Reaktionen der EU auf CDU-Antrag: Merz gegen Geas
Der im Bundestag mit Stimmen der AfD verabschiedete Fünfpunkteplan der CDU/CSU widerspricht dem EU-Asylrecht. Für Ursula von der Leyen ist das ein Problem.
Der Fünfpunkteplan der CDU/CSU im deutschen Bundestag hat auch in Brüssel hohe Wellen geschlagen. Die EU-Kommission ging in ihrem täglichen Pressebriefing zwar nicht auf das Thema ein. Dass sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) große Sorgen um das Europarecht macht, ist aber ein offenes Geheimnis. Sie war Spitzenkandidatin der Unionsparteien für die Europawahl, muss nun aber über die Einhaltung der EU-Verträge wachen und die kurz vor der EU-Wahl im Juni 2024 beschlossene Geas-Asylreform umsetzen.
Im Europaparlament gerät sie deshalb unter Beschuss. „Von der Leyen macht ihren Job nicht“, kritisierte der grüne Migrationsexperte Erik Marquardt auf Anfrage der taz. „Die Schengen-Regeln werden seit Jahren nicht angewendet. Trotzdem reagiert sie nicht – dabei ist Merz’ Forderung nach ständigen Grenzkontrollen ganz klar antieuropäisch.“
Ähnlich äußerte sich Birgit Sippel von der SPD. „Es ist schon peinlich, dass zwar die ehemalige Kanzlerin Merkel widerspricht, von der EU-Kommission und Frau von der Leyen aber nichts kommt. Sie traut sich wohl nicht, eine klare Ansage zu machen.“ Dabei stelle der Fünfpunkteplan von CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz auch die Geas-Reform infrage.
Ärger gab es auch bei einem informellen Treffen der EU-Innenminister in Warschau. „Wir sind gegen Kontrollen an den internen Grenzen der EU“, sagte Luxemburgs Innenminister Léon Gloden. Sollte Deutschland eine Verlängerung der bereits bestehenden Kontrollen beantragen, werde Luxemburg bei der EU-Kommission Einspruch einlegen. Der neue EU-Innenkommissar Magnus Brunner sagte gegenüber Medien, für ihn habe die Umsetzung des EU-Asylpakts (Geas) Vorrang. Darin seien schon viele Punkte enthalten, die nun diskutiert werden. Zum Merz-Plan wollte er sich ebenso wenig äußern wie seine Chefin. „Wir müssen zuerst einmal schauen, was überhaupt auf Papieren steht“, sagte er.
Für Aufregung in Brüssel sorgt auch, dass der CDU/CSU-Antrag nur mit Hilfe der Stimmen der AfD eine Mehrheit fand. Das sei noch bis vor Kurzem undenkbar gewesen, heißt es in der EU-Hauptstadt.
Allerdings gab es bereits im vergangenen September einen Präzedenzfall im Europaparlament: Die konservative EVP-Fraktion, die von dem deutschen CSU-Politiker Manfred Weber geleitet wird, stimmte gemeinsam mit Rechtspopulisten – darunter auch AfD-Politikern – für eine umstrittene Venezuela-Resolution. Dies war ein erster Bruch der „Brandmauer“. Allerdings blieb er ohne Folgen, da die Entschließung unverbindlich war.
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