Reaktionen auf Grünen-Rücktritt: Respekt und Neuwahlforderung

Quer durch die Parteien wird den Grünenchefs Lang und Nouripour für ihren Rücktritt Respekt ausgesprochen. Der Kanzler ist überrascht, die CDU will Neuwahlen.

Zwei Personen unterhalten sich.

Die Grünen-Parteivorsitzenden Ricarda Lang (r.) und Omid Nouripour ziehen Konsequenzen Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz/dpa/afp | Der überraschend angekündigte Rücktritt des Bundesvorstands der Grünen ist in der Partei auf ein weitgehend positives Echo gestoßen. Abwartend zeigte sich FDP-Chef Christian Lindner. Die CDU wiederholte ihre Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen.

Die Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour hatten am Mittwoch angekündigt, dass sie und der gesamte Bundesvorstand nur noch bis zum Parteitag im November geschäftsführend im Amt bleiben. Nach den Wahlniederlagen in den ostdeutschen Bundesländern sei ein Neuanfang notwendig, hieß es.

Von führenden Grünen in den Bundesländern wurde der Rücktritt einhellig begrüßt. „Ich glaube, dass es die richtige Entscheidung war“, sagte Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré. Nun könnten die Grünen die Möglichkeit nutzen, sich personell und inhaltlich neu aufzustellen.

„Ich habe große Achtung vor ihrem Schritt, jetzt zurückzutreten. Wir werden uns bei unserem Bundesparteitag im November neu aufstellen und dann mit frischer Kraft die Aufholjagd zur Bundestagswahl beginnen“, sagte auch Bayerns Grüne-Landesvorsitzende Gisela Sengl in München.

Ähnlich äußerte sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). „Beide haben die Partei in nicht einfachen Zeiten mit hoher Loyalität zur Bundesregierung geführt. Das verdient großen Respekt“, teilte Kretschmann mit. „Es ist aber auch richtig, die Konsequenzen aus den Wahlergebnissen zu ziehen und den Weg für einen personellen Neuanfang freizumachen.“

Fast wortgleiche Statements kamen auch von weiteren Landesverbänden wie Hamburg, Berlin oder Brandenburg.

Auch die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Britta Haßelmann und Katharina Dröge, zollten ihnen „großen Respekt“ für die Entscheidung, „die Partei für kommende Wahlkämpfe neu aufzustellen“.

Kanzler war auch überrascht

Auch für den Bundeskanzler ist der Rücktritt der Grünen-Spitze unerwartet gekommen. „Ich glaube, der Kanzler hat es im Umfeld der Pressekonferenz erfahren“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Olaf Scholz (SPD) sei mit dem Grünen-Vorstand auch persönlich eng verbunden gewesen und bedauere dessen Schritt. Hebestreit sprach von einem „normalen Prozess“, den die Regierung zur Kenntnis nehme. „Das hat keinerlei Auswirkungen auf die Koalition.“

Ähnliche Stimmen kamen zunächst auch aus der SPD-Fraktion. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Sozialdemokraten, Katja Mast, sieht keine Auswirkungen auf die Stabilität der Ampel. „Ich gehe davon aus, dass die Grünen das gleiche Interesse haben, gemeinsam vereinbarte Dinge umzusetzen, und es sich nur um eine Neusortierung innerhalb der Grünen und nicht innerhalb der Regierungskoalition handelt.“

FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann äußerte Respekt gegenüber der Entscheidung und sprach gegenüber der taz von einem „anscheinend angelaufenen Erneuerungsprozess“ bei den Grünen. Dies sei jedoch auch eine „innerparteiliche Entscheidung“. „Jede Partei muss für sich entscheiden, welche Konsequenzen sie aus der aktuellen politischen Lage zieht“, so Strack-Zimmermann.

Zurückhaltung beim Koalitionspartner FDP

Auch FDP-Chef Christian Lindner hat Lang und Nouripour seinen Respekt ausgesprochen. Die Zusammenarbeit mit beiden sei „menschlich immer fair“ gewesen, schrieb der Bundesfinanzminister am Mittwoch im Online-Dienst X. Er erklärte aber auch: „Wir sind gespannt, ob unter neuer Führung ein neuer Kurs entsteht und welche Auswirkungen er auf die Regierung hat.“ Diese müsse „zur Sacharbeit kommen“. Das Land habe „keine Zeit zu verlieren“.

Ähnlich hatte sich zuvor auch schon die SPD-Spitze geäußert. „Wir haben gemeinsam an der Spitze unserer beiden Parteien stets verlässlich und vertrauensvoll Dinge besprochen und geklärt“, erklärten die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil der Düsseldorfer Rheinischen Post.

Selbst Paul Ziemiak, Generalsekretär der NRW-CDU und Bundestagsabgeordneter, bedauerte den Rücktritt von Lang und Nouripour. Die Zusammenarbeit mit ihnen sei „wirklich immer gut, vertrauensvoll und persönlich immer hochanständig“ gewesen.

Ziemiak würdigte besonders die Grünen-Vorsitzende Lang. „Ich muss sagen, was diese starke Frau an Anfeindungen und Beschimpfungen erlebt hat, das auszuhalten, verlangt mir größten Respekt ab.“ Lang und Nouripour zahlten aber nun den Preis „für all das Missmanagement und den Streit in der Ampel“.

Linnemann fordert Neuwahlen

Nicht nur persönliche, sondern politische Konsequenzen forderte hingegen der Generalsekretär der Bundes-CDU, Carsten Linnemann. „Noch ein Jahr ‚Ampel‘ wird unser Land nicht verkraften“, sagte Linnemann der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „An Neuwahlen führt kein Weg vorbei.“

Die Grünen hätten „persönliche Konsequenzen“ aus den „desolaten“ Wahlergebnissen gezogen, sagte der CDU-Generalsekretär. Dies sei „ein respektabler Schritt“. Die Grünen müssten aber „ihre Politik grundsätzlich ändern“, sagte Linnemann. „Die grüne Blockadehaltung bei der Migrationspolitik“ und „ideologisches Mikromanagement im Wirtschaftsministerium“ unter Minister Robert Habeck „schaden unserem Land“.

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