Rätselraten über Nord Stream 2: Verlassene Ostsee-Position
Es gibt Unklarheit über den Fortgang der Bauarbeiten für die Gaspipeline durch die Ostsee: Die „Akademik Tscherski“ fährt nach Kaliningrad zurück.
Die 1.200 Kilometer lange Gaspipeline durch die Ostsee zwischen Russland und Deutschland ist hoch umstritten. Im vergangenen Jahr mussten die Bauarbeiten kurz vor Fertigstellung gestoppt werden, weil die USA mit Sanktionen drohten. In der Nacht zum Mittwoch bestätigte das US-Repräsentantenhaus eine Verschärfung dieser Sanktionen. Ob mit dem Abzug des russischen Schiffs aber auch der Weiterbau der Pipeline gestoppt ist, ist derzeit selbst für Experten unklar.
Während es bei diesem Streit um den Absatz von US-Flüssiggas in Deutschland geht, haben Umwelt- und Klimaschützer noch ein ganz anderes Problem mit Nord Stream 2: „Würde Nord Stream 2 fertig gebaut, würde sie jährlich Erdgas transportieren, das rund 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr entspräche“, heißt es von Seiten der Deutschen Umwelthilfe. Die Erreichung europäischer und deutscher Klimaziele wäre damit laut DUH gefährdet.
Die DUH hatte deshalb gegen eine nicht veröffentlichte Zustimmung des BSH (Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie) für den Fortgang der Arbeiten in der vergangenen Woche Widerspruch eingelegt.
Verlegeschiff bricht Arbeiten ab
Der Bundesgeschäftsführer der DUH, Sascha Müller-Kraenner, hatte nach diesem Widerspruch Anspruch auf Akteneinsicht erhoben. Nord Stream 2 sei keine Geheimsache, die zwischen Gazprom und deutschen Genehmigungsbehörden ausgehandelt werden könne, meinte Müller-Kraenner – und verlangte vom BSH, alle Unterlagen auf den Tisch zu legen.
Das Verlegeschiff „Akademik Tscherski“ hat seine Fahrt offenbar bereits am Samstag in der Ostsee abgebrochen, bevor es am Montag die Rückfahrt nach Kaliningrad antrat. Die Zustimmung des BSH hätte den teilweisen Weiterbau der Pipeline zwar zugelassen. Dennoch sei die rechtliche Basis zweifelhaft, heißt es bei der DUH. Noch ist ungeklärt, ob eine Sonderregelung der ursprünglichen Baugenehmigung aus 2018 noch gültig ist.
Klar ist, dass in der Vogelrastzeit zwischen September und Mai Verlegeschiffe nicht arbeiten dürfen, weil sie mit Hilfe von Ankern stabilisiert werden müssen. Das erfordert den Einsatz von zusätzlichen Begleitschiffen, die die Vogelrast stören.
Russland verfügt jedoch über keine ankerlosen, dynamisch positionierten Schiffe, die ohne Verankerung auskommen. Das Schweizer Unternehmen Allseas verfügte über solche Schiffe, zog diese aber wegen der Ankündigung von US-Sanktionen im letzten Jahr ab.
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