Rechter Waldorflehrer in Minden: Gruppenbild mit Kriegsverbrecher
Hartnäckig leugnet ein Mindener Waldorflehrer rechtsextrem zu sein. Ein Bild zeigt ihn nun als Kollegen des SS-Mannes Erich Priebke.
Wolf-Dieter Schröppe lehrt heute an der Freien Waldorfschule in Minden, wo seit Monaten ein Streit über seine Verstrickungen in die rechtsextreme Szene läuft. Ende April hatten zwei Schülerinnen die Schule auf Berichte zur „Ahnenstätte Conneforde“ bei Oldenburg hingewiesen, auf der sich Altnazis beerdigen lassen. Schröppe ist Vorsitzender der „Ahnenstätte“, ein Amt das er 2008 von dem NPD-Bundestagskandidaten Alfred Manke übernahm.
Und das ist nicht die einzige Verbindung des Lehrers zu alten und neuen Nazis. Schröppe war beim rechten „Bund Deutscher Unitarier – Gemeinschaft Europäischen Geistes“ aktiv, dessen Vermögen bei Auflösung an die „Ahnenstätte Conneforde“ geht. Er veröffentlichte auch in der Zeitschrift des rechten „Bundes für Gotterkenntnis“, die im rechtsextremen Verlag Hohe Warte erscheint.
Für einen Sammelband der extrem-rechten Politiker Otto Scrinizi und Jürgen Schwab, schrieb er einen Beitrag, in dem er über den Einfluss der Hochfinanz spekuliert, zu der der Bankier Rothschild gehöre. Der Band erschien im rechten Aula-Verlag.
Diese Vorwürfe sind inzwischen bekannt und auch ein „Abschlussbericht“ der Mindener Waldorfschule setzt sich mit ihnen auseinander. Dennoch kommen die Autoren zu einem entwarnenden Fazit. Dieses fasste ein Autor für die taz so zusammen: „Wir sind davon überzeugt, dass unser Kollege keinerlei rechtsextremes oder völkisches Gedankengut pflegt.“
Deutlicher Einfluss von Altnazis
Unerwähnt bleibt im Bericht der Waldorfschule die Verbindung zwischen Schröppe und dem Altnazi Erich Priebke. Dabei entstand das Foto mit Priebke vor 23 Jahren – nur drei Jahre später begann Schröppe für die Waldorschule zu arbeiten.
In demselben Jahr, 1995, musste sich Priebke in Italien wegen eines Massakers in den Ardeatinischen Höhlen verantworten und wurde 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt. Er starb 2013 im Hausarrest in der Villa eines reichen Freundes. Reue zeigte er nie.
In jedem Fall muss der Einfluss von Altnazis auf seinen vorherigen Arbeitgeber Schröppe bekannt gewesen sein. Fritz Küper, der 1987 bis 1989 die deutsche Schule leitete, schreibt in dem Buch „Unsere Schulen – undemokratisch und inhuman“, dass bekannt war, dass im Vorstand Nazis waren. Die Schule sei eine „verschworene Gemeinschaft ewig Gestriger“ gewesen, so Küper.
Küper erinnert, dass ihn Schulkinder auf den Holocaust ansprachen. Nachdem er „diesen historischen Vorgang“ bestätigt habe, hätten die Schüler ihn angegrinst und der Schulvorstand ihm erklärt, dass sie den Holocaust als „Alliierten-Lüge“ ansehen.
Schule plant weiteres Gespräch
„Manche Aspekte der argentinischen Vergangenheit sind uns bekannt,“ sagt Ulrich Schubert, Sprecher der Waldorfschule. Die Intensität sei jedoch nicht einzuschätzen, räumt er aber ein. Auch noch nicht, inwieweit Schröppe wirklich alles sagte. Schubert zufolge solle es aber keine Trennung von Schröppe ohne vorheriges Gespräch geben: „Manche sehen das als Fehler, wir aber als Chance für die Auseinandersetzung.“
Seit längerem liegt der Schule eine Studie der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Detmold“ zu dem Wirken ihres Kollegen vor, die sie selbst in Auftrag gab. Das Fazit widerspricht dem eigenen „Abschlussbericht“: „In den von Schröppes verfassten Texten finden sich wesentliche Denk- und Argumentationsmuster der ‚völkischen Ideologie‘“. Als Reaktion erklärte Schröppe schriftlich: als „Lehrer stehe ich auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“.
Neue Textvergleiche legen allerdings nahe, dass Schröppe auch unter dem Pseudonym Dieter van Moor Beiträge in der „Nordischen Zeitung“, dem Blatt der rechtsextremen „Artgemeinschaft“ schrieb – bis 2014.
Am Mittwoch ist ein weiteres Gespräch geplant. „Wir erwarten, dass er uns aktiv alles sagt, auch bis wann er wo was veröffentlicht hat“, sagt Schubert. Er müsse zudem erklären, den Vorsitz bei der Ahnenstätte niederzulegen. Erfülle er diese Auflagen nicht, so Schubert, könne sich das Kollegium eine weitere Zusammenarbeit nicht vorstellen.
Bereits im Juni empfahl der „Bund der Freien Waldorfschulen“ (BdFWS) die Trennung von Schröppe. Henning Kullak-Ublick, Vorstandsmitglied des BdFWS ist da deutlich: „Wir erwarten von der Schulleitung unmittelbar zu Beginn des neuen Schuljahres die klare Entscheidung, sich von dem Lehrer zu trennen“. Sollte sie sich nicht dazu entscheiden, werde ein Ausschlussverfahren aus dem BdFWS überprüft. Am 11. August gehen in Nordrhein-Westfalen die Sommerferien zu Ende.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich