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Rechtstreitigkeiten mit AdelsfamilieWiki über Hohenzollern-Klagen

Die Adelsfamilie Hohenzollern geht häufig gegen Medien vor. Historiker dokumentieren die Vorfälle und Klagen nun in einem Wiki.

Burg Hechingen: Stammsitz der Hohenzollern in Baden-Württemberg Foto: Westend61/imago

Wer über die Hohenzollern berichtet, tut gut daran, jede noch so kleine sprachliche Unge­nauig­keit zu vermeiden. Nicht wenige Medienhäuser und His­to­ri­ke­r:in­nen erhielten in den letzten Jahren Anwaltspost. Der Druck sei so hoch, dass einige kleinere Zeitungen es unterließen, überhaupt über die Adelsfamilie zu berichten, sagte Martin Sabrow, Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam, am Dienstagabend auf einer Online-Podiumsdiskussion.

Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e. V. (VHD) hat sich dazu entschlossen, die Vorfälle genau zu dokumentieren. Die Vorsitzende Eva Schlotheuber stellte auf der Veranstaltung ein Wiki unter dem Namen „Die Klagen der Hohenzollern – eine Dokumentation“ vor, abrufbar unter www.klagen-der-hohenzollern.de, in dem die Rechtsstreitigkeiten zusammengetragen werden. Am umfangreichsten sind die Klagen, die ein beabsichtigtes Hohenzollern-Museum betreffen. Weitere Komplexe bilden Klagen zum Archivzugang der Familie auf Burg Hechingen und zur kritischen Darstellung historischer Ereignisse der ehemaligen Kaiserfamilie.

Es geht um „die Frage nach Ausmaß, Intention und Einschüchterungspotenzial dieses ungewöhnlichen juristischen Vorgehens“ der Hohenzollern-Familie, so der Historikerverband. Wer künftig Anwaltspost aus dem Hause Hohenzollern erhält, kann sich bei dem Verband melden. Das Wiki soll laufend aktualisiert werden. Am Tag des Webseiten-Launch gab Georg Friedrich Prinz von Preußen, Ururenkel des letzten deutschen Kaisers, der Zeitung Die Welt ein Interview. „Wir sind lediglich aktiv geworden, als falsche Tatsachenbehauptungen veröffentlicht und weiterverbreitet wurden“, behauptet der Prinz einmal mehr.

Keine Raum für Zweifel

Der Historiker Eckart Conze erinnert am Dienstagabend daran, dass der Aufstieg des Nationalsozialismus und die Rolle der Monarchisten dabei intensiv erforscht seien. Die Geschichte werde auch auf Druck des alten Hochadels nicht umgeschrieben werden müssen. „Bei allen Bewertungsunterschieden im Einzelnen: An der Mitwirkung des Kronprinzen an der Zerstörung der Weimarer Republik und an seiner – in der Gesetzessprache – Vorschubleistung für die nationalsozialistische Machtübernahme kann kein Zweifel bestehen“, sagte Conze.

Der Preußenprinz hatte im Welt-Interview eingeräumt, dass „die Jahre von 1930 bis 1935 in politischer und moralischer Sicht der Tiefpunkt unserer fast 1.000-jährigen Familiengeschichte waren“. Der Historiker Stephan Malinowski stellt aber darüber hinaus die Frage, ob die Jahre davor und danach denn erfreulicher gewesen seien.

Die Juristin Sophie Schönberger verdeutlicht die Probleme, die sich beim Rechtsstreit mit den Hohenzollern ergeben. Die Stundensätze spezialisierter Rechtsanwälte seien hoch. Wer sich gegen Klagen wehren will, müsse viel Geld in die Hand nehmen. Hinzu komme, dass der Kläger sich im Grunde aussuchen könne, vor welchem Gericht in Deutschland er seine Klage erhebe. Der Preußenprinz klage konsequent vor dem Landgericht Berlin. „Es sind also immer dieselben drei Berufsrichter, die über seine Fälle entscheiden“, so Schönberger.

Worte auf der Goldwaage

Von den Hohenzollern werde jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, sagte der Medienwissenschaftler Michael Haller. Dies sei sehr problematisch, befand auch der Historiker Martin Sabrow. „Unsere Erkenntnisse sind vorläufig, sie versuchen, sich einer Objektivität anzunähern, von der wir wissen, dass es sie nicht geben kann.“

Ein Kritikpunkt an den Verhandlungen zwischen Hohenzollern und Bund und Ländern war der Umstand, dass die Gespräche geheim geführt würden. Georg Friedrich von Preußen behauptete im Welt-Interview, dass die Politik „unbedingt wollte, dass sie vertraulich geführt werden“. Manja Schüle (SPD), brandenburgische Wissenschaftsministerin, sagte, die Hohenzollern haben darauf gedrungen, dass die Informationen dazu intern blieben: „Wenn ich eine transparente, eine offene Diskussion führen will, dann kann ich nicht gleichermaßen auf eine Verschwiegenheitspflicht der öffentlichen Hand drängen.“

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10 Kommentare

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  • Liggers. Eine Ansammlung von geldgierigen Drecksäcken.



