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Rechtsextremer Wolfsgruß bei EM-SpielSich selbst treu geblieben

Die Uefa hat den türkischen Nationalspieler Merih Demiral für zwei Spiele gesperrt. Der Fußballverband zeigt sich sicherer im Umgang mit Politik.

Der ­faschistische Gruß: Innenverteidiger Merih Demiral am Dienstag nach seinem zweiten Tor gegen Österreich Foto: Ebrahim Noroozi/ap

Die Politik ist nicht aus dem Spiel zu halten. Da hilft auch die Disziplinarordnung der Uefa mit ihren 79 Artikeln nichts. Aber sie kann zumindest verhindern, dass ein Turnier wie die Europameisterschaft zum Spielball derer wird, die diese Bühne beispielsweise dafür nutzen, rechtsextremistische Gesten und Symbole zu normalisieren. So wurde der türkische Verteidiger Merih Demiral am Freitag von der Uefa auf Grundlage des Artikels 11, Absatz 2 für zwei Spiele gesperrt. Der nach seinem zweiten Treffer gegen Österreich gezeigte Wolfsgruß wird als Verstoß gegen die allgemeinen Verhaltensregeln gewertet.

Im Konkreten kommt der Passus zur Anwendung, dass derjenige sanktioniert wird, der „Sportereignisse für Manifestationen nichtsportlicher Natur nutzt“ und dessen „Verhalten den Fußballsport und insbesondere die Uefa in Verruf bringt“.

Der Wolfsgruß ist ein Erkennungszeichen der rechtsextremistischen türkischen Bewegung Graue Wölfe, die in ganz Europa ihre Blutspuren hinterlassen hat und deren politischer Arm, die MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung), Regierungspartner von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist. Selbst politische Gegenspieler von Erdoğan wie der letzte Präsidentschaftskandidat ­Kemal Kılıçdaroğlu nutzten den Wolfsgruß, um eine Brücke zu nationalistisch gesinnten Wählerkreisen zu schlagen. Als unpolitisches Symbol kann dieses Zeichen nur Naivlingen verkauft werden.

Wie wichtig die Uefa-Sank­tio­nierung der Geste von Demiral ist, zeigt bereits die Ankündigung von Erdoğan, statt nach Aserbaidschan zum EM-Spiel der Türkei gegen die Niederlande zu reisen. Die Debatte über den Gruß nutzt der Regierungschef zu einer politischen Demonstration. Hätte der europäische Fußballverband Demiral grünes Licht gegeben, wäre dieser samt Erdoğan im Olympiastadion schon vor dem Anpfiff als siegreicher Held gefeiert worden. Ein jeder hätte dies als Signal werten können, die Uefa künftig am Nasenring durch die Manege ziehen zu können.

Kein politikfreier Raum

Unglaubwürdig wäre der Verband gewesen, weil er in der Gruppenphase bereits den albanischen Stürmer Mirlind Daku für zwei Partien sperrte, weil dieser mit dem Megafon die eigenen Fans mit nationalistischen Gesängen aufpeitschte. Wegen nationalistischer Transparente und Sprechchöre des albanischen und serbischen Anhangs wurden Geldstrafen ausgesprochen.

Manche Beobachter fordern nun, die Uefa müsse in voller Konsequenz gegen jedwede politische Botschaft vorgehen, wie sie etwa auch von Ausnahmestürmer Kylian Mbappé in dieses Turnier in Deutschland getragen wurde. Er rief Französinnen und Franzosen zur Wahl auf, um eine Machtübernahme der Rechtspopulisten, welche die Gesellschaft spalten wollten, zu verhindern.

Würde die Uefa allerdings solche Äußerungen sanktionieren, würde sie ihr propagiertes Selbstverständnis und Handeln diskreditieren. Der Verband bewegt sich nicht in einem politikfreien Raum. Die Bekenntnisse von Mbappé sind nahezu ein Abbild dessen, was die Uefa nach außen kehrt, wenn sie in Kampagnen den verbindenden Charakter des Fußballs, die Bedeutung von Integration, Vielfalt und Antidiskriminierungsarbeit betont.

Was genau die in den Statuten erwähnten „Manifesta­tio­nen nichtsportlicher Natur“ eigentlich sein sollen, das ist dem europäischen Fußballverband mitunter selbst nicht klar. Bei der EM 2021 leitete die Uefa-Disziplinarkommission ein Verfahren gegen den damaligen deutschen Kapitän Manuel Neuer ein, weil er im Spiel gegen die Ungarn, deren Regierung für eine homophobe Politik verantwortlich ist, eine Regenbogenbinde am Arm trug. Der Anfangsverdacht stand im Raum, dieses Verhalten könne nicht angemessen sein. Das Verfahren wurde jedoch vom Uefa-Gremium mit der Begründung und späten Einsicht eingestellt, die Binde stehe für Vielfalt und „eine gute Sache“. Den Kampf gegen Homophobie schreibt sich die Uefa eben ansonsten auch auf ihre Fahnen.

Doch ein wenig scheint die Uefa bei der Bewertung von nicht direkt sportlichen Themen an Sicherheit gewonnen zu haben. Fragen zu den Befindlichkeiten der französischen Spieler nach den ersten Ergebnissen der vorgezogenen Neuwahlen etwa wurden auf den Pressekonferenzen nicht unterbunden. Offenbar hielten es die Verantwortlichen ebenfalls für eine gute oder zumindest tolerierbare Sache, wenn sich Nationalspieler nicht nur gegen Ausgrenzung im Fußball, sondern auch gegen die in der Gesellschaft ­positionieren.

