Rechter Aufdruck bei C&A: Nazimode für Kinder
Ein Kindershirt einer großen Modekette sieht aus wie ein beliebtes Motiv von Rechtsextremen. Wie kann so etwas passieren?
Unter Nazis ist es ein beliebtes Motiv: es gibt die Division Germania, eine Rechtsrockband, die Division Franken, eine rechtsextreme Jugendorganisation und auf der Website Druck18.de kann man sich sein persönliches Divisions-Shirt bestellen. Division Baden, Division Sudetenland, Division Mallorca. Alles in Fraktur, Reichsflagge inklusive. Getragen werden diese Shirts normalerweise von Männern mit Glatzen und Frauen mit Hakenkreuz-Tatoos, die auf Konzerten Lieder wie „National & Sozial“ oder „Seht wer euch (ver)führt“ mitgrölen. Jetzt also auch Kinder.
Dass bei großen Modeketten solche Motive auftauchen, ist nicht neu. 2014 gab es einen Aufschrei, als bei Zara Babykleidung in KZ-Optik angeboten wurde. Bereits 2007 musste die spanische Marke eine Handtasche mit Hakenkreuz-Aufdrucken aus dem Sortiment nehmen.
Und Anfang des Jahres bekam H&M einen Shitstorm ab, weil in der Werbekampagne ein schwarzer Junge auftauchte, der einen Pulli mit dem Aufdruck „Coolest Monkey in the Jungle“ trug. Auf das Sweatshirt des kleinen weißen Jungen daneben war „Mangrove Jungle – Survival Expert“ gedruckt. Die erste Assoziation vieler Menschen in den Online-Netzwerken: Reproduktion rassistischer und kolonialer Strukturen.
„Wear the Change“
Aber wie kann eine Modekette übersehen, dass das eigene blau-weiße T-Shirt mit sechszackigem Stern auf der Brust an Häftlingsuniformen aus Konzentrationslagern erinnert? Oder der schwarz-weiß-rote Pullover der neuesten Nazimode entspricht? C&A äußerte sich auf Anfrage der taz zu dem Sweatshirt: „Die Ähnlichkeit des Schriftzugs war uns leider nicht bewusst und keinesfalls beabsichtigt. Wir entschuldigen uns ausdrücklich für diesen bedauerlichen Vorfall.“ Die Firma positioniere sich „klar gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.“
Trotzdem läuft jetzt fürs erste ein Haufen kleiner Jungen mit rechtsextrem anmutenden C&A-Pullovern durch die Welt. Und egal ob das Absicht oder Versehen war – für Opfer rechtsextremer Gewalt ist das belastend. Möglich macht so etwas die Kombination aus Design vom Fließband und zu laxen Kontrollen in der Branche, die immer wieder rassistische Aufdrucke durchgehen lässt. Dass das Shirt in der „Wear the Change“-Kollektion erscheint – ein Label für nachhaltig produzierte Kleidung – macht das Ganze noch absurder.
Nach einem schockierten Tweet, der auf die Ähnlichkeit mit rechten Labels aufmerksam macht, und der taz-Anfrage erklärte C&A am Freitag, man werde den Pullover umgehend aus dem Onlineshop entfernen und nicht mehr verkaufen. Tatsächlich tauchte das Shirt bereits am Nachmittag nicht mehr im Onlinesortiment auf. Weiter hieß es: „Unsere Filialen werden im Augenblick entsprechend informiert.“
Und zumindest C&A will auch etwas ändern: „Wir nehmen diesen Vorfall zum Anlass, unsere Design-, Schulungs- und Freigabeprozesse nochmal zu überprüfen.“ Damit in Zukunft niemand mehr aus Versehen zum Nazi wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht