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Rede in der Hamburger BürgerschaftZohra Mojadeddi sieht in Gaza einen „Vernichtungskrieg“

Die Grünen-Abgeordnete hat die Haushaltsdebatte zweckentfremdet, um ihre Haltung zum Gaza-Krieg kundzutun. Nun drohen ihr Konsequenzen.

Darf man das Vernichtungskrieg nennen? Flüchtende In Gaza Foto: Mahmoud Issa/dpa

Hamburg taz | Die grüne Bürgerschaftabgeordnete Zohra Mojadeddi ist in Vergangenheit nicht oft aufgefallen. Am Donnerstag sprach die ganze Stadt über ihre Rede zu den Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft, über die das Hamburger Abendblatt berichtete. „Mir ist bewusst, dass meine Rede meine Zukunft, Reputation, meine Karriere oder sogar mein Leben gefährden kann“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Doch wie kann ich meinen Kindern Zivilcourage vermitteln, wenn ich nicht den Mut habe, meine Stimme für den Frieden in Gaza und in der Westbank zu erheben und mich gegen einen Vernichtungskrieg auszusprechen?“

Das vorletzte Wort brachte nicht nur AfD und CDU in Rage, die ihr Antisemitismus vorwarfen. Wer das Vorgehen Israels gegen die Hamas mit einem Vernichtungskrieg gegen ein Volk gleichsetze, habe „aus der Geschichte nichts gelernt“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dominik Lorenzen distanzierte sich von Mojadeddis Rede.

Zudem wurde die Sitzung unterbrochen und der Ältestenrat einberufen, an dessen Ende die Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) der Frau einen Ordnungsruf erteilte, weil sie nicht zum Thema gesprochen habe. Sie sagte zugleich, es müsse möglich sein, in Landesparlamenten über den Nahostkonflikt zu sprechen.

Dies hatte – auch anlässlich der Haushaltsdebatte – am Montag bereits der Abgeordnete Martin Dolzer von der Gruppe „Die Wahl“ getan. Er sprach vom „Völkermord“ im Gaza-Streifen, ohne gerügt zu werden. „Ich finde diese Bezeichnung genauer als ‚Vernichtungskrieg‘ und berufe mich dabei auf die Einschätzung der UN“, sagte er zur taz.

Geflohen aus Afghanistan

Die Abgeordnete war am Mittwoch nicht zu erreichen. Sie war 1979 als Neunjährige mit ihrer Familie nach einem kommunistischen Putsch in Afghanistan aus politischen Gründen inhaftiert worden, heißt es auf der Grünen-Homepage. Nach ihrer Entlassung, an der damals sowohl Amnesty International als auch die UNO mitwirkten, flüchtete sie mit Mutter und Bruder nach Hamburg, wo sie Abitur machte und Volkswirtschaft studierte. Heute arbeitet sie als Unternehmensberaterin im Finanzsektor. In der Bürgerschaft arbeitet sie im Untersuchungsausschuss zum „Cum Ex“-Skandal mit.

Nach Konsequenzen gefragt, sagt ein Sprecher der Fraktion, das bespreche man in Ruhe. Fraktionschef Lorenzen sagte: „Wir werden den Vorfall intern aufarbeiten.“ Die von Mojadeddi verwandte Formulierung entspreche nicht der Position der Fraktion: „Die Äußerung ist inakzeptabel und wir distanzieren uns klar und deutlich davon.“ Man wisse um die „persönliche Nähe der Abgeordneten im Kontext des Gaza-Krieges“. Dennoch sei es nicht richtig gewesen, eine Haushaltsdebatte zur Zukunft der Hamburger Wirtschaft „zu kapern“.

In einem ähnlichen Fall hatte eine Bürgerschaftsabgeordnete ihre Sprecherfunktion verloren. Die Grüne Miriam Block hatte im April 2023 mit der Linksfraktion für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum NSU-Mord an dem Gemüsehändler Süleyman Tasköprü gestimmt und wurde daraufhin von ihrem Posten als wissenschaftspolitische Sprecherin abgesetzt.

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5 Kommentare

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  • Ich finde das spannend, ob die Grünen das zum Anlass nehmen, die Abgeordnete zu disziplinieren und zu degradieren.

  • Besser wäre beim Thema zu bleiben. Und wenn es keins im Lokalen ist, dann eben Interviews zum aber in der Tat brennenden Thema Vertreibung und Bombardierung gerade.



    Die großen Worte gebrauche ich selbst ungerne. Andere haben jedoch bereits ausgeführt, wo Vertreibung, Zermürbung wie Attacken auf Zivilisten unzweifelhaft stattfinden, wo das UN-garantierte Recht auf den eigenen Staat geleugnet wird. Die Zeit für solche Differenzierung hätte sich Zohra Mojadeddi besser genommen.



    Aber dass man zu Netanyahus Untaten eben auch etwas anmerken sollte und auch entsprechend handeln, dem Punkt kann ich folgen.



    Also gelbe Karte für Thema verfehlt und einen hierzulande vorbesetzten Ausdruck, aber mehr auch nicht.

  • Uneingeschränkte Solidarität mit Zohra Mojadeddi. Abgeordnete sind ausschließlich ihrem Gewissen verpflichtet und müssen nicht zwingend die Linie der Fraktion vertreten.

    Das Grundgesetz gewährt aufgrund der Freiheit des Mandats ein Rederecht und in diesem Fall ist auch ein Missbrauch des Rederechts z.B. aufgrund sachfremder Ziele ist nicht gegeben.

    Die Abweichung von dem Tagesordnungspunkt der Bürgerschaft schränkt zudem die Arbeit und Funktion des Parlaments nicht ein und ist daher hinzunehmen.

    Es wäre daher angeraten, wenn die Beteiligten es bei dem erfolgten Ordnungsruf belassen würden.

    Wenn es in dieser Angelegenheit einen Grund zur Aufregung gibt, dann ist er in den Reaktionen auf die Rede zu finden.

    Der Antisemitismusvorwurf von Seiten der AfD und CDU ist ebenso unbegründet und inhaltsleer, wie die des Fraktionschefs der Grünen der die Aussage für inakzeptabel hält. Die Gründe spart er leider aus.

    Dabei hätte es gereicht, sich einmal mit der Begründung des Haftbefehls für Netanjahu, den Berichten von Amnesty International oder Human Rights Watch etc oder der UNO zu befassen, um zu erkennen, dass die Vorwürfe eines Vernichtungskriegs nicht aus der Luft gegriffen sind.

    • @Sam Spade:

      "Das Grundgesetz gewährt aufgrund der Freiheit des Mandats ein Rederecht"



      Das bringst Du jetzt aber einiges durcheinander..

      • @Peter Wenzel:

        Das Rederecht ist ein Statusrecht welches sich aus dem freien Mandat gem. Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG ergibt. Die Grundlage des Rederechts ergibt sich aus Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG.

        Insbesondere Art. 43 Abs. 2 S. 2 GG gewährt den Abgeordneten ein jederzeitiges Rederecht.

        Die Grenzen des Rederechts ergeben sich aus dem Missbrauchsverbot. Eine Beschränkung kann erfolgen, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu wahren.

        Die Inanspruchnahme des Rederechts setzt voraus, dass eine ordnungsgemäße Wortmeldung als auch Worterteilung durch den Vorsitzenden erfolgte.

        Dazu bitte beachten: Bundesrecht steht über Landesrecht und das Grundgesetz selbstredend über den Landesverfassungen und der parlamentarischen Hausordnung.