Ranking zur Informationsfreiheit: Frag den Staat – oder auch nicht
Wie einfach kommen Bürger*innen in ihren Bundesländern an amtliche Informationen? Hamburg und Bremen liegen vorne, Niedersachsen ist Schlusslicht.
Das Gesetz gewährt den Bürger*innen Zugang zu amtlichen Informationen, unabhängig davon, ob sie ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse daran haben. Über das Portal „Frag den Staat“ bekommen die Bürger*innen Hamburgs, Bremens und der meisten anderen Bundesländer Auskünfte über interne Behördenweisungen und gelangen an Dokumente wie Baupläne, Haushaltsbeschlüsse oder Gutachten.
Sie können erfragen, wie groß der Ermessensspielraum von Mitarbeitern der Ausländerbehörde ist oder wie die Jahresbilanz eines staatlichen Betriebs ausfällt. Die Länder erheben dafür Gebühren, zudem unterschieden sich die Auskunftspflichten in ihrem Umfang und es gelten Ausnahmen – die Auswertung dieser Faktoren bildet die Reihenfolge des Rankings.
Am weitesten reicht das Auskunftsrecht in Hamburg, Bremen und Rheinland-Pfalz – dort gelten Transparenzgesetze, die die Behörden verpflichten, Informationen aktiv zur Verfügung zu stellen, anstatt nur Anfragen zu beantworten. Aber auch Schleswig Holstein schneidet gut ab.
Ein Informationsfreiheitsgesetz haben zehn Bundesländer: Deren Bürger*innen können über das Online-Portal „Frag den Staat“ Anfragen an Behörden und staatliche Unternehmen stellen und Dokumente anfordern.
Ein Transparenzgesetz haben Hamburg, Bremen und Rheinland-Pfalz. Dort müssen Behörden aktiv Informationen bereitstellen.
Gar kein Informationsgesetz haben Niedersachsen, Bayern, Sachsen und Hessen.
Dass sich in der Praxis eine so ungerechte Lage in den Bundesländern ergibt, nennt Arne Semsrott von der Open Knowledge Foundation „nicht erklärbar“. Der Fleckenteppich auf der Landkarte der Informationsfreiheit sei auch im internationalen Vergleich ungewöhnlich. Helena Peltonen, Vorstandsmitglied von Mehr Demokratie und Transparency International, bezeichnet den Grad der Demokratie in den Ländern ohne Informationsfreiheitsgesetz als niedriger: „Wenn in einer Demokratie mündige und informierte Bürger mitwirken sollen, können Sie das nur, wenn sie einen unkomplizierten Zugang zu den Informationen haben. Das wird ihnen in diesen Ländern schlicht verweigert.“
Die Politik scheue offenbar die Auseinandersetzung mit den Bürger*innen. Als Grund dafür vermutet sie die engen Verbindungen zwischen Politik und Wirtschaft, oder mit anderen Worten: „das Bevorzugen von Wirtschaftsinteressen gegenüber Bürgerinteressen“.
Für die Bewohner*innen Niedersachsens ist die schlechte Informationslage besonders ärgerlich, denn sie hätten in der vergangenen Legislaturperiode fast ein Informationsfreiheitsgesetz bekommen. Zur Verabschiedung kam es nicht mehr, bevor die Koalition platzte. Die schwarz-rote Regierung hat im Koalitionsvertrag lediglich einen schwammigen Passus: Man wolle die Erfahrungen anderer Länder evaluieren und auf der Grundlage entscheiden. Ob die Evaluation bereits laufe, konnte in der Staatskanzlei am Montag niemand sagen.
Die niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel rät dem Land, sich nicht weiter zu sperren: „Es ist den Menschen nicht zu vermitteln, dass sie hier weniger Informationsrechte haben als die Bürgerinnen und Bürger in den meisten anderen Bundesländern. Mehr Transparenz schafft auch mehr Vertrauen.“
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