Rechte Regierung in Holland: Born to be Wilders
Unsere Autorin schaut zurück in die Woche und sieht: blond. Über wilde Haare und steile Thesen zum Islam aus den Niederlanden.
N eulich bin ich im Internet auf ein Foto gestoßen, das einen jungen Mann mit dunklen Locken als Freiwilligen in Israel zeigt. Das Gesicht kam mir irgendwie bekannt vor, jedenfalls in einer älteren Wasserstoffperoxid-Version: Geert Wilders, der neue starke Mann in den Niederlanden, der wider Erwarten und bedauerlicherweise diese Woche eine Regierungskoalition zustande gebracht hat.
Tatsächlich sind nur zwei Prozent der Weltbevölkerung natürlich blond. Wilders, Sohn einer Indonesierin und eines Niederländers, gehört nicht dazu. Es kursiert das Gerücht, dass Blondinen in Indonesien auch eher selten sein sollen.
Aber was Marilyn Monroe konnte, kann selbstverständlich auch ein Geert Wilders. Und mit Hilfe von Bleichmitteln und Mut zur Irritation steht inzwischen ein Rechtsextremist mit weißblonder Mozart-Frisur vor uns und regiert im flachen Nachbarland.
Und spätestens jetzt ist klar: Wir müssen uns auf eine völlig neue Welt einstellen! Die rechten Männer sind nicht mehr an ihren zackigen Kurzhaarschnitten zu erkennen, sondern an ihren schrägen Frisuren. Born to be Wilders! (Man denke nur an Maximilian Krah, auch so ein Fall.) Statt deutscher Schäferhunde liebt Wilders außerdem Katzen – die faulsten, undiszipliniertesten, launischsten und dabei anspruchsvollsten aller Haustiere. Wilders folgen rund 1,4 Millionen Menschen auf X/Twitter, während er selbst nur einer einzigen Person folgt: „Snoetjeen Pluisje“, einem Katzen-Account, das zwei übergewichtige Stubentiger in Endlosschleife zeigt.
Der Cat-Mann, der die Niederlande mit seiner Islamophobie, seinem Rassismus und seinem Anti-EU-Kurs prägen will, hat eine lupenreine Weltbürger-Biografie: Er stammt aus einer Multi-Kulti-Ehe, hat auf indonesischer Seite eine muslimische Urgroßmutter, hat im Ausland Freiwilligendienst geleistet und dann auch noch eine Ungarin jüdischer Herkunft geheiratet.
Ich denke, damit dürfte völlig klar sein, dass er sich als Rechtsextremer disqualifiziert hat. Außerdem ist er das einzige Mitglied seiner Partei PVV. Er ist sich einfach selbst genug. Das atmet auch nicht gerade den Geist völkischer Kameradschaft. Ich petze ja eigentlich nicht, aber bei Wilders muss man einfach eine Ausnahme machen und sollte ihn beim Kontroll-Komitee für Kameraden (KKK) wegen Globalismus anzeigen.
Und seien wir ehrlich: In Deutschland sind die Rechtsradikalen auch nicht mehr das, was sie mal waren. Die AfD-Bundestagsfraktion wird von der lesbischen Alice Weidel geführt, die wiederum mit einer aus Sri Lanka stammenden Schweizerin verheiratet ist und mit ihr Kinder großzieht. Als Lesbe! Kinder! Entschuldigung, aber diese Lebensweise gehört doch wohl dem linksliberalen Milieu. Das hat rechtsaußen nichts zu suchen. Auf diese Weise wird das rechtsradikale Familienbild zersetzt – von innen!
Wilders' wilde Haare
Wie aus gut informierten Kreisen bekannt wurde, will Wilders jedenfalls nicht weniger, als die Europäische Union radikal verändern. Jeden Dienstag soll in Brüssel und in Straßburg in Zukunft Crazy-Hair-Day sein. Dafür würde er im Gegenzug auf die crazy Einwanderungsgesetze im wilden Holland verzichten.
Möglicherweise würde der Geert auch zu weiteren Zugeständnissen bereit sein, würden die Sterne auf der EU-Flagge durch Katzenpfötchen ersetzt. Aber in diesem Punkt stellen sich beide Seiten schon jetzt auf längere Verhandlungen ein. Bekanntlich ist ja keine Spaltung so tief wie die zwischen Katzen- und Hundefreunden. Also, unter uns Menschen.
Immerhin, so hat Wilders versichert, hasst er nur den Islam. Gegen Muslime hat er eigentlich gar nichts. Ist das nicht ermutigend? Er kann zwischen einer Religion und denen, die sie vielleicht oder vielleicht auch nicht ausüben, unterscheiden! Können längst nicht alle. Also, Geert Wilders ist ein Muslim*innenfreund. Dass die Anhänger*innen des Islam Muslime heißen, hat ihm offenbar noch niemand gesagt. Und dabei sollte man es wohl besser auch belassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken