Rassistisches Foto belastet US-Gouverneur: Demokrat mit Blackfacing
Auf Ralph Northams Jahrbuchseite sind Ku-Klux-Klan-Robe und Blackfacing zu sehen. Zurücktreten will Virginias Gouverneur aber nicht.
Kaum war das Foto am Freitag öffentlich, ertönten erste Rufe nach dem Rücktritt von Gouverneur Northam. Auch der 59-Jährige selbst schien den Ernst der Lage zu erkennen. Nur wenige Stunden später legte er ein Geständnis ab: „Die Entscheidung, auf diesem Bild zu erscheinen, und die Verletzung, die ich damals und heute anderen zugefügt habe, tun mir sehr leid“, erklärte er.
Doch zugleich enttäuschte Northam die Hoffnung seiner ParteifreundInnen, zurückzutreten. Stattdessen distanzierte er sich von seinem früheren Ich: „Das entspricht nicht dem Mann, der ich heute bin und den Werten, die für meine Karriere im Militär, als Arzt und im öffentlichen Dienst stehen.“ Er versprach, er werde dafür kämpfen, das Vertrauen der Menschen in Virginia zurückzugewinnen. Welcher der beiden Personen auf dem Foto er ist, verriet er in seinem Statement nicht.
24 Stunden später, als bereits ein halbes Dutzend demokratische PräsidentschaftskandidatInnen, aber auch die demokratische Sozialistin Alexandria Ocasio-Cortez und die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi seinen Rücktritt verlangten, machte Gouverneur Northam eine überraschende Kehrtwende. Bei einem neuen öffentlichen Auftritt erklärte er am Samstag, dass er gar nicht auf dem Foto abgebildet sei. Zugleich gestand er, dass er zu der Zeit, aus der das Foto stammt, sich tatsächlich mal das Gesicht geschwärzt habe, um Michael Jackson zu spielen, sagte er.
Er kann sich nicht herausreden
Die Praxis des „Blackfacing“ kam im 18. Jahrhundert in die Unterhaltungstheater der USA. Dabei schwärzten sich weiße Schauspieler das Gesicht mit Schuhcreme, um Sklaven zu karikieren. Der Name einer dieser rassistischen Theaterfiguren, Jim Crow, bezeichnete später das System von Gesetzen und Regeln, die nach der Abschaffung der Sklaverei die „Rassentrennung“ einführten.
In den USA und insbesondere in Virginia, wo am Ende des Bürgerkriegs eine halbe Million Menschen versklavt waren, ist es unmöglich, den rassistischen Kontext des Blackfacings und die Lynchungen und Gewalttaten des Ku-Klux-Klans nicht zu kennen. Schon gar nicht im Jahr 1984 – zwei Jahrzehnte nach der schwarzen Bürgerrechtsbewegung und während des Wahlkampfes des schwarzen Aktivisten Jesse Jackson für das Weiße Haus. Auch mit jugendlicher Dummheit könnte Northam sich nicht herausreden. Denn zum Zeitpunkt des Fotos war er bereits 25 Jahre alt.
Als Northam für den Gouverneursposten im Swing State Virginia antrat, war er ein Hoffnungsträger der DemokratInnen. Unter anderem engagierte sich Barack Obama für ihn. Die meisten AfroamerikanerInnen im Bundesstaat gaben ihm ihre Stimme. Als Kind war er auf eine gemischte öffentliche Schule gegangen. Als Erwachsener betete er in einer Kirche mit einem schwarzen Pastor. Und als Gouverneur holte er eine Mehrheit von Frauen in sein Kabinett und sorgte dafür, dass ehemalige GefängnisinsassInnen ihr Wahlrecht zurückerhielten.
Doch am Sonntag drängte ihn sein demokratischer Amtsvorgänger Terry McAuliffe, unter dem Northam zuvor als Vizegouverneur gedient hatte, öffentlich zum Rücktritt: „Es ist moralisch das Richtige“. Und Karen Bass, die Vorsitzende der schwarzen Fraktion, im US-Repräsentantenhaus sagte: „Er hat absolut keine Glaubwürdigkeit mehr.“ In Virginia bekannte der Chef der schwarzen Fraktion im Bundesstaat, der Demokrat Lamont Bagby: „Wir lieben den Mann.“ Doch auch er verlangt jetzt den Rücktritt von Northam.
Ursprünglich erschien das Foto auf der kleinen rechten Webseite „Big League Politics“, die aus dem Medienunternehmen des radikal rechten Ideologen Steve Bannon „Breitbart News“ hervorgegangen ist. Angeblich gab den Tipp ein „besorgter Bürger“. Das Foto erschien, nachdem der Gouverneur sich für die Ausweitung des Rechts auf Abtreibung in Virginia engagiert hatte, wofür RepublikanerInnen ihn des „Infantizids“ beschuldigten.
Sollte Northam zurücktreten, rückt automatisch der Vizegouverneur nach. In der Person von Justin Fairfax, 39, würde der direkte Nachfahre eines Sklaven der neue Gouverneur. Am 19. Januar, als der Senat von Virginia wie jedes Jahr den Geburtstag des Anführers der Konföderierten Armee, Robert E. Lee, feierte, verließ Fairfax demonstrativ das Gebäude. Statt des Verteidigers der Sklaverei gedachte er an dem Tag seines Urahnen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße