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Rechte Gewalt in Berlin-NeuköllnEin ungeheuerlicher Verdacht

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Zwei Staatsanwälte sind wegen Befangenheit versetzt worden. Nötig sind unabhängige Ermittlungsinstanzen, die Rassismus in Behörden untersuchen.

Seit Jahren wird in Neukölln gegen Rechte Gewalt demonstriert und nichts passierte Foto: Christian Mang

E s ist ein wirklich seltener Vorgang, der nicht weniger als die Integrität des Rechtsstaats in Frage stellt: Zwei Staatsanwälte der Staatsschutz-Abteilung, die in der andauernden extrem rechten Anschlagsserie von Berlin-Neukölln ermitteln, sind wegen des Verdachts auf Befangenheit versetzt worden. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft übernimmt die Ermittlungen in der über 70 Anschläge umfassenden und seit 2016 andauernden Anschlagsserie und rollt diese noch einmal komplett neu auf. Ein Staatsanwalt habe sich in einer Vernehmung eines der Hauptverdächtigen als AfD-nah geoutet.

Der Verdacht ist ungeheuerlich und erklärt rückblickend doch so einiges, wenn er sich bewahrheiten sollte: halbherzige Ermittlungen gegen die örtlich bekannten tatverdächtigen Neonazis, ewig dauernde Auswertungen von unverschlüsselten Festplatten, nicht gewarnte Opfer, obwohl die Behörden Hinweise auf die Planung von Anschlägen hatten, Treffen von LKA-Beamten mit Neonazis in einer rechten Szenekneipe in Neukölln und erwiesene Verbindungen zu einem Neuköllner Polizisten. Und dann haben wir noch nicht einmal über die unaufgeklärte Ermordung von Burak Bektaş in Neukölln im Jahr 2012 geredet, wo es ebenso Hinweise auf eine rechte Tat gibt.

All diese Fälle sowie zahlreiche Hinweise auf institutionellen Rassismus innerhalb von Behörden belegen immer wieder die Notwendigkeit der Black-Lives-Matter-Proteste der vergangenen Monate. Es braucht endlich unabhängige Ermittlungsinstanzen, die Rassismus innerhalb staatlicher Strukturen unabhängig untersuchen können.

Denn auf eigene Faust schafft es die Exekutive nicht und in Neukölln offenbar nicht einmal die Judikative, strukturellen Rassismus in den Griff zu bekommen. Auch in Neukölln hat erst die Fachaufsichtsbeschwerde einer Opfer-Anwältin dazu geführt, dass die mutmaßliche AfD-Nähe des leitenden Staatsanwalts bekannt geworden ist. Bekannt ist der Mann in der linken Szene schon länger. Und wenn sich die Vorwürfe erhärten sollten, ist es auch mit einer Versetzung nicht getan.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium in Potsdam. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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14 Kommentare

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  • 4 mal von rechten Gewalttätern die Haustür eingeschlagen. Verfolgt durch die Justiz wurden nicht etwa die Täter.



    verfassungsblog.de...neonazi-aktivisten



    "Es ist unerlässlich, die Vergangenheit zu kennen"



    www.donaukurier.de...;art155371,3859799

  • Nicht erst Oswald Spengler schrieb es vor 100 Jahren, sondern schon Autoren, seit in der Zivilisation die Schrift(en) erfunden wurden - und davor haben die Weisen schon darüber gesprochen:



    Wir, die Zivilisierten, befinden uns im Untergangsprozeß - verursacht von der schlimmsten Störung / Krankheit überhaupt: dem "Bösen" / "Übel", der "Sünde", die gegenwärtig in der Soziologie vom Namen her als "kollektive Neurose" bekannt ist, aber nicht von ihrer wahren Tragweite her.



    Etwa 99,9 % sind befallen - und sind sich dessen nicht bewußt.



    Die Symptome sind so verschieden wie die vielen sogenannten "Störungen" / "Krankheiten" incl. der "Normopathie"; "Der Wahnsinn der Normalität" (Arno Gruen).