    Die sich seit unvordenklich - an:



    “Aus anderer Leuts Leder ist gut Riemenschneiden!“ Volkers 👄 -



    &



    Millionen Tote aus reiner Machtgier auf dem Gewissen haben.



    &



    Braune Steigbügelhalter der Xtra-Klasse.



    & dieses “Chef-Gehampel“ - * widerlich!



    “Chef des Hauses Hauses Hohenzollern!



    “Da sind doch mehrere Pfannen lose am Oberstübchen. Bin auch der Chef des Hauses …😂 “ uns Ohl & as ick nu ook!;))



    & Hoffe doch sehr - 🤣 -



    Zu den kleinen Zeitungen - die nicht mehr über diese Kretins Hohenzollern berichten - wa!



    Gehört dieses FischeinwickelBlättchen:







    frau im spiegel von www.funkemedien.de



    Frau im Spiegel. Jede Woche erhalten Sie neueste Meldungen aus den europäischen Adels- und Königshäusern – aber auch über Berühmtheiten ...“ 🤑 -

    Was aber verlogener nicht geht!



    “ Manja Schüle (SPD), brandenburgische Wissenschaftsministerin, sagte, die Hohenzollern haben darauf gedrungen, dass die Informationen dazu intern blieben: „Wenn ich eine transparente, eine offene Diskussion führen will, dann kann ich nicht gleichermaßen auf eine Verschwiegenheitspflicht der öffentlichen Hand drängen.“



    Geht’s noch? Die Dame - ihr lausigen 🤐



    SPezialDemokraten. Alle Latten am Zaun

    • @Lowandorder:

      Sorry Finger zu schnell: Rest hier =>

      “… Geht’s noch? Die Dame - ihr lausigen 🤐

      SPezialDemokraten. Alle Latten am Zaun?



      Das an diesen Vorgängen ein mehr als erhebliches Informationsinteresse besteht! Newahr. Dürfte auch einer Wissenschaftsministerin klar zu machen sein! (Wieso sojet überhaupt?)



      Die Zeit von Ebert & Noske* - sollte doch bi lütten vorbei sein! Newahr.



      Normal Schonn • But.

      unterm——- aus dem Skat - *



      Selbst so eine fitte Kappe wie Hans-Jochen Vogel - ließ im sonntäglich morgendlichen Tete-a-Tete im Kloster Freising - die Altersweisheit zu “Der Verrat“ by Sebastian Haffner vermissen.



      Um den roten hektischen Flecken nicht weiter Vorschub zu leisten - wechselten wir schmunzelnd-elagant zur gemeinsamen Uni - “ 17 Jahre?! Is das nicht‘n bischen Jung für die Uni?“ “Für die Wehrmacht hat‘s gereicht!“ “ Auch wieder wahr!“ &! Klarsichthüllen wurden nicht gestreift!

  • Die Lust der Hohenzollern: auf ewig in der nationalen Hängematte schaukeln...

  • Zwei Begriffe stoßen mir im Artikel auf:

    1. Es wird von einer Hohenzollernfamilie gesprochen. In ähnlichen Zusammenhängen wird sonst eher der Begriff "Clan" verwendet, den ich hier auch für passender hielte.

    2. Eine Clanführer wird als "Prinz" bezeichnet. Meines Wissens gibt es in Deutschland keine Monarchie mehr, also auch keine Prinzen. Bitte in Zukunft einfach "Clanführer" schreiben oder "Capo".

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Verschiedene Historiker-Gutachten zum Thema kaiserlicher Verstrickungen zur NS-Zeit wurden vor einiger Zeit von Böhmermann geleakt:



    hohenzollern.lol



    Die Guten oder Unschuldigen sahen wohl anders aus.

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    Lebt in Berlin mit Blick auf den Reichstag und möchte keine Schlösser zurück haben …. Da hat sich wohl etwas geändert

  • ein großer Fehler, die sogenannten Fürsten, Grafen und sonstigen "Adligen" nach 1945 nicht komplett enteignet zu haben.



    Der ganze Hype um Adel, Fürsten- und Königshäuser ist sowas von widerlich und vorgestrig.



    Unglaublich, was die sich heute noch erlauben!!!

    • 9G
      92293 (Profil gelöscht)
      @nun_aber_mal_halblang:

      Evtl. Mal die Queen fragen warum sie die Nähe zu Coburg, nrw und Hessen suchen aber die Hohenzollern aussparen …. Zur Hochzeit des Nachkommen Hohenzollern kam kein Brite, ich glaub der Adel von Sachsen Anhalt war dabei …. Viel Geschichte zog inzwischen durchs Land

    • @nun_aber_mal_halblang:

      Schließe mich wie ARIEL an.

    • @nun_aber_mal_halblang:

      Genau das! Danke