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Räumungskämpfe in BerlinBerlin muss bunt bleiben

Stadt der Räumingsklagen: Zwei Friedrichshainer Hausprojekte, das Jugendzentrum Potse und die Syndikat-Kneipe kämpfen um ihre Existenz.

Feierte kürzlich 30. Geburtstag, das queer-feministische Hausprojekt Liebig 34 Foto: Désirée Fischbach

W enn es so weiter geht, wird es keine oder kaum mehr Freiräume in dieser Stadt geben, in die ich vor 17 Jahren gezogen bin, weil Berlin damals Berlin war. Und alles verändert sich seitdem drastisch. Vor allem in der jüngsten Zeit. Nicht zum Guten. Die Stadt platzt langsam aus den Nähten und wird ein bisschen wie London und Paris es schon sind.

Gentrifizierung und Kriminalisierung gehen hier Hand in Hand. Mit der Kriminalisierung nämlich von Teilen des Nordkiezes etwa, unter damaliger Führung von Henkel, hat es angefangen in Friedrichshain. Die bunten Häuser und die Leute, die dazu gehören, wurden zu Störfaktoren und Schandflecken im Kiez und sind etlichen Leuten ein Dorn im Auge. Glatt geleckt, ruhig und sauber soll es bitte sein rund um die neuen Eigentumswohnungen, für die die neuen Anwohner:innen Unsummen zahlen.

Seitdem ist die Stimmung in den Straßen rund um die Liebigstraße und die Riager Straße angespannt. Immer wieder stehen Polizeibeamt:innen auf den Straßen und fahren mit ihren Wannen Patrouille. Es fühlt sich oft ein bisschen so an, als wäre 1. Mai. Das ganze Jahr, auch im Juli.

Aktuell muss im Kiez die Liebig34, die sich als Anarcha-Queer-Feministisches Hausprojekt und Schutzraum für Frauen* definiert, ihre Räumung fürchten. Gerade feierten die Bewohner:innen den 30. Geburtstag des Hauses. Über ihren Twitter-Kanal halten sie Interessierte auf dem Laufenden.

Auch in die Rigaer 94, wo bereits bei einem Großeinsatz vor ein paar Jahren, um nicht mit leeren Händen dazustehen, ein Feuerlöscher beschlagnahmt wurde, wurde am vergangenen Donnerstag schon ein Räumungseinsatz begonnen, der sicherlich noch nicht zu Ende ist. Die Bewohner*innen schreiben auf ihrer Website: „Die Wut gegen die Angreifer auf unser solidarisches Zusammenleben ist dagegen endlos!“ Aktuelle Infos von den Bewohner*innen der 94, auf wenige Zeichen gekürzt, findet man auf deren Twitter Account.

taz plan im exil

Da die Kulturbeilage taz Plan in unserer Printausgabe derzeit pausiert, erscheinen Texte nun vermehrt an dieser Stelle. Mehr Empfehlungen vom taz plan: www.taz.de/tazplan.

Jugendzentrum und Kiezkneipe kämpfen um ihre Räume

Aber nicht nur alte Hausprojekte in Friedrichshain, die zu Berlin gehören, wie der Fernsehturm und die Goldelse, sind bedroht. Auch etwa die Potse in Schöneberg, Berlins ältestes selbstverwaltetes Jugendzentrum sucht neue Räume und kämpft um seinen Erhalt. Es bleiben nur wenige Wochen bis zum Räumungsurteil der Potse. Es wird akut nach neuen Räumen zur Nutzung geschaut, in denen man auch laut sein kann/darf. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg kommt monatlich bis mindestens 2 Jahre für die monatliche Miete auf: 3.000 Euro. Jetzt braucht das Jugendzentrum dringend jede Unterstützung, um sich am Leben zu erhalten. Gesucht werden Immobilienfirmen, Genossenschaften, Eigentümer:innen, die geeignete Räumlichkeiten zu vermieten haben. Wer die Potse unterstützen kann, kann sich direkt an selbige wenden unter: helppotse@riseup.net

Jetzt Erst Recht! – Syndikat Bleibt! Die Kiezkneipe Syndikat in Neukölln soll am 7. August geräumt werden. Die Verantwortlichen rufen daher auf ihrer Website zur Solidarität auf: „Also lasst uns gemeinsam dagegen halten, ob im Kampf für eine solidarische Stadt und den Erhalt der bedrohten Projekte, gegen sozialen Kahlschlag, Rassismus in Staat, Sicherheitsbehörden und Gesellschaft, das Patriarchat oder für offene Grenzen und sichere Fluchtrouten.“ Jeden Sonntag gibt es ein Unterstützer:innen Treffen um 16 Uhr am Syndikat, Weisestraße 56.

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Desiree Fischbach
Jahrgang 1984, Magistra Artium Kunstgeschichte/ Theaterwissenschaft, FU Berlin. In der taz seit 2011: Webentwicklung Abteilungsleiterin. Hauptthemen Subkultur und soziale/ politische Bewegungen in Berlin.
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2 Kommentare

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  • 2G
    2830 (Profil gelöscht)

    Studiert und gelebt habe ich auf dem Land und in München. Diejenigen, die nach Berlin abgehauen sind und dann uns Münchner zeigen mussten wie provinziell wir es haben, hielten mich lange davon ab Berlin eine Chance zu geben. So kam erst Köln dran. Jetzt im Osten angekommen, erzählen mir Einige, selbst 20 Jahre Jüngere, dass früher alles besser war, wie Oma und Opa, und ich das wahre Berlin verpasst habe. Tja, dann ist das halt so. Mir gefällt es trotzdem. Ums Syndikat ist es sehr schade, weil der Wirt meines Stammlokals in der Nähe wohnt und den Laden gern hat. Ansonsten stimme ich dem ersten Kommentar zu: nicht jammern, selber machen. Der Rest ist Konservierung, also was für Gestrige.

  • Wenn Sie vor 17 Jahren auch wegen Kneipen wie dem Syndikat nach Berlin kamen, hintert Sie heute niemand daran, eine zu eröffnen oder sich an einer zu beteiligen. Der Vergleich mit der Potse hinkt da wirklich sehr.