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Rechtsextremismus bei der PolizeiPolizisten im Nazichat

In der Polizeidirektion Osnabrück laufen derzeit sechs dienstrechtliche Ermittlungen wegen Verdachts auf rechtsextreme Gesinnung. Alles Einzelfälle?

Mitunter gleicher Gesinnung: Rechtsextremist und Polizist bei einem Aufmarsch 2015 in Goslar Foto: Swen Pförtner/dpa

Osnabrück taz | Carsten Rose, der Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen, ist ein Optimist. Anlässlich des Bildungsprogramms „Polizeischutz für die Demokratie“ der Polizei Niedersachsen, Ende 2019 gestartet als „Zeichen für unsere freiheitliche Demokratie, für den Rechtsstaat und für eine offene und pluralistische Gesellschaft“, sagt er: „Jede und jeder Einzelne in der Polizei“ stehe zu diesen Werten.

Dass das nicht stimmt, zeigt sich derzeit an der Polizeidirektion Osnabrück: Wegen des Verdachts auf „rechtsextreme Gesinnung“ laufen gegen vier aktive Polizeibeamte, einen aktiven Verwaltungsbeamten und einen pensionierten Polizisten dienstrechtliche Ermittlungen. Sie laufen schon seit Herbst 2020, und so viel ist auszuwerten, dass bis zu ihrem Ende noch Wochen vergehen.

Bei Durchsuchungen Ende 2020 im Emsland und in der Grafschaft Bentheim wurden bei ihnen mehr als 20 technische Geräte sichergestellt, darunter Mobiltelefone, PCs und Tablets, sowohl private als auch dienstliche, zudem Speichermedien. „Nach unseren Erkenntnissen waren teilweise mehrere Hundert Bilder und Videos mit verdächtigen Inhalten unter den Betroffenen verschickt worden“, sagt Marco Ellermann, Sprecher der Polizeidirektion Osnabrück, auf taz-Anfrage. Darunter seien „verstörende und indiskutable Bilder, die teilweise das Dritte Reich oder das Führerprinzip verherrlichen“. Verfassungsfeindliche Symbole seien zu sehen, Fremdenfeindliches. Messenger kamen zum Einsatz, hauptsächlich Whatsapp.

Drei der Polizisten sind vorläufig suspendiert, ein vierter bereits seit März 2020, wegen eines anderen Vorwurfs, der Verwaltungsbeamte tut weiter Dienst. Das Strafverfahren, wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück zwar eingestellt – die Dateien fanden keine öffentliche Verbreitung –, aber intern werde „auf Hochtouren“ weiterermittelt, sagt Ellermann. Im äußersten Fall droht eine Beendigung des Dienstverhältnisses, eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Getauscht worden seien verstörende und indiskutable Bilder, die teilweise das Dritte Reich oder das Führerprinzip verherrlichen

„Die Vorfälle müssen schnell und lückenlos aufgearbeitet werden“, sagt Polizeipräsident Michael Maßmann. „Falls sich der Verdacht bestätigt, werden wir konsequent und mit der notwendigen Härte handeln. Ich sage klipp und klar: Beamte, die durch ihr Gedankengut und ihre Handlungen den obersten Grundwerten unserer Demokratie widersprechen, haben in der Polizei nichts verloren.“

Die sechs Fälle schaden dem Ruf der Direktion massiv. Sie tut viel zur Stärkung der demokratischen Resilienz, nicht zuletzt durch die wegweisende Arbeit ihrer Dialogbeauftragten Sabina Ide. Aber das ist offenbar nicht genug. Man gehe „von Einzelfällen in der Polizeidirektion Osnabrück aus, nicht von strukturellen Problemen“, sagt Ellermann. Er sagt es faktisch, nicht abwiegelnd.

Einzelfälle? Mag sein, hier. Aber: „Dass es keine Einzelfälle sind, wenn PolizistInnen rassistisches Gedankengut verbreiten und auch entsprechend handeln, sollten langsam alle begriffen haben“, sagt Heidi Reichinnek, Landesvorsitzende der Linken in Niedersachsen. „Umso unverständlicher ist es, dass eine umfassende Studie zu Rassismus in der Polizei weiter auf sich warten lässt. Demokratiefeindlichkeit lässt sich nicht aussitzen und kann bei der Polizei tödlich sein!“

PolizistInnen in solchen Fällen gegen PolizistInnen ermitteln zu lassen, in der Hoffnung auf Sachneutralität, findet Reichinnek problematisch. Sie fordert eine unabhängige Meldestelle. „Die würde auch den vielen bei der Polizei den Rücken stärken, die keine rassistischen Einstellungen haben. An dieser Stelle schauen wir ganz klar auf Innenminister Pistorius, der ‚die Antifa‘ verbieten will, aber sich hier entspannt zurücklehnt.“

„Da darf nichts unter den Tisch gekehrt werden“, sagt Filiz Polat, Bundestagsabgeordnete aus Bramsche bei Osnabrück und Obfrau im Innenausschuss für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. „Die Verbreitung von rechtsextremen Inhalten, ob intern oder öffentlich, stellt eine ganz klare Grenzüberschreitung dar und muss mit aller Härte und Konsequenz verfolgt werden.“ Wer das Gewaltmonopol des Staates ausübe, müsse „mit aller Festigkeit auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“.

