Rechtsextreme in Österreich: Shitstorm gegen Shoah-Überlebenden
Rudolf Gelbard überlebte die NS-Vernichtungslager, kämpft gegen das Vergessen – und die FPÖ. Jetzt löst ein Video von ihm ungezügelten Hass aus.
Wien taz | Wer öffentlich gegen die rechte FPÖ auftritt, muss mit Konsequenzen rechnen. Denn deren Anhängerschaft ist nicht zimperlich. Das musste der Holocaust-Überlebende Rudolf Gelbard erleben, nachdem er ein Video auf Facebook gepostet hatte. In der kurzen Stellungnahme warnt Gelbard vor einer Regierungsbeteiligung der FPÖ, die seit einigen Tagen mit der konservativen ÖVP einen Koalitionspakt aushandelt.
Rudolf Gelbard ist so etwas wie eine Ikone der Gedenkkultur. Der 86Jährige hat in den NS-Vernichtungslagern 19 Familienmitglieder verloren und überlebte als Kind das KZ Theresienstadt. In dem Video, das von der Menschenrechtsorganisation SOS-Mitmensch auf Facebook gestellt wurde, argumentiert Gelbard mit dem Einfluss deutschnationaler Burschenschafter auf die FPÖ.
Nicht weniger als 20 ihrer 51 eben in den Nationalrat gewählten Abgeordneten gehören solchen Verbindungen an. Sie stehen politisch weiter rechts als vergleichbare Corporationen in Deutschland. Viele von ihnen leugnen die Existenz der österreichischen Nation, pflegen den Arier-Paragraphen und betreiben NS-Apologie. Im Steuerungsteam der FPÖ sitzt mit Anneliese Kitzmüller die Vize-Vorsitzende der nicht minder extremistischen Mädelschaft „Iduna zu Linz“. „Heil Sonnenwende“, steht in einem Facebook-Posting der Mädelschaft über einem lodernden Lagerfeuer.
Mehrere Corporierte stehen auf der Shortlist von FPÖ-Strache für Ministerposten. Allen voran der ehemalige Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer, Ehrenmitglied der ziemlich rechten Marko-Germania zu Pinkafeld.
Hetze bis zur Holocaustleugnung
Gelbard begründet seine Vorbehalte gegen diese Vereinigungen mit deren Weigerung, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Er spricht von „sieben Fällen von schwersten Kriegsverbrechen, wo Burschenschafter beteiligt waren“. Keines dieser Verbrecher sei von den Ehrenlisten und Ehrentafeln ihrer Verbindungen entfernt worden. Darunter Irmfried Eberl, Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka und Mitglied der Germania zu Innsbruck, und der berüchtigte SS-Brigadeführer und Chef des Reichssicherheitshauptamtes Ernst Kaltenbrunner (Grazer Arminia).
Gelbard erinnert daran, dass die FPÖ auch heute noch Probleme mit der Vergangenheitsbewältigung habe, wie die Klagenfurter Gemeinderatsfraktion, die als einzige gegen eine Gedenkstätte am ehemaligen Gestapo-Hauptquartier gestimmt habe: „Deshalb gehört eine solche Partei, die von solchen Leuten durchsetzt ist, nicht in die österreichische Bundesregierung“.
Neben über 80.000 Likes provozierte diese Stellungnahme auch wütende Reaktionen von Nutzern, die eine „linke Hetze“ zurückwiesen, Gelbard „eine im Hirn total benebelte Birne“ bescheinigten oder sich von SOS Mitmensch an das „nordkoreanische Regime“ erinnert fühlten. Zum Holocaust meinte einer: „es gibt auch Zeitzeugen, die das Gegenteil behaupten“. Alexander Pollak von SOS Mitmensch sah sich gezwungen, eine zweistellige Zahl an Postings mit einschlägigen Inhalten zu löschen.
Schon vor einer Woche hatte Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, ebenfalls vor Regierungsverantwortung für die FPÖ gewarnt: „Wenn sich der nationalistische Wolf einen blauen Schafspelz überzieht, ändert er sein Wesen nicht, nur sein Aussehen.“ Ein Ludwig P. stellte daraufhin – stellvertretend für offenbar viele Gesinnungsgenossen – die Frage: „Ihr Juden gebt nie Ruhe, oder?“ und empfahl: „Wandert doch nach Israel aus, wenn euch in Europa die Luft nicht schmeckt“. Ein anderer fand, dass die Juden immer schon „im Hetzen gut waren, schließlich hätten sie ja „den Zweiten Weltkrieg finanziert und heraufbeschworen“.