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13 Kommentare

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  • Man stelle sich vor, ein Füllkrug zeigt nach einem Tor den Hitlergruß!?

    Denn keine andere Ideologie versteckt sich hinter dem Wolfsgruß.

    Er steht für einen Genozid an Armeniern. An bis heute unterdrückte Kurden und der Gründung eines Neo osmanischen Reiches der vermeintlich überlegeneren Turkvölker.

    Ich verstehe nicht warum diese Geste in Deutschland nicht verboten ist. Es gibt 12.000 Graue Wölfe in Deutschland. Es sind also nicht nur Türken die in der Türkei leben die dieses Symbol benutzen.

    Bin gespannt was passiert, wenn Erdogan den Gruß zeigen wird.

    • @Pawelko:

      Im Gegensatz zum Hitlergruss ist der Wolfsgruss nicht verboten.



      Allerdings stellt sich die Frage, ob das heutzutage noch eine Bedeutung hat.

  • „alle GEGENeinander“ das Spiel funktioniert nur miteinander. Dafür gibts schließlich die Regeln.

  • Faschisten müssen draußen bleiben.

    Ganz einfach eine Liste erstellen was nicht geht: vom Hitler-Gruß über den Wolfsgruß und was es da sonst noch alles gibt.

    Sperren. Für das ganze Turnier. Da muss man nicht alles diskutieren, die Spieler wissen Bescheid und die Zuschauer werden nicht mit diesem Fascho-Zeugs belästigt.

    • @shantivanille:

      Anschließe mich! Faschos raus!



      Bei❗ srf.ch❗ fand ich



      "Dafür steht der «Wolfsgruss»: Der «Wolfsgruss» ist ein Symbol der rechtsextremen und als ultranationalistisch geltenden Gruppierung «Graue Wölfe» in der Türkei. «Ihre Ideologie enthält zum einen rassistische Elemente, die sich gegen Armenier und Kurden richten. Zum anderen äussern sie sich auch antisemitisch», weiss Ismail Küpeli, Politikwissenschaftler an der Ruhr-Universität Bochum und fügt hinzu: «Diese Ideologie ist sehr demokratiefeindlich und feindselig gegenüber einer Vielzahl von Bevölkerungsgruppen.»



      Entstanden sei sie im letzten Jahrhundert unter der Herrschaft der Jungtürken, so Küpeli. «Diese waren für den Genozid von 1915 verantwortlich, bei dem über eine Million Armenier umgebracht wurden.» Daraufhin habe sich eine extrem rechte Bewegung entwickelt, die spätestens in den 1940er-Jahren an die Öffentlichkeit gelangte."



      Die roten Linien wurden schon zu oft überschritten, der Staat darf auch während des Turniers nicht wegschauen, weil die Gastfreundschaft im Vordergrund steht. Gastfreundschaft zu missbrauchen ist ein No-Go.

  • Danke für diesen klaren Artikel.



    Es gibt ja viel, auch berechtigte, Kritik an der UEFA.



    In diesen politischen Entscheidungen hat sie aber, auch meiner Meinung nach, die richtigen Entscheidungen getroffen.



    Und, liebe Türkische Landsleute, das ist keine Entscheidung gegen Euch.



    Falls ein deutscher Nationalspieler beispielsweise den Hitler-Gruß zeigen würde, hätte ich kein Problem mit



    einer lebenslangen Sperre.

  • Es ist immer eine Gratwanderung. In einem Wettberwerb, in dem die Mannschaft der besten NATION gewinnen soll, bzw. alle GEGENeinander antreten sollen, nationalistische Töne zu verbannen.



    Trotzdem hat die UEFA richtig entschieden.

  • Ich bin erfreut, dass die UEFA konsequent handelt. Das war nicht unbedingt zu erwarten.

    Interessant und erschreckend find ich die Apologetik des türkischen Rechtsextremismus in diesem Forum. Etliche Foristen können sich anscheinend gar nicht vorstellen, dass es rechtsextreme Türken gibt.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Wer sieht, wieviele (in Deutschland lebende) Türken den Despoten Erdogan wählen (während sie sich ihm durch das Leben in D entziehen), genauso wie etliche Russen (hier in Freiheit lebend) Putin anhängen plus hauseigene AFD, kann sich über gewisse Auslegungen von „freier Meinungsäußerung“ nur noch (verzweifelt) den Kopf schütteln.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Diese Einschätzung einer Unterschätzung teile ich speziell für die taz und die ForistInnen der Kommune nicht.



      Den meisten sind die Beobachtungen und Ermittlungen sicher bekannt.



      /



      www.verfassungssch...n-deutschland.html



      /



      Quelle taz.de ❗17.11.2020❗



      "Cem Özdemir über Graue Wölfe"



      „Dieses Verbot ist überfällig“..."

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Ein Bekannter von mir ist Türke,und schwul und hat einen deutschen Mann geheiratet, fragen Sie mal den, der wurde aus seine Community völlig ausgestossen.



      Wir haben da wohl eher verträumte Vorstellungen was die türkische Folklore betrifft.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Das sind entweder Leute, die Nebelkerzen werfen oder völlig naiv sind oder einfach nur provozieren wollen.



      Richtige Entscheidung der UEFA, zumal der Spieler ja sogar angekündigt hat den Gruß noch möglichst oft zeigen zu können im Turnier.