Wenn die Polizei ein Spiegelbild der Gesellschaft sei, gebe es auch in der Polizei Fehlverhalten, so Polat. Folglich sei davon ausgehen, „dass es auch in der Polizei einen gewissen Prozentsatz gibt, der rechtsextreme und rassistische Einstellungen teilt.“

23 Verdachtsfälle von 2015 bis Mitte 2020

23 Verdachtsfälle „rechtslastigen Verhaltens“ rechnet Svenja Mischel, Sprecherin des Niedersächsischen Innenministeriums, für 2015 bis Mitte 2020 vor. 21 Disziplinar- und arbeitsrechtliche Verfahren waren die Folge. Manches führte zu Geldbußen, zu Verboten der Führung der Dienstgeschäfte, zur Abmahnung, zur Kündigung, manches erhärtete sich nicht. In 14 der Fälle kam es zudem zu Strafverfahren. Zwei endeten mit einer Geldstrafe, eines mit einem Täter-Opfer-Ausgleich, die meisten der Verfahren wurden eingestellt, mangels hinreichenden Tatverdachts.

Zu den sechs Osnabrücker Fällen hält sich das Ministerium bedeckt. Noch sei keine abschließende Beurteilung möglich. Und dann zählt Mischel auf, was Niedersachsens Polizei alles zur „Stärkung der Demokratiefähigkeit“ tut, von der „Polizei Niedersachsen Strategie 2027“ bis zu Roses „Polizeischutz für die Demokratie“.

Viele gute Programme, zum Schutz der Demokratie. Man gehe „mit aller Konsequenz gegen jegliche Anzeichen rechtsextremer und rassistischer Gesinnung vor“, sagt Boris Pistorius, Niedersachsens Innenminister. Aber vielleicht braucht die Demokratie zuweilen Polizeischutz vor Polizisten?

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12 Kommentare

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  • Ich warne vor einem Generalverdacht. Es ist auch nicht jeder linke Demonstrant Steinewerfer oder will das demokratische System kippen.

    Ist doch schön, dass inzwischen anständig ermittelt und hart durchgegriffen wird. Daher die vielen Meldungen der letzten Monate. Das System reinigt sich.

    • @Wonneproppen:

      "Ich warne vor einem Generalverdacht." Dieses Vokabular wird besonders gerne von den Polizeigewerkschaften benutzt. Noch dazu im ersten Satz. Vll. sind die was für Sie.

    • @Wonneproppen:

      Unheimlich naive zu erwarten das Polizisten hier wirklich vollumfänglich gegen Polizisten ermitten.



      99% der Anzeigen gegen Polizisten werden eingestellt. Wieso sollte das auf einmal anders sein?







      Das sind die gleichen Polizisten die nichts gesagt haben, als ihre Kollegen ihr faschistisches Weltbild offen zur schau gestellt haben.

      Das wird auch nicht besser wenn mans in 3 Kommentaren schreibt.

      Solange es keine unabhängigen Ermittlungen und keine funktionierende Fehlerkultur in der Polizei gibt, ist ein Generalverdacht völlig angemessen.

    • @Wonneproppen:

      Komisch nur, dass nach den Ermittlungen meist aber immer nur ein "Ermittlungen eingestellt" kommt. Oder im besten fall eine Diskussion darüber starten, ist es rechts in einer Chatgruppe Hakenkreuze, Adolf Hitler Sprüche und ähnliches zu posten.

      Und wie können Ermittler deren z.T. Kumpels und Kollegen, ihren eigenen Korp überprüfen sollen, neutral sein. Wie naiv muss man sein da nicht in dem mindestens einem oder anderem Fall Interessenskonflikte zu sehen?

      • @Daniel Drogan:

        Unser Polizistenversteher - ja -Flüsterer



        weiß da ganz Meister Propper mit Sicherheit näheres. Newahr.



        Normal Schonn - wa! - 😸 -

  • www.zeit.de/gesell...s-vorwuerfe-studie



    Mit 97 Prozent der Befragten halten die Beamten die parlamentarische Demokratie "eher" oder "voll und ganz" für die beste Staatsform.

    Ich denke, das ist weit über dem Bevölkerungsdurchschnitt. Bei 350.000 Beamten in Deutschland kann man schwarze Schafe leider nicht ausschließen. Aber es wird inzwischen hart durchgegriffen, wie die Berichte der letzten Monate zeigen.

    • @Wonneproppen:

      3 Meldungen in 5 Minuten, haben Sie ein Aufmerksamkeitsproblem? Warum nicht ihre Argumente in einen Post verpacken?

      Und dazu das sie sich nicht mal unterscheiden. Hoffen Sie durch mehrfach Erwähnung das ihre Meinung damit mehr Gewicht erhält? Nein, ist nicht so.

  • Bei 350.000 Polizisten in Deutschland kann man das ein oder andere schwarze Schaf einfach nicht vermeiden. Unterscheiden muss man auch zwischen sieben Jahre alter, offensichtlicher Satire, wegen der man schon Beamte entlassen wollte www-sueddeutsche-d...ter-chat-1.5090605 und ernsteren Fällen.

    Und dass die interne Ermittlung saubere Arbeit leistet und zusammen mit der Justiz hart durchgreift, erkennt man schon bei einer kurzen "Polizist verurteilt"-Google-Suche.

    Wenn bei BMW Teile geklaut werden, schaut die BMW-Führung auch nicht weg, weil es halt Kollegen sind. Da knallts richtig.

    • G
      Gast
      @Wonneproppen:

      "Unterscheiden muss man auch zwischen sieben Jahre alter, offensichtlicher Satire, wegen der man schon Beamte entlassen wollte [....] und ernsteren Fällen."

      "Ach was!" (c) Loriot

    • @Wonneproppen:

      Klar - soutenirs bronzé enthousiaste - wa!

      Na Mahlzeit

      • @Lowandorder:

        Amtssprache ist Deutsch! ;)

        • @Wonneproppen:

          Tjä Jung. Amtssprache - Sesselpuperkrom - hev ik alllang achter mi.