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Rassismus in DeutschlandDas ist Normalität

Nazi-Prepper mit Beziehungen bis in den Staat, ein rassistischer Mordversuch und Angriffe auf Nichtdeutsche mit Sprengstoff. Alles wie immer.

Nazis tun, was Nazis eben tun. Sie hetzen, verletzen, morden Foto: dpa

G ehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen. Jedenfalls nichts Außergewöhnliches. In Deutschland nämlich ist alles wie immer, oder, sagen wir: normal. Neue Verstrickungen von Nazi-Preppern bis in den Staat, einen rassistischen Mordversuch, Angriffe auf Nichtdeutsche und DemokratInnen mit Sprengstoff, Pistole oder Machete oder das Innenministerium, das „Privatpersonen, die sich kritisch mit dem Rechtsextremismus […] auseinandersetzen“, vor Ausspionierung warnt. Aber so gut wie niemand ist überrascht. Die einen nicht, weil es ja klar war. Nazis tun, was Nazis eben tun. Sie hetzen, verletzen, morden. Die anderen nicht, weil diese Nazis eben tun, was normale Menschen ihrer Meinung nach eben tun sollten.

„Er war ein Asylantenhasser“, sagte der Wirt, bei dem jener Mann trank, der in Wächtersbach einen Mann ermorden wollte. Ganz normal, dass jemand gegen Nichtdeutsche hetzt und Mordgedanken äußerte. Die Soko sprach von einem „frustrierten, isolierten Einzeltäter“ – zur öffentlichen Ankündigung aber reichte es. „Nee, der kann gar nichts dafür, er hat das angekündigt“, sagte etwa der Nachbar jenes mit SS-Runen tätowierten Dresdners, der seine Nachbarn mit einer Machete angriff.

Schockierend ist, dass das Umfeld der Täter Teil des Geschehens war. Der Tenor: Das musste ja so kommen. Aber ein Eingeständnis in das eigene Versagen als Mensch? Fehlanzeige. Dieses „So was kommt eben von so was“ scheint als Mordgrund ausreichend. Merkel hat die Grenzen nicht geschlossen? Schüsse auf Geflüchtete oder Nichtweiße. Verärgert über andere Meinungen? Sprengstoffanschlag. Laute Musik beim nichtdeutschen Nachbarn? Machetenangriff. Alles ganz normal.

Dass das Motiv, nämlich Rassismus und die Verachtung der Demokratie, immer wieder verquast wird, ist dabei nur eine Episode der Ablehnung von Verantwortung. Es ist das kollektive Zurückweisen der Verantwortung, die erschreckend an die Thematisierung von NS-Täterschaft erinnert, an das Nichts-gesehen-, Nichts-verstanden-, Nichts-unterschrieben-haben-Wollen. Vielleicht sollte man sich vor dem aktuellen Hintergrund in der Thematisierung von Täterschaft und Verantwortung daran erinnern. Der Prozess, Täterschaft nicht mehr als Sonderfall, sondern TäterInnen als „normale“ Menschen, als „unsere“ Opas und NachbarInnen zu sehen, dauert an.

Die Externalisierung von Verantwortung für Nazi-Morde ist noch heute üblich. Und absurderweise ist sie der Schlüssel für das Verständnis für und die Normalisierung der Nazi-Täter. Es ist das Ich-bin-kein-Nazi-aber-Phänomen, durch das die Verantwortung dem Verständnis für Mord und Hetze weicht. Sie sind nicht „wir“, aber „wir“ verstehen sie. Trotz Nordkreuz und Co, trotz unzähliger Hinweise auf einen tiefen Staat: Beim besten Willen kann niemand ein System im Wegschauen trotz Drinhängen erkennen. Stell dir vor, der Staat schafft sich ab – und das ist ganz normal.

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Sonja Vogel
tazzwei-Redakteurin
Vollzeitautorin und Teilzeitverlegerin, Gender- und Osteuropawissenschaftlerin.
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2 Kommentare

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  • Warum nicht "TäterInnenschaft"?

    • @Winnetaz:

      weil es politisch korrekt "Täter*innen" heißen muss.