorfer Landtag seit mehr als zwanzig Minuten von „Gründungskultur“ und „Zukunftsvertrauen“. Eher pflichtbewusst als leidenschaftlich betont er die Bedeutung der Gründerszene für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Rhetorischer Alltag für den FDP-Vorsitzenden. Da unterbricht ihn ein Zuruf aus den Reihen der SPD: Mit dem Thema Gründungen habe Lindner ja so seine eigenen Erfahrungen gemacht. Der Mann am Pult lächelt und sagt: „Ach, gucken Sie mal da. Na, das ist ja interessant.“

In den folgenden zweieinhalb Minuten entsteht das, was im Internet in den folgenden Tagen als „Wutrede“ kursieren wird. Ja, er habe „in der Hochphase der New Economy ein Unternehmen gegründet“, sagt Lindner in Richtung des Zwischenrufers, dem SPD-Fraktionsgeschäftsführer Volker Münchow. „Und dieses Unternehmen war damals nicht erfolgreich.“

Tatsächlich war der heute 36-Jährige bis April 2001 einer von drei Gesellschaftern einer Firma namens Moomax. Ein halbes Jahr später meldete das Unternehmen, das Software entwickeln sollte, Insolvenz an. Mehrere Millionen Mark von der KfW-Bank sollen dabei verloren gegangen sein.

„Das hat Spaß gemacht“

Lindner holt zum Gegenangriff aus: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) habe doch selbst gerade gefordert, Pionieren solle ihr Scheitern nicht ein Leben lang als Stigma vorgehalten werden. Immer wieder zeigt er ins Plenum: „Übrigens sind es immer meistens solche Sozialdemokraten, die das ganze Leben im Staat gearbeitet oder vom Staat selbst gelebt haben, die anderen unternehmerisches Engagement vorwerfen.“ Am Ende knöpft Lindner sein Jackett zu und sagt: „So, das hat Spaß gemacht.“

Was macht die temperamentvolle Abweichung vom Redemanuskript in einer Landtagsdebatte deutschlandweit interessant? Warum greifen Medien sie auf? Bild.de titelt „Lindner wütet gegen SPD-Zwischenrufer“ und urteilt zufrieden: „Treffer versenkt“. Stern.de schreibt: „Wutrede im NRW-Landtag: Christian Lindner flippt aus und wird zum Hit“. Und Focus.de jubelt „FDP unter Strom“. Die Antwort hat weniger mit einem Wandel der FDP oder ihres Bundesvorsitzenden zu tun. Und mehr mit einer gewandelten Öffentlichkeit.

Eineinhalb Jahre nach dem historischen Rauswurf aus dem Bundestag kämpft die Partei weiter um ihre Existenz. Die AfD etabliert sich als Stimme der Verbitterten, und Schwarz-Rot regiert laut Umfragen zur Zufriedenheit der Mehrheit. Die FDP findet bislang kaum Gehör. Doch nach rund fünfhundert Tagen großer Koalition wirken ihre Rhetorik-Versatzstücke von Engagement und individuellem Einsatz auf manche wieder originell.

Die Wutrede als Etappe des Marathonlaufs

Der Wirbel um die „Wutrede“ passt in Lindners Plan zur Rettung seiner Partei. Der FDP-Chef setzt darauf, dass eine interessierte Öffentlichkeit im Bundestagswahljahr 2017 seine Freidemokraten als willkommene Alternative wahrnehmen wird. Ein Marathonlauf. Verpflegung sollen kleinere Wahlerfolge liefern, beispielsweise in Hamburg am übernächsten Sonntag.

Die „Wutrede“ könnte zum Beginn der nächsten Etappe dieses Laufs werden. Dem blendenden Rhetoriker Lindner eröffnet sie die Möglichkeit, das Altbekannte als neu zu verkaufen. Einst schalt Guido Westerwelle die vermeintlichen Besitzstandswahrer von oben herab. Heute stellt sich sein Nachfolger als einen durch Reue Gereiften dar: Er hat zwar verloren, aber zumindest etwas gewagt.

Die Attitüde des Underdogs lenkt den Blick ab vom Umstand, dass das FDP-Angebot im Kern gleich geblieben ist. Nicht der Inhalt ist neu, sondern die Art der Präsentation. FDP Classic.

So könnte die „Wutrede“, die keine ist, Lindner seinem Ziel näher bringen, das Alte als neu schmackhaft zu machen: Ach, gucken Sie mal da. Na, das ist ja interessant.

