Reaktionen auf Vorstoß für Pflegereform: Spahns Deckelung wird begrüßt
Der Vorschlag des Gesundheitsministers, Eigenanteile fürs Heim zu begrenzen, stößt auf gemischte Reaktionen. Die SPD will Reiche nicht entlasten.
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, begrüßte die Spahn-Pläne als „Schritt in die richtige Richtung“. Eine Deckelung des Pflege-Eigenanteils auf 700 Euro reiche aber nicht, zumal für die Betroffenen ja auch noch zusätzliche Kosten für Unterkunft und Verpflegung und die Investionskosten in Heimen anfielen.
Die FDP warnte hingegen vor Steuererhöhungen, weil Spahn die angekündigte Deckelung aus Steuermitteln ausgleichen will. „Bald droht uns der Pflege-Soli“, sagt FDP-Fraktionsvize Christian Dürr der Bild-Zeitung.
Im gleichen Blatt äußerte sich SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der den Vorschlag von Spahn zwar begrüßte, aber einen „typischen konservativen Rechenfehler“ bemängelte. Es sei nicht berücksichtigt worden, „dass diejenigen, die hohe Einkommen und hohe Vermögen haben, mehr leisten können“. SPD-Politiker wollen die vorgeschlagene Deckelung der Eigenanteile von Verdienst und Vermögen der Pflegebedürftigen abhängig machen.
Entlastung ist eher gering
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will den Eigenanteil, den Pflegeheimbewohner für die Pflege zahlen, deckeln. Heimbewohner sollen für die stationäre Pflege künftig für längstens 36 Monate maximal 700 Euro pro Monat zahlen. Danach soll der Eigenanteil auf null sinken.
Die Deckelung der „Eigenanteile“ für die Pflege kann allerdings leicht missverstanden werden: Dies betrifft nämlich nur einen Bruchteil der Pflegeheimkosten für die BewohnerInnen.
Im Bundesdurchschnitt zahlen BewohnerInnen im Monat 2.015 Euro für einen Pflegeheimplatz, zeigte unlängst erst wieder eine Statistik des Verbandes der Ersatzkassen (VdEK). In dieser Summe enthalten sind 774 Euro für Unterkunft und Verpflegung, 445 Euro für die sogenannten Investitionskosten der Pflegeheimbetreiber und nur 786 Euro im Monat Eigenanteile an den Pflegekosten. Für die Pflegekosten kommt ansonsten die Pflegeversicherung auf, die damit aber nur einen Teil abdeckt. Nur um diesen letzten Posten der Pflege-Eigenanteile geht es bei der angekündigten Deckelung. Im Schnitt würden damit rein rechnerisch 86 Euro weniger im Monat an Pflegeeigenanteilen fällig.
Heikel daran ist allerdings die Tatsache, dass sich diese Eigenanteile für die Pflege in den Bundesländern stark unterscheiden. So zahlen Pflegeheimbewohner in Sachsen-Anhalt beispielsweise nur 560 Euro an Eigenanteilen für die Pflege – sie hätten also gar nichts von einer bundeseinheitlichen Deckelung auf 700 Euro. In Baden-Württemberg liegt der Pflege-Eigenanteil laut VdEK-Statistik hingegen im Schnitt bei 1.062 Euro. Hier würden BewohnerInnen von einer bundeseinheitlichen Deckelung stark profitieren.
Oftmals ein Gang in die Armut
Würde man Einkommens- und Vermögensgrenzen für die Deckelung einführen, wie SPD-PolitikerInnen das fordern, würden sehr wohlhabende Pflegebedürftige nicht entlastet.
Oft ebnet das Pflegeheim den Gang in die Armut: Die hohen Eigenbeteiligungen an den Heimkosten führen dazu, dass etwa ein Drittel der PflegeheimbewohnerInnen Hilfe vom Sozialamt in Anspruch nehmen müssen, weil Rente und Vermögen nicht zur Begleichung der Eigenbeteiligungen reichen. Darauf wies Schneider vom Paritätischen Gesamtverband hin.
Spahn erklärte am Montag, er rechne nicht mit einer „Debatte ohne Kontroverse“. Zusätzlich zur Deckelung will er die tarifliche Bezahlung von Pflegekräften in Heimen verpflichtend machen, außerdem sollen Leistungen für die Angehörigen-Pflege verbessert werden. Die gesamte Pflegereform soll 6 Milliarden Euro im Jahr an Zusatzkosten verursachen, geplant ist, dies über einen Bundeszuschuss aus Steuermitteln zu finanzieren.
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