    Die große Mehrheit hängt dem Credo der Wissenschaft an "Ignoramus, Ignorabimus" - und können es nicht wissen wollen. Aus neurotischer Angst. Meist unbewußt.

    Nachdem die "Kirche" die letzten Vertreter wahrer Kultur mit ihrer "Heiligen Inquisition" ausgerottet hatte, war der Weg frei für die "Aufklärung" durch die "Wissenschaft" - aber Adorno / Horkheimer schreiben in "Dialektik der Aufklärung", daß die Wissenschaft den Fehler der Kirche übernommen habe.

    Kriege, Bürgerkriege, Terror, Massaker, Verfolgung, Genozid, usw. sind "kollektive Psychosen", die nicht aus heiterem Himmel fallen, sondern Steigerungsformen der permanenten kollektiven Neurose sind. Diese bedarf der Heilung - und das bedarf der Aufklärung - die noch nie geleistet wurde; weder von der Kirche noch von der Wissenschaft. Folglich wurde auch die Politik nie aktiv. Alle bisherigen Warnungen wurden ignoriert, geleugnet, fehlgedeutet, beschönigt - verdrängt. Typisch unreif. Neurotisch.

  • Ein Schild mit "Erst brennen Autos und dann?" verbinde ich nicht mit einer Demo gegen rechte sondern gegen linke Gewalt.

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Chutriella:

      tja, so ist das, wenn man sich nicht auf fakten, sondern die gefühlte "wahrheit" verlässt

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Der Herr Seehofer weiß schon, was er es lieber nicht so genau wissen will.

  • Man muß ja der Generalstaatsanwältin von Berlin dankbar sein, daß sie unfreiwillig die Absurdität des deutschen Justizsystems offengelegt hat.



    Wenn schon die vermeintliche Nähe zu einer Oppositionspartei eine Befangenheit zur Folge hat, wie ist es denn bei bewiesenen Parteimitgliedschaften ?



    Die Generalstaatsanwälte - nicht nur in Berlin - sind allesamt als politische Beamte Teil der Regierung. Sie haben dementsprechend auch alle das Parteibuch einer der Regierungsparteien.



    Sie dürften dann kein einziges Verfahren mehr führen, daß irgendwelche politischen Verbindungen haben könnte.

    • @Don Geraldo:

      Nun ja er hat wohl gesagt: " sie haben nicht viel zu befürchten ich bin ja schließlich AfD Wähler."

  • "Denn auf eigene Faust schafft es die Exekutive nicht und in Neukölln offenbar nicht einmal die Judikative, strukturellen Rassismus in den Griff zu bekommen."

    Staatsanwälte gehören als weisungsabhängige Beamte zur Exekutive, nicht zur unabhängigen richterlichen Gewalt, der Judikative.

  • „Denn auf eigene Faust schafft es die Exekutive nicht und in Neukölln offenbar nicht einmal die Judikative, strukturellen Rassismus in den Griff zu bekommen.“

    Die Staatsanwaltschaft ist in Berlin, wie in ganz Deutschland, Teil der Exekutive und dem weisungsbefugten Justizsenator unterstellt. Es ist aber durchaus diskussionswürdig das zu ändern.

  • Hinzu kommen ja noch die gehäuften sehr schweren Brandstiftungen in Neuköllner Mietswohnhäusern - wahrscheinlich wurden auch die nie aufgeklärt.

  • Überrascht das tatsächlich irgend jemanden?

  • Nicht nur in Berlin scheinen die Justitzbeamten Ihrer Arbeit nicht gewachsen zu sein.



    Auch in Hessen gibt es sog. "Ausfälle".



    Davor in anderen Ländern auch schon? Vielleicht doch keine Einzelfälle, Hr. Seehofer.



    Da Sollte sich Hr. Seehofer doch eigentlich gut auskennen, schließlich ist er ein erfahrenes CSU-Parteimitglied.

  • Staatsanwälte als Komplizen von Rechtsterroristen und Neonazis, und sie werden nur versetzt? Steuergelder bei der Arbeit.

  • Die nächsten zwei Einzelfälle würde der Chef des Heimatsmuseum Herr Seehofer sagen.