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27 Kommentare

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  • Das ist so nicht ganz richtig. Lindner hatte bereits als Schüler und Sohn einer alleinerziehenden Mutter eine kleine Werbeagentur gegründet die genug abwarf um sich als Zivi einen etwas älteren gebrauchten Posche leisten zu können. Nach sieben Jahren und der Wahl zum Generalsekretär in NRW gab Lindner diese Tätigkeit auf, hatte aber in der Zwischenzeit ein weiteres Start-up gegründet, das in der Hochphase auch von einer

    Venture-Capital-Firma mit Wagniskapital ausgestattet wurde. Diese Investmentfirma wiederum hatte sich nach gängigen Bedingungen mit Geldern von der KfW eingedeckt, was damals alles andere als unüblich

    war. Lindner selbst hatte also keinerlei direkte Geschäftsbeziehung mit der KfW. Wenn überhaupt dann zockt die STAATLICHE KFW mit Steuergeldern. Übrigens scheiterten viele Unternehmen am Ende der „Dotcom-Blase“ an mangelnden Anschlussfinanzierungen. Und zwar durchaus auch welche, in

    deren einstmaligen Geschäftsfeld sich heute sehr erfolgreiche Unternehmen tummeln. Neben seiner Tätigkeit als Unternehmer und Abgeordneter hat er übrigens etliche Praktika in Kitas gemacht da er sich als junger Abgeordneter jahrelang vorallem mit frühkindlicher Bildung beschäftigte. Er hat sichs omit einen Überblick vor Ort verschafft. Auch keine Selbstverständlchkeit bei den meisten Politikern. ;-)

    • @Simon90L:

      "hat er übrigens etliche Praktika in Kitas gemacht da er sich als junger Abgeordneter jahrelang vorallem mit frühkindlicher Bildung beschäftigte. Er hat sich somit einen Überblick vor Ort verschafft...."

       

      Die Rekrutierungspraxis der JuLis wird ja immer drolliger.

    • @Simon90L:

      "Diese Investmentfirma wiederum hatte sich nach gängigen Bedingungen mit Geldern von der KfW eingedeckt, was damals alles andere als unüblich

      war. "

       

      Ob das nun üblich war, ändert zum einen nix daran, dass es dennoch Staatsknete war und zum anderen:

      "Wenn überhaupt dann zockt die STAATLICHE KFW mit Steuergeldern."

       

      Dann kann man dann auch so argumentieren, dass Griechenland es völlig korrekt macht, keinen Cent zurückzuzahlen, weil es ja schließlich Schuld der Kreditgeber ist, wenn die einem Geld geben. Sieht das Lindner im Falle Griechenland auch so? Dann ist alles okay.

      • @Age Krüger:

        Für die KFW war es eine Investition. Man versäumte offensichtlich das Risiko entsprechend zu berücksichtegen und zockte somit mit Steuergeldern. Dem Schuldner den Vorwurf zu machen, dass er das günstige Geld annahm ist einfach populistsicher Unfug. Sollte Griechenland in die Staatspleite/Insolvenz gehen ist es natürlich ein Verlust für die Investoren den sie tragen müssen. Das sieht auch Herr Lindner siehe dazu den gestrigen Beschluss: http://www.fdp.de/sites/default/files/uploads/2015/02/02/20150202praegriechenland-wirtschaftsreformen-statt-schuldendebatte.pdf

         

        Eigenkapital ist nun mal teuer als Fremdkapital und warum sollte ein klar denkender Unternehmer mehr EK reinstecken wenn ihm billiges Fremdkapital hinterhergeschmissen wird?

         

        Anderes Thema: Was ist denn eigtl. mit den Milliarden an Steuergeldern welche SPD-Politiker in den Sand gesetzt haben? Stichwort BER oder Nürburgring? Haftet da einer auch nur mit wenigstens mit 30 Teur Privatvermögen?

        • @Simon90L:

          Was für ein Geschrei in der BRD losgeht, wenn man Politiker eine Haftung ihrer Handlungen androht, haben Sie im Falle Tymoschenko gesehen, als die in den Knast kam, weil sie ohne das Parlament zu fragen, einen miesen Vertrag für die Ukraine wegen russischem Gas abschloss.

           

          Haftung für die Handlungen von Politikern verstoßen lt. deutschem Denken wohl gegen die Menschenrechte.

