Rechte Demo in Berlin: Die Rhetorik wird agressiver

Unter dem Motto „Merkel muss weg!“ ziehen wieder „besorgte Bürger“ durchs Regierungsviertel. Demos linker Gruppen halten dagegen.

Eine Demonstrantin vom "Zug der Liebe" hält ein Transparent in die Luft. Darauf steht: "Nationalität Mensch".

Die Gegendemonstration wurde ein Stück weit vom „Zug der Liebe“ begleitet Foto: dpa

Auf dem Washingtonplatz haben am Samstag etwa 1.400 Rechtsextreme gegen die Bundesregierung und ihre Asylpolitik demonstriert. Vor der gläsernen Fassade des Hauptbahnhofs versammelten sich am Nachmittag sogenannte „besorgte Bürger“, Hooligans und Neonazis, um anschließend durch das angrenzende Regierungsviertel zu ziehen.

Bereits bei der Auftaktkundgebung wurde gegen Muslime und Mitglieder des Kabinetts von Kanzlerin Angela Merkel gehetzt. Redner echauffierten sich über Islamisierung, Terror und Halal-Fleisch in deutschen Supermärkten. Die zum Teil stark aufgeheizten Zuhörer begleiteten die Reden mit lauten „Wir sind das Volk!“- und „Widerstand!“-Rufen. Neben zahlreichen Deutschlandfahnen, preußischen Adlern und schwarz-rot-goldenen „Wirmer-Flaggen“ zeigten die Demonstranten auch Anti-Islam-Plakate.

Mit ihrem Aufmarsch „Merkel muss weg!“ zogen die Rechten an diesem Wochenende bereits zum dritten Mal durch die Hauptstadt. Wie bei den Kundgebungen im März und im Mai, bei denen 3.000 beziehungsweise 1.800 Menschen teilnahmen, mobilisierten die Veranstalter vor allem über die sozialen Netzwerke. Viele Teilnehmer waren aus anderen Teilen Deutschlands angereist. Organisiert wurde die Demo von der Gruppe „Wir für Berlin & Wir für Deutschland“ um Enrico Stubbe, Mitglied der rechtsextremen Kleinpartei „Pro Deutschland“.

Nachdem man sich auf dem Bahnhofsvorplatz eingestimmt hatte, zogen die Demonstranten über die Luisenstraße zum Reichstag und auf der Heinrich-von-Gagern-Straße wieder zum Bahnhof zurück. Auf ihrem Weg durch den Regierungsbezirk skandierten sie Parolen wie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“ und kokettierten offen mit dem Nationalsozialismus. Mehrere Personen riefen „Frei, sozial und national!“, zwei Männer zeigten ein Transparent mit dem Schriftzug „Demokraten den Stecker ziehen! Nationaler Sozialismus JETZT!“. In den sozialen Netzwerken wurden Bilder geteilt, die Personen mit ausgestreckten Heil-Hitler-Armen zeigen.

„Gegen rechte Hetze“

Auf ihrer Tour mussten die Rechten an kleineren Gegenkundgebungen vorbei. Dabei kam es zu Provokationen und Beleidigungen. Ernstere Zwischenfälle gab es nicht. Der Polizei gelang es, beide Seiten auf Abstand zu halten.

In anderen Teilen der Stadt gab es dagegen größere Gegenveranstaltungen, bei denen laut Polizei insgesamt etwa 1.000 Personen auf die Straße gingen. Vom Straußberger Platz startete am Nachmittag die Demonstration „Für eine solidarische Gesellschaft – Gegen rechte Hetze!“ des Bündnisses Berlin Nazifrei, an dem sich neben der SPD und der Linkspartei auch die Antifa beteiligte. Die Demo wurde außerdem ein Stück weit vom „Zug der Liebe“ begleitet. Mit der Techno-Karawane setzten 13.000 Feierfreudige ein Zeichen für ein tolerantes Miteinander.

„Für ein tolerantes und offenes Europa“: Gegenproteste gab es auch auf der Spree

Gegenproteste gab es auch auf der Spree, wo von Booten aus „Für ein tolerantes und offenes Europa“ demonstriert wurde, wie die Polizei mitteilte.

Bei der „Merkel muss weg!“-Demo war davon hingegen wenig zu spüren. Über einen Lautsprecherwagen beschallten rechtsextreme Redner die Straßen um das Reichstagsgebäude auch während des Umzuges mit fremdenfeindlichen Äußerungen. Sie forderten unter anderem einen Zuwanderungsstopp für Muslime und die Schließung der europäischen Grenzen. Medienvertreter wurden als „Lügen- und Schweinepresse“ beschimpft.

Auch wenn größere Zwischenfällen ausblieben, so war die Stimmung und Rhetorik sehr viel aggressiver als noch auf der ersten „Merkel muss weg!“-Demonstration im März. Auf den letzten Metern vor dem Bahnhofsgelände wurde über Lautsprecher schon eine Neuauflage angekündigt: „Wir werden definitiv wiederkommen!“, erklärte ein Redner. Auf Facebook ist der nächste Aufmarsch für den 5. November angesetzt.

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