Rechtextreme Fans des Chemnitzer FC: Streben nach Auferstehung

Die Fangruppierung NS-Boys in Chemnitz löst sich auf. Ein Zeichen zur Entspannung ist das nicht. Die Gruppe wird im Verborgenen weitermachen.

Porotechnik in Fußballstadion

Die Huldigungen der rechtsextremen Hooligan-Ikone Thomas Haller im Stadion des Chemnitzer FC Foto: dpa

Um Tod und Auferstehung geht es an Ostern. Insofern ist es möglicherweise kein Zufall, dass die NS-Boys ihre Auflösung zwischen Karfreitag und Ostersonntag via Facebook bekannt gegeben haben. Ein Grund zum Feiern ist das offizielle Ende der rechtsextremen Fangruppierung des Chemnitzer FC nicht.

Oberflächlich gelesen wirkt ihr letztes Statement wie eine Kapitulationserklärung. „Aufgrund der immer irrsinniger werdenden Repressionen ist es uns nicht möglich, die Gruppe mit all ihren Werten und Eigenschaften in würdiger Art weiterzuführen“, heißt es. Nach den Huldigungen für die verstorbene rechtsextreme Hooligan-Ikone Thomas Haller im Stadion des Chemnitzer FC Anfang März sind auch die NS-Boys in den letzten Wochen wieder mehr ins Visier der Öffentlichkeit gerückt. Und die sich nach Imageerfolgen sehnenden Verantwortlichen des Chemnitzer FC, die sich bei der Haller-Ehrung mächtig blamiert hatten, dürften für naive Interpretationen der NS-Boys-Auflösung anfällig sein.

Aber schon der Abschlusssatz der NS-Boys („Wir sehen uns in und um diverse Stadien“) weist darauf hin, der Kampf gegen Rechtsextremisten in den Kurven wird nur komplizierter. Das hat man bereits am Beispiel der rechten Hooligangruppe „Inferno Cottbus“, mit denen die Chemnitzer NS-Boys freundschaftlich eng verbunden sind, beobachten können. Im Mai 2017 wurde das Ende der Inferno-Vereinigung verkündet, seither haben sie aber ihre Aktivitäten in Cottbus als klandestines Netzwerk verstärkt. Vor knapp zwei Wochen waren von einer Großrazzia im Raum Cottbus nach Polizeiangaben auch etliche ehemalige Inferno-Mitglieder betroffen. Gefunden wurde bei der Durchsuchung von 29 Wohnungen, Ladengeschäften und Büros rechtsextremistisches Material und Waffen. Es bestünde, so teilte die Polizei mit, der dringende Tatverdacht einer kriminellen Vereinigung. Von einer jederzeit bereiten Eingreiftruppe war die Rede.

Auch in Chemnitz werden die NS-Boys versuchen, im Verborgenen sich weniger angreifbar zu machen. Im Rückblick erstaunt es eher, wie offen und lange die NS-Boys wirken konnten, obwohl sie aus ihrer rechtsextremen Gesinnung keinen Hehl machten. Unter dem wenig tarnenden Decknamen „New Society“ gründeten sie sich 2004 und erhielten vom Verein erst zwei Jahre später offiziell Stadionverbot. Gesehen wurden sie sogar mit Gruppeninsignien bis zuletzt im Stadion. Vom Verfassungsschutz wurde sie erst 2012 beobachtet.

Wenn man aus den Erfahrungen in Cottbus lernen will, bedarf es beim Chemnitzer FC neben wirklich funktionierenden zielgerichteten Repressionsmaßnahmen vor allem einer Förderung zivilgesellschaftlicher Kräfte im Stadion. Die Auflösung der NS-Boys erfordert es, in der nächsten Zeit noch genauer hinzusehen. Denn sie arbeiten an ihrer Wiederauferstehung in anderer Form.

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