          • @Age Krüger:

            Ich nehme mal an, dass Ihnen schon bewusst war, dass Sie hier polemisch Äpfel mit Birnen vergleichen, aber nochmal zur Klarstellung:

            "Haftung" und "Haft" sind zwei verschiedene Dinge. Das eine ist ein zivilrechtlicher Anspruch, das andere ein Entzug der körperlichen Freiheit. Es stopft auch kein noch so kleines Loch, das der betreffende Politiker im Amt gerissen hat, wenn man ihn dafür nachher hinter Gitter steckt. Er soll lieber draußen gutes Geld verdienen (Vorträge sollen sich da ja anbieten) und davon Steuern und - gegebenenfalls - seine Schuld bezahlen.

    • @Simon90L:

      Fakt ist, er hat Steuergeld genommen und in den Sand gesetzt...

      • @Dhimitry:

        Nicht weit von hier ist ein Laden, der seit 40 Jahren steuergelder in den Sand setzt und die Linken jubeln - Kohlesubvention!

        • @Biene Maya:

          Die größte Subvention in der BRD ist das Ehegattensplittung.

           

          Da jübeln aber nur alle Familienbefürworter.

  • Lindner, ein Trommler des Blödsinns-, ein Rattenfänger des Establishments. Diese Uneinsichtigen, werden von ihrer Klientel so gefüttert, dass sie auch noch mit 3% ihren Bagger aufreißen können.

  • @Frank Mustermann:

    „Anscheinend hat der Sozi gepennt,.."

     

    Hätten Sie den Text oben mal gründlich gelesen und nicht nur im Sinne ihrer Vorurteile .. Dort steht nämlich: "in Richtung des Zwischenrufers, dem SPD-Fraktionsgeschäftsführer [(sic!) Einschub von TT] Volker Münchow...". Sie dürfen davon ausgehen, dass dieser „Hinterbänkler" den Text von Frau Kraft schon vorher schriftlich zur Verfügung hatte.

     

    Weiters: „Und dieses Unternehmen war damals nicht erfolgreich.“ [zit. Lindner] Ein bisschen reich war Lindner danach aber trotzdem, denn es wird angenommen, dass von dem vergeigten Geld „ein nicht unbeträchtlicher Teil der 2 Millionen Euro als Gehälter an die drei Moomax-Geschäftsführer geflossen sein müsse.“ (s. Wikipedia)

     

    „Das hat Spaß gemacht.“ (zit. Lindner, s. oben - hsqmyp).

  • Bigott nennt mensch jene, die selbst Staatsgeld verbrennen (auf welchem Wege auch immer) und sich dann über solche beschweren, die ihr Leben als staatliche Büroklammern fristen...

  • Wo wäre eigentlich der Unterschied zwischen Leuten, die als Beamte o.ä. aus Staatsknete bezahlt werden oder Leuten, die sich Staatsknete in Formen von Subventionen unter den Nagel reißen?

     

    Naja, in der freien Wirtschaft wollte auch wohl niemand Lindner haben, insofern kennt Lindner ja beide Varianten von anderer Leute Steuergelder zu leben.

    • @Age Krüger:

      Wenn in der freien Wirtschaft etwas vergeigt wird führt das soweit, dass es +/- allen an den Kragen (Arbeitslosigkeit etc. ...) geht. und das Projekt wird eingestampft.

      Im öffentlichen Dienst mit seinen geregelten Lohnerhöhungen wird bei einem vergeigten Projekt eine Arbeitsgruppe gebildet, noch mehr eingestellt und das Projekt mit Steuergeldern weiter geführt.

      • @Arcy Shtoink:

        Das betrifft aber die Arbeitnehmer.

         

        Der Unternehmer, wie hier Lindner, der mit Steuergeldern seinen Profit machen wollte, hat keine Nachteile, außer dass er eben keinen Profit gemacht hat. Zahlen tut auch da der Steuerzahler.

         

        Und btw:

        Die Zeiten sind im ÖD auch vorbei. Denken Sie mal an die ganzen kirchlichen Arbeitgeber, die auch ÖD sind. Die dürfen nicht mal einen Betriebsrat gründen oder streiken. Geschweige denn aus der Kirche austreten oder bei den Katholiken nach einer Scheidung neu heiraten.

      • @Arcy Shtoink:

        Es geht eben nicht allen an den Kragen.

         

        Viele Gründer und Gesellschafter verstehen es prächtig, aus dem Kuchen der von KfW und/oder Risikokapitalgesellschaften geliefert wird, sich große Stücke bedingungs- und risikolos heraus zu schneiden. So `ne Art BGE von KfW.