Leser*innenkommentare
Benedikt Bräutigam
Zur Hetze drängt an der Hetze hängt doch alles. Ob in Österreich oder hier, ob FPÖ oder AFD, das sind alles keine Ausrutscher, das ist die logische Konsequenz einer Bewegung die aus Hass auf alles Fremde besteht und deren inneres Wesen die permanente Radikalisierung ist.
Arianus
"Ein anderer fand, dass die Juden immer schon im Hetzen gut waren, schließlich hätten sie ja „den Zweiten Weltkrieg finanziert und heraufbeschworen“
Das ist wie mit den Farbigen, die haben ja mit ihre unterwürfigen Art auch den Sklavenhandel proviziert und mit den Gewinnen, wenn sie Verkauf wurden finanziert.
Arianus
„Wandert doch nach Israel aus, wenn euch in Europa die Luft nicht schmeckt“
Liebe rechte Östereicher, wandert doch nach Ungarn aus, wenn euch die Luft im freien Europa nicht schmeckt.
ecox lucius
Man weiss nicht so recht ob man wegen der phantasievollen Namen der Burschen - und Mädelschaften vor Elend heulen oder vor deren Blumigkeit lachen soll. Aber definitiv zum Heulen sind die kruden Kommentare. Sie zeugen von totaler historischer Ignoranz und Menschenverachtung. Erschreckend wie im 21. Jahrhundert, in einem Europa der "abendländlichen", "christlichen" oder sonst so hoch gelobten Werte, dies möglich ist.
the fall
Ekelhaft, aber was hat man denn erwartet?
Nein, die Milieus, denen FPÖ, AfD oder auch die Kronenzeitung "wieder eine Stimme geben wollten", sind nicht zimperlich; sie sind nicht anständig, nicht sachlich und haben oft genug nicht den blassesten Schimmer vom Diskussionsgegenstand außer der eigenen Wut und einem übermächtigen Gefühl, ständig zu kurz zu kommen bzw übervorteilt zu werden.
Die absurden Kommentare bez R. Gelbard / O. Deutsch ("2. WK finanziert und heraufbeschworen" etc) sind sinngemäß die Antwort auf Sarrazins "das wird man ja wohl noch sagen dürfen" - auch wenn der das Phänomen FPÖ selbstredend nicht verantwortet.
Vernünftiger, besser, klüger als Sarrazins Ansatz ist halt nach wie vor: "Nazis solln die Schnauze halten"
4225 (Profil gelöscht)
Gast
So internationalistisch ist die FPÖ, dass sie die österreichische Nation nicht anerkennen will ? Es gab ja auch mal welche, die glaubten, die DDR sei eine Nation. Aber Österreich und die DDR hatten vieles gemeinsam, beide Länder waren Opfer des Nationalsozialismus !
Nicky Arnstein
@4225 (Profil gelöscht) Dass es die DDR im Nationalsozialismus nicht gab, ist Ihnen aber schon klar, oder? Wie kann etwas, das es nicht gab, Opfer gewesen sein? Übrigens: wie antifaschistisch die DDR war, sah/sieht man nach dem Zusammenbruch bzw. der Wende.
Arianus
@4225 (Profil gelöscht) Von den 10.000 Antifaschisten des Dritten Reiches lebten 15 Millionen in der DDR.
Uranus
"Aber Österreich und die DDR hatten vieles gemeinsam, beide Länder waren Opfer des Nationalsozialismus !"
Aja? Ernsthaft?
Tina
Mit wird schlecht beim Lesen dieses Artikels. Ich kann nur hoffen, dass Deutschland nicht nachzieht!!
m. luz
gibts in ösiland auch labour party+corbyn? da wird doch selbiges wie holocaust leugnung auch gebracht.das da in der alpinen welt so einiges nicht in ordnung ist,sieht man auch an den ss treffen in krumpendorf/ulrichsberg bei klagenfurt.unverhohlen wurde da selbst mit offizieller militär begleitung,pfaffen und orf übertragung ´großdeutsches kulturgut´hochgehalten.auch in begleitung südbayrischer neonazis+
ustasha nazis !