         

        .

  • Ich fand Lindners Auftritt zum "Fremdschämen". Aufgeblasen und arrogant. Zumal vom "Unternehmer" Lindner 1,4 Millionen Steuergelder verbrannt wurden. Christian Lindner und sein Bekannter Hartmut Knüppel hatten am 29. Mai 2000 – kurz nach Lindners Einzug in den NRW-Landtag – die Firma Moomax (30 000 Euro Stammkapital) gegründet. Über eine Wagniskapitalgesellschaft bekam die Firma rund eine Million Euro staatliche Gelder aus dem Topf der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Geschäftsidee: Sogenannte Avatare, virtuelle Einkaufshelfer im Internet, zu verkaufen. Nur hatte die Welt nicht unbedingt auf diese Avatare gewartet. Schon ein Jahr später war der Laden pleite. Kurz vor der Insolvenz zog der "Unternehmer" Lindner die Reißleine und ist aus der Moomax-Klitsche ausgestiegen ist. Resultat des unternehmerischen Experiments des Berufspolitikers Lindner: Die KfW hatte (laut Enjoyventure) 1,2 Millionen verloren, die beteiligte Bank war mit einem sechsstelligen Betrag beteiligt, und offenen Forderungen von 172 338 Euro standen nur noch Vermögenswerte von 15 339 Euro gegenüber - und damit hatte der Steuerzahler 1,4 Millionen Euro verloren. Das war Lindners erster und bisher einziger Versuch der unternehmerischen Tätigkeit. Steuergelder wurden verbrannt! Ansonsten hat Lindner in seiner beruflichen Biografie nicht mehr vorzuweisen, als die von ihm kritisierten SPD-Abgeordneten.

    • @Heinz Günter Gruse:

      Da war der Lindner halt nicht leistungsbereit genug, ne.

       

      Ansonsten danke für die fundierten Informationen und den Hinweis darauf, dass "der Staat" auch ganz gut beteiligt war an Christians einzigem Praktikum...

  • Lindners "Karriereknick" mag man vielleicht noch als Einzelfall abtun, der schon mal passieren könnte. Was dagegen schon wesentlich Merkwürdiger ist, ist dass gerade diese "Wirtschafts-Partei" seit langem prekäre Wirtschaftsdaten aufweist. Den Rechenschaftsberichten zufolge hat die FDP als einzige der bislang regelmäßig im Bundestag vertreten Parteien ein negatives Reinvermögen in 5 von 10 Jahren seit 2003 auf, ist also Überschuldet - und das zum Teil in Millionenhöhe.

    Es kann natürlich auch sein, die Elite-Politiker ihre Partei mit Absicht "verarmen" lassen - um möglichst wenig Steuern an den Staat zahlen zu müssen...

  • Brillante Rhetorik?

     

    „Übrigens sind es immer meistens solche Sozialdemokraten, die das ganze Leben im Staat gearbeitet oder vom Staat selbst gelebt haben, die anderen unternehmerisches Engagement vorwerfen.“

     

    Die Kunst, erfolgreich zu scheitern

    (Vom Wehrdienstverweigerer zum Hauptmann der Reserve.) Einfach mal lesen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Lindner

  • Ach du Schreck, bitte nicht.

     

    Wenn dieser unterirdische Tummelplatz aus unreifen Emporkömmlingen, Bausatz-Karrieristen und Bonzenknechten, kurz: FDP, allein wegen derart populistisch-narzisstischer Auftritte wieder Gewicht in der Politik erhalten sollte: Dann ist in Deutschland - bei dem neoliberalen Auswuchs, der sowieso schon durch die Merkel-CDU und zunehmend auch von der Gabriel-SPD geboten wird - die totale Massenamnesie ausgebrochen und dieses Volk wohl besser zeitweise unter Kuratel zu stellen ... ;-)

  • Lindner hat völlig Recht, Scheitern sollte einem nicht ein Leben lang als Stigma vorgehalten werden. Und wenn gerade jemand aus der SPD sowas in Frage stellt, ist das eine Schlagzeile wert. So what?

    • @Frank Mustermann:

      Der Sozi hat anscheinend einen wunden Punkt getroffen.

      • @Thomas Elias:

        Anscheinend hat der Sozi gepennt, als Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gesprochen hatte. Ist nicht selten bei den gut bezahlten Hinterbänklern. Wenn sie denn mal anwesend sind.